Nach der flächendeckenden Realisierung von Voice over IP folgt jetzt die zweite Welle der IP-Integration in die Unternehmensnetze. Bei den neuen, in das Netzwerk integrierten Anwendungen handelt es sich um Video (Videoüberwachung und Videoconferencing) sowie TV- beziehungsweise IPTV-Signale. Wichtig dabei ist, einige Designregeln und Messtechnikparameter zu beherzigen.
Videoconferencing stellt gegenüber der reinen Übermittlung von Bewegtbildern (Überwachungskameras) eine eigenständige Kommunikationssituation dar, die nicht bloß auf der Mitte zwischen traditioneller Telefon- und Face-to-Face-Kommunikation liegt. Das wichtigste Problem ist dabei, dass aus den räumlich getrennten Standorten der Teilnehmer unterschiedliche Wahrnehmungsbedingungen resultieren. Bei einer Videokonferenz werden die gesammelten isochronen Bild- und Toninformationen über das Netz übermittelt. Bezeichnend für das Videoconferencing ist, dass zwischen den Teilnehmern immer eine Punkt-zu-Punkt-beziehungsweise Punkt-zu-Mehrpunkt-Kommunikationsbeziehung entsteht. Aus diesem Grund scheidet das bei der klassischen Videoübermittlung von Filmen zur Bandbreiteneinsparung genutzte Multicasting aus. Die bidirektionalen Videoinformationen werden von der IP-Plattform in Real-Time-Protocol-Pakete (RTP) verpackt und auf die Reise geschickt. Das für die Kommunikation von Echtzeitanwendungen konzipierte RTP nutzt das User-Datagram-Protocol (UDP). UDP ist ein verbindungsloser Datenübertragungsdienst, der keinerlei Kontroll- und Steuermechanismen für das Verbindungsmanagement bereitstellt. Für die fehlenden Mechanismen sorgt das RTP.
Im Datenteil des RTP-Pakets befinden sich die eigentlichen Rohdaten. Die Informationen wurden vom Sender in Abhängigkeit vom jeweiligen Codec codiert. Bei einem Codec handelt es sich um einen Algorithmus, der dafür sorgt, dass die zu übertragenden Bild- und Tondaten in digitale Informationen gewandelt werden. Der Codec ist ausschlaggebend für die Qualität der Übertragung. Bestimmte Codecs versenden die Ton- und Bilddaten direkt und verzichten auf eine Kompression. Andere Codecs nutzen unterschiedliche Komprimierungsverfahren, um die zu übermittelnde Datenmenge so gering wie möglich zu halten. Die hieraus resultierende Verkleinerung der zu übermittelnden Datenmenge resultiert in einer Verschlechterung der Bild/Signalqualität. Heute werden bei Video over IP hauptsächlich die H.263- und H.264-Codecs genutzt.
Standardmäßig werden alle Datenpakete in lokalen Netzwerken (LANs) gleich behandelt. Basiert der Verkehr im Netzwerk auf der Übermittlung von Texten oder wird ein File-Transfer aktiviert, dann kommt es zu keinen Problemen. Die Anwender bemerken es nicht, wenn die Datenpakete durch fehlende Bandbreite verzögert werden oder durch mangelnde Übertragungsressourcen in den Koppelkomponenten verloren gehen. Wird jedoch Voice over IP (VoIP) oder ein Video-Streaming genutzt, dann führt eine mangelhafte Bandbreite oder das Verwerfen von Paketen zu einer dramatischen Verschlechterung der Dienste.
Verzögerte Datenpakete führen zu einem Knacken oder einer Verzerrung bei der Sprachübermittlung oder es werden nur verpixelte Videobilder empfangen. Zur Vermeidung dieser Probleme muss im Netzwerk auf einer Ende-zu-Ende-Basis ein Quality of Service (QoS) aktiviert werden. Bei QoS wird die Datenübermittlung frei nach George Orwells „Animal Farm“ umgebaut: Einige Datenpakete sind gleicher als andere. Die priorisierten Pakete werden in der Warteschlange der Router beziehungsweise der Switches immer bevorzugt an den Ausgangs-Port übermittelt, während die nicht priorisierten Pakete „normal“ weitergeleitet werden. Als Ergebnis erhält man problemfreie und saubere Sprach- und Videoströme. Dies gilt auch noch dann, wenn das Netzwerk hoch belastet ist.