Editorial CRN 35/2017

Gamescom 2017: Mehr als nur Spielerei

31. August 2017, 16:16 Uhr | Martin Fryba
350.000 Besucher: Die Rekordmesse Gamescom wurde erstmals von Kanzlerin Merkel eröffnet

Lehrer und Pädagogen auf der Gamescom? Wo selbst die Kanzlerin fernab von virtuellen Kampfeinsätzen pädagogisch sinnvolles Potenzial entdeckt, hätten Schulbürokraten auf dieser Rekordmesse eigentlich nicht fehlen dürfen.

Ob im Bundeskanzleramt bald ein Gaming-PC stehen wird, an dem die alte und wahrscheinlich neue Kanzlerin dieser Republik beim »Game of Thrones« in der virtuellen Welt des tiefsten Mittelalters die Kunst des Regierens mittels Verrat und Intrige wird perfektionieren können? Wahrscheinlich nicht. Denn alles was Politiker beherrschen müssen, wurde ja schon von Machiavelli niedergeschrieben – und zwar ganz analog vor über 500 Jahren. In Zeiten des Wahlkampfs kann es Angela Merkel aber nicht schaden, sich zumindest als passiver Fan der Computerspiele-Branche feiern zu lassen. Rund 350.000 Besucher kamen zur Rekord-Gamescom nach Köln, die erstmals von der Kanzlerin eröffnet wurde. Erstaunlich, dass die Gamescom viel mehr Besucher anzieht als die IFA oder die CeBIT.

Die Spielebranche sei Innovationsmotor und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor mit zuletzt 2,9 Milliarden Euro Umsatz und 29.000 Beschäftigten allein in Deutschland, bekräftigte Merkel die große Bedeutung der Gaming-Branche. Ein Wahlkampfgeschenk, zumindest theoretisch, hatte die Kanzlerin mit nach Köln gebracht: Die Bundesregierung – in welcher Konstellation auch immer, muss man ergänzen – werde über zusätzliche Fördermöglichkeiten für die Branche sprechen.

So viel Zuspruch für eine Nische der Technologiebranche ist doch erstaunlich. Merkels Ziehvater Helmut Kohl hatte sich noch um Bürger gesorgt, die es sich im kollektiven Freizeitpark Deutschland gemütlich eingerichtet hätten – übrigens ganz ohne PC-Spiele und E-Sport. Merkel indes will erkannt haben, dass Games die Begeisterung für Wissenschaft und Technik entfachen und – pädagogisch sinnvoll eingesetzt – das Lernen fördern können. Man wünschte sich solche Sätze vor einer Kultusministerkonferenz.

Denn beim Thema pädagogisch sinnvoller Computereinsatz fehlt es den Schulbürokraten in den Ländern nicht nur an finanziellen Mitteln für die IT-Ausstattung ihrer Schulen, sondern auch an Ideen und Inspirationen. Diese hätten sie sich in Köln bei der Gamescom holen können.

Mit den besten Grüßen,

Martin Fryba
CRN-Chefredakteur


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