Im Interview mit CRN spricht Heino Deubner, CEO des MPS-Portals Printer4you, über die Herausforderungen, denen Reseller und Systemhäuser sich beim MPS-Verkauf stellen müssen.
CRN: Herr Deubner, ist das »papierlose Büro« lediglich eine hohle Marketing-Phrase?
Heino Deubner: Ich glaube, komplett papierlos wird das Büro in den nächsten 30 bis 40 Jahren nicht sein, es wird jedoch nahezu papierlos werden. Papier hat für uns Menschen einen hohen Stellenwert, wir erachten die Informationen auf Papier im Vergleich zum Computer-Bildschirm, Tablet und dergleichen als höherwertiger und verbindlicher. Jedoch werden wir die alltäglichen Informationen im Büroalltag vollständig in die digitale papierlose Welt verlagern. Rechnungen, Lieferscheine, Angebote, News und Dialoge werden wir digital erstellen, digital verteilen, digital bearbeiten und speichern. Hier gibt es keinen Grund, das Blatt Papier an irgendeiner Stelle eine Rolle spielen zu lassen. Mobile Endgeräte, Software und die permanente Verfügbarkeit des Internets oder seiner Daten werden Ausdrucke in den kommenden Jahren immer mehr verdrängen.
CRN: Können Reseller und Systemhäuser mit dem reinen Hardware- und Supplies-Verkauf in Zukunft überleben?
Deubner: Nein. Wenn Reseller und Systemhäuser darüber hinaus keine anderen Services, Beratungen oder Innovationen bieten, die nachgefragt sind und in Rechnung gestellt werden, dann werden sie nicht überleben. Kunden werden nach und nach abwandern. Der eine Teil der Kunden wandert zum Full-Service-Dienstleister, der z.B. Managed Print Services bietet und damit das Drucken gesamtheitlich organisiert und abrechnet. Der andere Teil der Kunden wandert zum Online-Shop, der als Vollsortimenter 24x7 online alles bietet und Big Data dazu nutzt, seine Kunden bestens zu kennen, um so Mehrwerte insgesamt zu bieten. Für unseren Printer Care Online Shop sehe ich langfristig auch keine Überlebenschance, aus diesem Grund setze ich auf printer4you.
CRN: Wie weit ist MPS in der deutschen Unternehmenslandschaft bereits gekommen?
Deubner: Größere Unternehmen mit mehr als 500 Druckern im Einsatz setzen seit rund 15 Jahren auf Managed Print Services, 70 Prozent von ihnen sind bereits in Verträgen gebunden, viele davon schon im dritten 3-5 Jahres-Vertrag. Kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 50 Druckern im Einsatz sind hier noch nicht ganz so weit, gerade mal 20 Prozent der Unternehmen nutzen eine Art von Managed Print Services für alle ihre Drucksysteme. Hier ist ein großes Potenzial für MPS-Spezialisten, wenn man es schafft, die große Menge dieser kleinen Kunden zu erreichen und kostengünstig zu bedienen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Printing-Branche insgesamt weiterhin ein rückläufiges Geschäft verzeichnen wird, da die Kunden insgesamt auf Grund des digitalen Fortschritts weniger drucken werden. Managed Print Services, digitale Endgeräte und die ständige Verfügbarkeit von Daten und Informationen führen letztendlich dazu, dass Unternehmen weniger zu Blatt Papier bringen, um Kosten zu senken und die Umwelt zu schonen.
CRN: Wie beurteilen Sie die Kompetenz des Fachhandels, wenn es darum geht, durchdachte und effiziente MPS-Lösungen den eigenen Kunden anzubieten?
Deubner: Über den gesamten Fachhandel kann ich hier kein Urteil fällen, ich möchte es differenzieren. Die MPS-Spezialisten haben in den letzten 15 Jahren sehr viele Erfahrungen gesammelt, die richtigen Software-Tools gefunden und ihre Prozesse und Services kundengerecht ausgerichtet. Wenn sich ein Kunde die Referenzen des MPS-Anbieters anschaut und dabei auf einen großen Erfahrungsschatz stößt, kann er sicher sein, in guten Händen zu sein. Der weitaus größere Teil der Fachhändler und Systemhäuser, der das Thema Drucken nie wirklich in den Fokus gerückt haben, hat hingegen nicht die notwendigen Kompetenzen, um den Anforderungen von Kunden gerecht werden zu können. MPS-Angebote zu erstellen, kann man als Fachhändler relativ schnell lernen, hier haben die meisten Drucker-Hersteller gute Schulungs-Programme. Dann aber im Tagesgeschäft allen Herausforderungen beim Betreiben von Druckern und Multifunktionsgeräten erfolgreich begegnen zu können, erfordert ein hohes Maß an Ausbildung, Tools und Know how. Hier fehlt nach meinen Erfahrungen meistens die Kompetenz.
CRN: Inwieweit verlangen Kunden inzwischen auch nach ECM- oder DMS-Lösungen, wenn Ihnen MPS-Lösungen angeboten werden?
Deubner: Eher selten vergeben Kunden ein MPS-Projekts zusammen mit ECM- oder DMS-Lösungen in einer Anfrage oder Ausschreibung. Häufig laufen die Anschaffungen und Projekte unabhängig voneinander. In den Anforderungen der Kunden liest man aber immer häufiger, dass die Hardware geeignet sein muss, um mit ECM- und DMS-Lösungen arbeiten zu können. Man erkennt das daran, dass z.B. eine physische Tastatur vorhanden sein soll und geforderte Eigenschaften der Scanner der MFP-Systeme auf die Anbindung an vorhandene oder geplante DMS-Systeme schließen lässt. Ein gewisses Basiswissen über ECM- und DMS-Lösungen sollte beim MPS-Anbieter also vorhanden sein. Die MPS-Anbieter, die sich auch auf Dokumentenmanagement ausrichten, machen sicherlich nichts falsch.
CRN: Welche Rolle spielt die Beratung beim Vertrieb von MPS-Lösungen? Welche Herausforderungen müssen kleine Systemhäuser und Reseller meistern, um erfolgreich MPS vertreiben zu können?
Deubner: Beratung ist das A und O im MPS-Geschäft, aus diesem Grund haben wir bei printer4you.com einen Online-Produktberater entwickelt, der den ersten Schritt in Richtung Managed Print Services darstellt. MPS-Anbieter müssen verstehen, was der Kunde möchte, wie und wo MPS den Kunden dabei unterstützen kann, seine Unternehmensziele zu erreichen. Hardware und Software sind das eine, optimale Arbeitsabläufe und Prozesse sind das andere. Beides muss der MPS-Anbieter beherrschen.
Der Fachhändler bzw. das Systemhaus muss darüber hinaus in allen Unternehmensbereichen für MPS aufgestellt sein. Der Vertrieb muss technisch und wirtschaftlich die richtige Hardware und die sinnvollste Software finden und tiefergehende Beratung leisten. Der Support und das Dispatching müssen Störungen entsprechend der vertraglich zugesicherten SLA bearbeiten, wozu sie Tools benötigen. Der Service muss remote und per Telefon Störungen gut qualifizieren und vor Ort die SLA einhaltend instand setzen können. Die Administration muss die Versorgung mit Verbrauchsmaterialien sicherstellen und wissen, was eine Vertragsleistung ist und was daneben berechnet werden muss. Der Finanzbereich muss MPS-Verträge in Monats- und Jahresabschlüssen korrekt darstellen. Das ERP-System muss verschiedenste Vertragsmodelle, verschiedenste SLA-Vereinbarungen und Abrechnungsmethoden abbilden und Drucksysteme verwalten können. Das Controlling muss Wirtschaftlichkeitsberechnungen von MPS-Verträgen permanent durchführen und glauben Sie mir, Controlling ist bei MPS-Geschäften sehr wichtig. Ich glaube, ein Systemhaus, dass an anderer Stelle vorzügliche Leistungen erbringt und seine Kunden hoch zufrieden stellt, kann sich mit Managed Print Services im Tagesgeschäft durchaus schnell »die Karten legen«.