Mit ROI-Modellen operieren
Allerdings weiß der Vertriebsprofi, dass solche allgemeinen Zahlen allein im Verkaufsgespräch nicht ausreichen. Freilich möchte jeder Kunde individuell beraten werden, welche Einsparpotenziale seine Infrastruktur birgt. »Partner müssen deshalb fähig sein, mit ROI-Modellen zu operieren, die die spezifische Umgebung des Kunden reflektieren«, fordert Glendenning. »Nur so kann der Reseller diesem Kunden ein betriebswirtschaftlich überzeugendes Szenario präsentieren.«
Dieser Sichtweise stimmt Rolf Kersten, Produktmarketing-Manager bei Sun Microsystems, uneingeschränkt zu: »Virtualisierung muss immer mit einer betriebswirtschaftlichen Argumentation verkauft werden, denn technologisch halten sich Vereinfachung und zusätzliche Komplexität die Waage.« Gerade diese Fähigkeit, Kunden vom wirtschaftlichen Mehrwert der Technologie zu überzeugen, haben Systemhäuser ihren Vertriebsmitarbeitern bislang aber noch nicht ausreichend vermittelt, wie Berater Schwab von der Experton Group kritisiert (siehe Interview).
Immerhin gibt der IT-Konzern IBM seinen Partnern seit kurzem ein Analyse-Tool an die Hand, das sie bei der Argumentation unterstützen soll. Und zwar hilft ihnen dasWerkzeug, den Bedarf kleiner und mittelständischer Unternehmen in punkto Konsolidierung und Virtualisierung zu erkennen. Der Hardware-Anbieter hat das »Consolidation Discovery and Analysis Tool (CDAT)« nach eigenen Angaben entwickelt, um geringe Auslastungswerte und versteckte Serverressourcen in einem Kundennetzwerk aufzuspüren.
Darüber hinaus soll das Tool sinnvolle Vorschläge zur effektiven Konsolidierung und Virtualisierung von x86- Ressourcen liefern. Laut IBM kann es die IT-Kosten der Kunden um bis zu 60 Prozent senken und die Auslastung der Systeme maximal vervierfachen. Ergänzt wird das CDAT um das so genannte »Server Consolidation Made Simple«- Toolset, mit dem sich IT-Umgebungen mit weniger als 50 Servern evaluieren lassen. »Mittelfristig wird Virtualisierung auch im Mittelstand der Standardansatz für die Gestaltung der IT-Infrastruktur sein«, ist Thomas Harrer, Master IT Architect bei IBM, überzeugt.
In jedem Fall sehen Marktforscher für das Thema Virtualisierung ein ungebrochenes Wachstum voraus: Laut Gartner steigt die weltweite Zahl der virtuellen Maschinen (VMs) von 540.000 im vergangenen Jahr bis 2009 auf etwa vier Millionen (siehe Grafik). Selbst diese Zahlen spiegeln laut Aussage der Analysten aber nur einen Bruchteil des Marktpotenzials wider. Auf der anderen Seite wird die Technologie zusammen mit dem Trend zu leistungsfähigen Mehrkern-Prozessoren dafür sorgen, dass Kunden deutlich weniger physische Server benötigen. Demnach werden zwischen 2006 und 2010 etwa 4,5 Millionen x86-Systeme weniger verkauft, als dies ohne Virtualisierung und Mehrkern- Technologie der Fall wäre, wie Gartner ermittelt hat. Das entspricht einem Umsatzschwund der Hardware-Branche von 2,4 Milliarden Dollar. Dadurch sinkt das ursprünglich für Server in dem Fünf- Jahres-Zeitraum prognostizierte Gesamtwachstum von 61 auf 39 Prozent.
Das andere große Marktforschungsinstitut IDC blickt noch ein Stück weiter voraus: Die Auguren rechnen damit, dass sich Anwender im Jahr 2010 rund 1,7 Millionen physische Server nur zu dem Zweck anschaffen, um darauf virtuelle Maschinen zu betreiben. Die Zahl dieser VMs taxiert IDC auf 7,9 Millionen. Viel versprechende Aussichten für die Anbieter von Virtualisierungslösungen und deren Vertriebspartner.