Datenspeicherung im Rechenzentrum

Eine Frage der Strategie

8. Oktober 2015, 6:00 Uhr | Matthias Hain, Director Bandwidth and Ethernet Services bei Colt, www.colt.de./jos

Die zunehmende Verbreitung von Cloud Computing und Big Data, beides seit Jahren Top-Themen in der Trendumfrage des Branchenverbands Bitkom, hat eine Vielzahl von Auswirkungen. Unter anderem verursacht sie immer mehr Datenverkehr zwischen den Rechenzentren.

Der Global-Cloud-Index von Cisco legt nahe, dass Cloud-Services und Anwendungen bis zum Jahr 2018 für 76 Prozent des weltweiten Datenverkehrs in Rechenzentren verantwortlich sein werden. Der Datenverkehr soll dann 8,6 Zettabyte umfassen. Für Unternehmen aus datenintensiven Branchen bedeutet dies, dass die Rechenzentrumsstrategie immer wichtiger für den Unternehmenserfolg wird. Zu diesen Unternehmen zählen neben den Anbietern von Cloud-Computing-Services unter anderem Finanzdienstleister, die sich beispielsweise schnell mit neuen Märkten und Kunden verbinden müssen, um Handelsoptionen zu nutzen.
Aber auch Medienunternehmen, die ihren Zuschauern online HD-Inhalte zur Verfügung stellen wollen oder Touristik-, Entertainment- und Handelsunternehmen, über deren Online-Plattformen Buchungen und Verkäufe ablaufen, müssen enorm viele Daten in Echtzeit verarbeiten.
 
Die richtige Rechenzentrumsstrategie
Die Bedeutung der richtigen Strategie für die Speicherung von Unternehmensdaten haben die Entscheider erkannt, die Umsetzung stellt sie allerdings vor größere Herausforderungen. Dies zeigen drei von Colt in Auftrag gegebene europaweite Studien. 89 Prozent der dabei befragten deutschen IT-Entscheider geben an, dass sich die Infrastruktur ihrer Rechenzentren verändern muss, um künftigen geschäftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Im Hinblick auf die Netzwerkinfrastruktur sagen dies 85 Prozent. Europaweit sind 90 Prozent der Befragten derselben Ansicht. Gut jedes fünfte Unternehmen in Deutschland und Europa gibt an, bislang über keine Strategie zu verfügen, um dieses Technikdefizit anzugehen. Dass gerade das Aufsetzen der richtigen Rechenzentrumsstrategie schwierig ist, geben 83 Prozent der deutschen IT-Entscheider an.
Der Grund dafür liegt in der hohen Komplexität der Planung. Als Hauptursache gelten Sicherheitsfragen. Für IT-Entscheider, die ihren Betrieb über Ländergrenzen hinweg ausweiten wollen, sind restriktive und unbekannte gesetzliche Vorgaben eine weitere große Herausforderung.
Die erste zu treffende Entscheidung befasst sich damit, ob die Datenspeicherung ausgelagert oder im eigenen Rechenzentrum erfolgen soll. Im Hinblick auf die beschriebene Entwicklung des Datenverkehrs und der ansteigenden Menge des Datenvolumens entscheiden sich viele Unternehmen für die erste Variante: das Outsourcing. Eine Auslagerung bietet vor allem Kostenvorteile, denn hohe Investitionssummen in ein eigenes Rechenzentrum bleiben aus.
Zudem sind die Betreiber von Rechenzentren anders als die Unternehmen, die ihre Services in Anspruch nehmen, stets mit den neuesten Techniken zur Datenspeicherung, rechtlichen Vorgaben und der stetigen Entwicklung des Energie-Managements vertraut. Eine Auslagerung trägt also dazu bei, sowohl technisch als auch rechtlich aktuell zu sein, und ermöglicht es den Unternehmen gleichzeitig, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Die nächste Entscheidung betrifft die Standorte der Rechenzentren und damit den Ort, an dem die Daten lagern. Von diesem Speicherort ist abhängig, welche rechtlichen Vorgaben gelten. Aus Sicht deutscher Unternehmen zum Beispiel spricht viel für die Wahl eines Rechenzentrums im eigenen Land oder zumindest in Europa, denn dann gilt deutsches beziehungsweise europäisches Datenschutzrecht. Des Weiteren spielt die Entfernung vom Standort zum Unternehmenssitz eine wesentliche Rolle. Liegen beide nah beieinander, bedeutet dies abhängig vom Vertrag mit dem Anbieter kurze Wege für den direkten Zugriff auf die physische Speichertechnik.
 
Die Wahl des richtigen Standorts
Es ist empfehlenswert, dies entsprechend des Bedarfs durch die eigenen Geschäftsprozesse auszubalancieren. Meist ist es für das Unternehmen sinnvoll, die Daten möglichst nah beim Kunden vorzuhalten und eine regionale Diversifikation der Rechenzentren vorzunehmen.
Bei der Auswahl des Rechenzentrums sollten Verantwortliche zudem immer darauf achten, dass es Carrier-neutral ist. Dies bedeutet: Der Betreiber ermöglicht den Kunden, ihren Netz-Provider innerhalb seines Rechenzentrums selbst zu wählen. Dadurch erhalten sie Anbindungsmöglichkeiten an die verschiedenen Netzwerke der Anbieter und können somit frei aus einer Reihe von Services wählen. Dass ein Rechenzentrum an verschiedene Netzwerke angebunden ist, erhöht außerdem Redundanz und Ausfallsicherheit.
 
Anbindung an weitere Anbieter
Weiterhin sollte man vorab prüfen, ob das Rechenzentrum auch mit einer Reihe von Drittanbietern verbunden ist, denn die Verbindung zu mehreren Rechenzentren eines Netz-Providers bietet den Unternehmen wiederum eine hohe Flexibilität in Bezug auf die eigene Standortwahl. Auch wenn sie erst in Zukunft weitere Standorte benötigen, müssen die Unternehmen keine zusätzlichen Verträge mit anderen Netzwerkprovidern abschließen, sondern erhalten den Service aus einer Hand. Wenn es um Daten geht, spielen Sicherheit und technische Standards immer eine tragende Rolle. Um sich in diesen Punkten auf objektive Prüfungen verlassen zu können, gibt es eine Reihe von Zertifizierungen, die ein Rechenzentrum erhalten kann. Diese sind bei der Auswahl eines geeigneten Anbieters sehr hilfreich.
Die DIN ISO 9001 gilt als international anerkannter Standard für das Qualitäts-Management und als Nachweis für hochwertige Produkte und Dienstleistungen. Daneben steht die DIN ISO 27001, die die Einhaltung von Sicherheitsstandards zertifiziert. Den technischen Standard eines Rechenzentrums bewertet etwa der TÜV mit einer Tier-Skala von II bis IV und die "M&O"-Zertifizierung (Management & Operations) des Uptime-Instituts gibt Auskunft darüber, wie der Betreiber seine Anlage führt.
 
Sicherheit und Betrieb
Datensicherheit und Datenschutz sind weitere Kriterien für die Rechenzentrumsstrategie. Dabei sind drei Zertifizierungen maßgeblich: Das Testat PS 951 Typ B vom Institut der Wirtschaftsprüfer begutachtet das interne Kontrollsystem eines Dienstleisters für dorthin ausgelagerte Funktionen. Einen Nachweis über Gesetzeskonformität, Wirksamkeit und Angemessenheit der Datenschutz- und Datensicherheitsmaßnahmen liefert das DQS-Zertifikat "Gütesiegel Datenschutz". Mit dem PCI DSS schließlich überprüfen Experten der Kreditkartenindustrie den Umgang mit Kreditkartendaten.
 
Die Bandbreite muss stimmen
Unzuverlässige und unsichere Datenverbindungen können sich Unternehmen heutzutage nicht mehr leisten. Der gute Ruf, Umsatz und Kundenzufriedenheit stehen auf dem Spiel, wenn Prozesse aufgrund zu langsamer Internet-Verbindungen nicht reibungslos funktionieren. Um das Vertrauen ihrer Kunden zu erhalten, müssen Banken zum Beispiel sicherstellen, dass keine Daten durch einen Hackerangriff verloren gehen, Betreiber von Buchungssystemen müssen dafür Sorge tragen, dass Daten über räumlich verteilte Server zuverlässig und schnell abgeglichen werden, um Doppelbuchungen zu vermeiden.
Aus diesem Grund ist ein weiterer zentraler Punkt bei der Auswahl des Rechenzentrums dessen Netzanbindung. Entscheider sollten berücksichtigen, dass einfache Internet-Verbindungen bei dem heute zu verarbeitenden Datenvolumen bei Weitem nicht ausreichen, um die oben genannten Fälle zu vermeiden. Die technische Lösung heißt Carrier Ethernet. Mit Bandbreiten von 10 bis 100 GBit/s erlaubt Carrier Ethernet die nahtlose Replikation großer Datenmengen zwischen verteilten Rechenzentren in Echtzeit.
Colt beispielsweise hat in Europa mehr als 460 Rechenzentren am Netz, weitere 100 in Asien. In einem ersten Schritt werden derzeit 120 dieser Rechenzentren in den wichtigsten Wirtschaftsstandorten in Europa mit Carrier-Ethernet-Technik angebunden, wodurch Änderungen wie Upgrades oder Leitungsschwenks innerhalb sehr kurzer Zeit möglich sein sollen. Ist die Datenspeicherung auf mehrere miteinander verbundene Rechenzentren verteilt, lässt sich der Datenverkehr zwischen den Einrichtungen optimal lenken.
 
Fazit
Welche Rechenzentrumsstrategie für das jeweilige Unternehmen die richtige ist, ist nur individuell zu entscheiden. Unumgänglich ist allerdings die Festlegung einer Strategie, um den Anforderungen der digitalen Wirtschaft standzuhalten. Das Outsourcing und die damit verbundene Zusammenarbeit mit Experten helfen Unternehmen, sich weiterhin auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und in Sachen Datenspeicherung dennoch immer auf dem neusten Stand zu sein.


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