Die Wissenschaftler und das Bündnis für humane Bildung kritisieren, mit dem Digitalpakt bediene die Politik lediglich die Interessen von IT-Wirtschaft und Arbeitgeberverbänden und greife in die Methodenfreiheit der Lehrenden ein. Dabei habe die Digitaltechnik im Unterricht keinen nachweisbaren Nutzen. So stellte etwa 2015 ein OECD-Bericht fest, dass die Schülerleistungen in Ländern, die stark in Informations- und Kommunikationstechnologie für Bildung investieren, nicht nennenswert besser sind. Eine deutsche Studie zur Nutzung digitaler Medien im Matheunterricht attestiert Grundschülern, die mindestens einmal pro Woche einen Computer im Unterricht nutzen, sogar »signifikant niedrigere Kompetenzen« als ihren seltener am Rechner lernenden Mitschülern. Und ein BYOD-Projekt in Hamburg ergab keine höhere Leistungsmotivation durch den Einsatz privater Smartphones und Tablets im Unterricht – und auch keinen besseren Umgang mit Quellen oder eine höhere Informationskompetenz.
Viel wichtiger als Technik sind gute Lehrer und durchdachte pädagogische Konzepte. Wohl jeder kann sich wahrscheinlich an seine Schulzeit und Lehrer erinnern, die Sachverhalte besonders gut erklären konnten und bei denen das Lernen dadurch mehr Spaß machte, erfolgreicher war. Das Bündnis für humane Bildung verweist auch auf angelsächsische Länder, wo reiche Familien ihre Kinder zunehmend auf Privatschulen schicken, um sie klassisch unterrichten zu lassen, weil in öffentlichen Schulen immer häufiger am Bildschirm gelernt und geprüft werde.
Dazu kommt, dass die für den deutschen Digitalpakt anvisierten fünf Milliarden Euro kaum ausreichend sind und den Schulen langfristige Kosten aufbürden würden. Denn die Fördergelder dürfen nur in die IT-Infrastruktur gesteckt werden – die Ausarbeitung von Lernkonzepten, um die Systeme sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, und die notwendige Fortbildung der Belegschaft müssten die Schulen selbst finanzieren. Zudem müssten sie wahrscheinlich auch für Teile der Vernetzung und Hardware-Anschaffungen selbst aufkommen, schließlich bleiben bei bundesweit rund 40.000 Schulen im Durchschnitt nur 125.000 Euro pro Einrichtung, verteilt auf fünf Jahre.
Laufende Kosten fallen überdies für die Verwaltung der Infrastruktur an, die von den Schulen »nebenbei« kaum zu meistern ist – auch unter Security-Gesichtspunkten. Wie Unternehmen mit hunderten PC-Arbeitsplätzen bräuchten Schulen eine eigene IT-Abteilung oder einen Dienstleister, der die Technik wartet und aktuell hält. »Machen Sie öffentliche Bildungseinrichtungen zukunftsfähig, indem Sie Schulen als Sozialverbund stärken«, appellieren die Wissenschaftler daher in ihrem offenen Brief an die Kultusminister: »Nicht Medientechnik oder Computer, sondern der Mensch ist des Menschen Lehrer!«