Wie beschrieben verfügt das Rechenzentrum über je zwei unabhängige NEAs und USV-Anlagen. Bei Netzausfall übernimmt die USV die Versorgung und der Generator läuft hoch. Nach rund 15 Sekunden hat er 1.500 Umdrehungen pro Minute erreicht, und die Anlage schaltet zu. Der Kraftstoffvorrat reicht für fünf Tage. Jede NEA für sich ist leistungsfähig genug, um alle wesentlichen Anlagenteile zu versorgen. Es wäre fatal, wenn eine NEA ans Netz geht, obwohl die reguläre Versorgung noch funktioniert. Deshalb hat Müller eine Umschaltautomatik vorgesehen, wie sie auch in der Hochspannungstechnik zur Überwachung eines Leistungsschalters üblich ist. Für eine fehlerfreie Alarmmeldung nutzt er drei UMG 96RM-E, die über je zwei programmierbare digitale Ausgänge verfügen. Deren Zustände werden über ein 2-Bit-Verfahren überwacht und verhindern so Fehlauslösungen, zum Beispiel durch Leitungsunterbrechungen. Müller: „Das ist eine echte Schutzfunktion. Ich kann an den UMGs sogar eine Verzögerung einstellen. Damit kann ich einen Unterspannungsschutz ähnlich dem ANSI-Standard realisieren.“ Solange das Gerät online ist, kann es bei einer Störung sogar eine Alarmmeldung mit aktuellen Messwerten per Mail oder SNMP absetzen. Dann hat der Service-Techniker bereits einen ersten Status. Alle drei Messgeräte, die für die Umschaltung sorgen, sind über Kreuz USV-versorgt, also etwa das Messgerät für das A-Netz von USV B. Bei den UMGs sind Mess- und Hilfsspannung getrennt. Damit ist die Alarmierung bei einem Spannungsausfall sichergestellt.
Diese Verfahren aus der Hochspannungstechnik erleichtern einen eventuell nötigen Service, denn nicht jeder Elektriker hat Modbus-Kenntnisse oder entsprechende Spezialgeräte zur Hand. So kann er den Status der Ein- und Ausgänge ganz einfach mit einem Vielfachmessgerät prüfen.
„Für Alarmmeldungen lassen sich die Geräte so programmieren, dass bei einer Grenzwertüberschreitung die Hintergrundbeleuchtung des Displays blinkt und somit sofort ersichtlich ist, welcher Abgang gestört ist“, erläutert Fritzen. Buchbauer schätzt diese Feature: „Das ist für unsere Rufbereitschaft ideal, die einen 24/7-Betrieb aufrecht erhalten muss. Wir sind IT-Spezialisten, keine Elektrotechniker, aber mit so einer Meldung können auch wir gut arbeiten.“
Schlüssiges Gesamtkonzept
Die Messtechnik überwacht die gesamte Anlage. Christian Müller hat für jeden Bereich eine individuelle Lösung entwickelt. Neben den bereits beschriebenen Maßnahmen gehört dazu auch eine RCM-Überwachung der USV-Anlagen mit einem UMG 20CM. Müller: „Da ein USV-Stromkreis aus dem Gebäude führt, haben wir großen Wert auf Überwachung gelegt. So erfahren wir rechtzeitig, wenn sich ein Isolationsfehler in diesem sensiblen Bereich anbahnt.“
Die grundlegenden Sicherheitsmaßnahmen waren von Beginn an vorhanden, das Konzept jedoch entwickelt sich weiter. Die Geräte bieten alle nötigen Schnittstellen, etwa vom Web-Server bis zum SNMP. Zur Überwachung und Dokumentation nutzt die Hartl Group auch die internen Speicher der Messgeräte, die ausreichend Kapazität für einen Zeitraum von vier Jahren bieten. Buchbauer: „Über SNMP kann ich nicht beliebig oft Messwerte abfragen und verarbeiten, wenn ich die CPU nicht überfrachten will. Aber bei einem 60-Sekunden-Takt bekomme ich nur Zufallstreffer. Das Gerät speichert jedoch kontinuierlich Max-, Min- und Mittelwert. Damit bekomme ich ohne großen Aufwand ein genaues Bild.“
Auch weitere Optionen sind im Test. Die Software GridVis von Janitza bietet Möglichkeiten wie Reporting, Alarm-Management oder Datenerfassung und Visualisierung. Damit lassen sich Schieflasten erkennen, PUE- und EUE-Kennzahlen ermitteln oder auch der Autarkiegrad der elektrischen Anlagen berechnen, also etwa, wie lange der Treibstoffvorrat reicht. Das Softwaremodell von Janitza macht den Einstieg leicht. Man kann mit einer Planerlizenz alle Funktionen ohne Ausbaustufen testen und Kunden anbieten, ohne auf Verdacht in Lizenzen zu investieren. So kann er ohne Kostenrisiko sein Messkonzept ständig weiterentwickeln.
Dipl.-Phys. Martin Witzsch ist freier Journalist in Erlangen.