Redaktion: Wie bewerten Sie das Interesse der Kunden in Europa/Deutschland am 3D-Druck?
Chris Connery: Berichte über 3D-Drucker nicht nur in der Fachpresse haben über die letzten Jahre hinweg die Aufmerksamkeit auf diese Kategorie erhöht. In den letzten Jahren gab es einen großen Hype darum, ob oder wann jeder Privathaushalt einen eigenen 3D-Drucker besitzen wird. Mittlerweile zeigt sich am Markt, dass auch Desktop-/privates 3D-Drucker sich eher im B2B- und Ausbildungsumfeld nachgefragt werden. Das Ausbildungssegment ist im Moment für Desktop-/private 3D-Drucker brandaktuell, da viele Produkte an jegliche Arten von Bildungseinrichtungen verkauft werden, von Grund- und weiterführenden Schulen, bis hin zu Hochschulen.
Man kommt nicht umhin den derzeitigen Stand des privaten 3D-Druckermarktes mit dem des PC-Markts in den frühen 1980ern zu vergleichen, als sich Unterhaltungen auch um »PCs im Privathaushalt« drehten, wobei die tatsächlichen Verkäufe zunächst an Ausbildungsstätte und Unternehmen gingen. Erfolgreiche Computerfirmen konzentrierten sich in den ersten Phasen zu Recht auf Bildungseinrichtungen, um die Technologie auf eine evolutionäre Art und Weise einzuführen, wobei die Schüler von heute die Arbeitnehmer von morgen sein werden.
Redaktion: Wo sehen Sie vorwiegend Entwicklungschancen für den Bereich 3D-Druck: im Business- oder im Consumer-Segment? Bitte begründen Sie Ihre Einschätzung.
Chris Connery: Der Durchschnittsverbraucher als Anwender von 3D-Druckern bleibt auch weiterhin eine Rarität. Die Technologien werden sich weiter verbessern, damit Modelle leichter erstellt oder heruntergeladen werden können. Derzeit ist das 3D-Design von Objekten an einem Computer für den gewöhnlichen Verbraucher relativ komplex. Der Begriff »Verbraucher« impliziert bereits, dass Technologien für den Privathaushalt mittlerweile leicht anzuwenden sind. In starkem Kontrast hierzu werden diejenigen, die bereits heute einen 3D-Drucker besitzen, MAKER genannt (Macher machen und Verbraucher verbrauchen). Futuristen sehen bereits die alltägliche Nutzung von 3D-Druckern im Endverbraucherhaushalt voraus.
Allerdings ist es bis dahin noch ein weiter Weg, denn vorläufig sind Unternehmen und Ausbildungsstätten der derzeitige Markt.
Redaktion: Vom 3D-Druck-Boom partizipieren ITK-Fachhändler und Systemhäuser in Deutschland noch vergleichsweise wenig. Was sind die Ursachen dafür?
Chris Connery: 3D-Drucker befinden sich vorläufig noch im Niemandsland zwischen ausgereiftem Herstellungsprozess und aktuellem Forschungsgebiet. Der indirekte Abverkaufskanal hat bisher noch keine Produktionstechnologien vertrieben, weshalb dies durchaus ein neuer Bereich ist. Zwischen der industriellen Seite und dem IT-Vertrieb gibt es wenige Synergien, daher sind vor allem im aufkommenden privaten 3D-Druckermarkt gemeinsame Wachstumschancen und Kooperationsmöglichkeiten zu sehen. Die etablierten 3D-Druckerunternehmen erkennen, dass der Verkauf über die Distribution eine Chance ist, den weltweiten Markt zu adressieren, um somit ihr Desktop-Geschäft voranzubringen. Der Markt ist für die IT-Branche jedoch noch immer sehr klein. Viele erkennen die Chancen, verstricken sich aber in den Geschäftsbedingungen, die mit dem Vertrieb von IT-Produkten zusammenhängen. Flexibilität ist auf beiden Seiten notwendig (sowohl von den neuen und alten Hersteller als auch den IT-Vertreibern).
Redaktion: Lohnt sich für den ITK-Fachhandel überhaupt der Einstieg ins Segment 3D-Druck? Welche Fähigkeiten sind hier am ehesten gefragt?
Chris Connery: Der IT-Vertrieb ist verzweifelt auf der Suche nach neuen Wachstumsbereichen, da geringe einstellige Wachstumsraten nun die Normalität sind. Über die letzten fünf Jahre hinweg hat die 3D-Drucker-Hardware allein (ohne Verbrauchsgüter/Materialien oder Dienstleistungen auch nur zu berücksichtigen) einen 25prozentigen CAGR (Compound Annual Growth Rate) erlebt. Der CAGR im privaten/Desktopsegment (in dem die IT-Branche am ehesten bereit ist mitzumischen) hat mit einem 92prozentigen Fünf-Jahre-CAGR ein noch phänomenaleres Wachstum zu verzeichnen. Ein großer Anteil dieses Wachstums kommt von Start-ups, die nach ihrer Startphase am ehesten dafür geeignet sind sich mit der etablierten IT-Branche zusammenzutun. Da viele Firmen neu auf dem IT-Gebiet sind, braucht die IT-Branche Geduld und Flexibilität. Neben dem Vertrieb der Druckerhardware, gilt es vor allem den Markt von Verbrauchsmaterialien frühzeitig zu besetzen.