Zur Messung des Jitters werden heute die unterschiedlichsten Lösungsansätze verwendet. Leider sind die gängigen Messmethoden nicht in der Lage alle drei oben beschriebenen Jitter-Arten gleich gut darzustellen.
Die von Paket-zu-Paket auftretenden Verzögerungsvariationen (MPPDV, Mean Packet to Packet Delay Variation) dienen als Grundlage der RTCP (RFC 1889) Jitter-Messung. Aus der Verzögerung von zwei aufeinander folgenden Paketen (T1 und T2) errechnet sich die Paket-zu-Paket-Verzögerung: abs (t2-t1). Die mittlere Paket-zu-Paket-Verzögerung errechnet sich daher wie folgt:
MPPDV = mittlere(abs(ti – ti-1) )
Bei Echtzeitanwendungen wie z.B. VoIP spricht man von Datenströmen. Die zuvor berechnete Zeit liefert bei einem konstanten Datenstrom die Zwischenankunftszeit. Diese Zeit sollte im Idealfall für eine Datenverbindung immer Konstant sein. Bei einer VoIP Verbindung werden im Regelfall Pakete alle 20 ms verschickt. Die Berechnung von oben würde also im Idealfall immer 20 ms ergeben. Bei Abweichungen von diesen 20 ms spricht man von Jitter welche im nächsten Abschnitt behandelt wird.
Ist die nominale Ankunftszeit (im folgenden ai) für ein Paket bekannt oder kann ermittelt werden, dann beträgt die absolute Verzögerungsvarianz abs (MPPDV - ai). Um den Jitter zu berechnen müssen wir ai definieren. Bei einer VoIP Anwendung kann dieser Wert anhand der Timestamps in den Paketen berechnet werden. Die Zeitstempel werden beim Senden erzeugt und in die Pakete geschrieben. Ai kann daher aus zwei Timestamps berechnet werden. Wenn davon ausgegangen wird, das T der Timestamp eines Paketes ist und A die Ankunftszeit ist, ergeben sich vier Variablen bei zwei hintereinander folgenden Paketen. T1 und A1 für das erste Paket und T2 und A2 für das zweite Paket. Die mittlere absolute Abweichung der Paketverzögerung lautet dann:
Jitter_absolut = (A2 – A1) – (T2 - T1)
Dieser Wert gibt den absoluten Jitter der einzelnen Pakete an. Da Dieser Wert sehr schwanken kann wird für RTCP Übermittelung eine andere Berechnung verwendet um einen Mittelwert zu Bilden. Folgende Formel gibt die Berechnung für Jitter für RTCP an.
RTCP_Jitter = RTCP_Jitter + (abs(jitter_absolut)-RTCP_Jitter)/16
Durch diese Berechnung erreicht man einen Mittelwert, über alle empfangenen Pakete. Der Faktor 1/16 wird verwendet um die Auswirkungen einzelner Großen Jitter zu minimieren. Dieser Wert wird dann in jeweils in den RTCP Paketen alle 5 Sekunden ausgetauscht.
Abbildung 4 zeigt einen Vergleich von verschiedenen Jitter-Betrachtungen. Der Absolute Jitter spiegelt den genauen Jitterverlauf wieder. Der RTCP-Jitter zeigt durch seine Mittelung eine ungefähre Darstellung des Jitters. Bei kurzzeitigem Jitteranstieg, fällt dies jedoch nicht auf. Der MPPDV ist für eine Aussage über das Jitterverhalten sehr ungeeignet, da dieser sich relativ schnell auf einen Wert einpendelt.
Die ITU-T definiert im Dokument Y.1541 (ITU-T Recs. Y.1541 and Y.1221 —
A Basis for IP Network QoS Control and Traffic Management) die IP Verzögerungsvariation in Bezug auf die Differenz zwischen dem Minimum und Maximum der Übertragungsverzögerungen während eines Zeitintervalls.
IPTDmin = Minimum IP Übertragungsverzögerung
IPTDupper = 99.9 Prozent der IP Übertragungsverzögerung
IPDV = IPTDupper – IPTDmin
Dieser Parameter wird durch die Länge des Messintervalls bestimmt. In Abbildung 6 beträgt IPDV ca. 60 Millisekunden. Für diesen Zeitraum ist es unmöglich den Jitter mit der Anzahl der Paketverluste zu korrelieren. Nur bei einem längeren Messintervall (200 Millisekunden) lässt sich der IPDV Wert zur Abschätzung der einer möglichen Datenverlustwahrscheinlichkeit heranziehen. Anhand dieses Werts lässt sich anschließend ableiten, wie hoch der Prozentanteil der Messintervalle am Gesamtverkehrsaufkommen ist, die von wahrscheinlichen Paketverlusten betroffen sind.
Mit jedem der bisher diskutierten Lösungsansätze für die Jitter-Messungen lassen sich die Jitter nur über kurze Zeiträume darstellen. Diese Ansätze beziehen sich entweder auf eine Paket-zu-Paket- oder eine absolute Paketverzögerungsvariation.
Ein alternativer Lösungsansatz wird als Zeitreihenanalyse bezeichnet. Bei diesem Zeitreihenmodell wird eine zufällige Reihenfolge von Messwerten mit einer Filterfunktion verknüpft und die statistischen Eigenschaften der Sequenz genutzt, um die Daten zu modellieren. Beispielsweise nutzt das AutoRegressive-Moving Average-Modell (ARMA) ein lineares Modell zur Berechnung zeitdiskreter stochastischer Prozesse. Ihr mathematischer Kern ist ein lineares Gleichungssystem. Man kann solche Modelle auch als Differenzengleichungen bzw. Differenzengleichungssysteme ansehen.
In Anbetracht der verschiedenen Beispiele zur Ermittlung des Jitters erscheint es sinnvoll, den Jitter als die Summe einer Reihe von unabhängigen und zufälligen Prozessen anzusehen, bei der die Reihe von Impulsen mit einer Moving Average-Filter-Funktion verknüpft ist. Dieses Impuls Driven Moving Average (IDMA) Modell ist in der Lage, die über die Zeit verteilten unterschiedlichen Arten des Jitters zu modellieren. Daher wird dieses Modell auch bei der Simulationsmodellierung des Jitters in IP-Netzwerken angewendet.
Die Jitter-Metrik für diesen Ansatz umfasst eine Beschreibung der Impuls-Verteilung, die sich aus der Zeitreihe der statistischen Daten ergibt und sich als funktional äquivalent zu den gemessenen Daten erweist.