Wenn sich ein Reseller aber allein auf diese technische und preisgetriebene Argumentation stützt, wird er Projekte auf lange Sicht verlieren. »Bandbreite pur oder Technik pur als Verkaufsargumente funktionieren nicht mehr«, wirft Peter Schaudeck ein, Market Development Manager bei der Hewlett-Packard Procurve. Heimo Adamski von SMC ergänzt: »Die Netze müssen sich besser an das Geschäft anpassen«. »Ein Reseller sollte daher nicht rein technologieorientiert verkaufen, sondern die Anforderungen des Kunden aus Applikationssicht verstehen.« Dem Reseller beizubringen, den Verkauf an Hand der Business- Ziele des Kunden abzuwickeln, »ist einer der kommenden Schritte. Cisco hat dies bereits getan«, erläutert Mike Lange, Manager Business Development & Product Management bei D-Link.
Die Analysten von Gartner gehen in eine ähnliche Richtung. Unternehmen sollten sich neuen Anwendungsgebieten wie Unified-Communications öffnen. Denn diese Applikationen und Dienste besitzen das Potenzial, das Geschäft eines Unternehmens direkt zu verbessern, sei es durch eine bessere Kundenbindung oder Produktionssteigerungen. Unified Communications als Schlagwort wird bereits von führenden Herstellern wie Alcatel, Cisco, Microsoft oder Nortel propagiert.
Die Grundlage für diese Dienste muss das Netzwerk schaffen, wobei auf Kunden und Reseller einige Themen zukommen, die im Grunde seit der Jahrtausendwende diskutiert werden. Für Unified- Communications spielt VoIP und SIP die dominante Rolle. Damit diese Dienste skalieren und die Inhalte in ausreichender Qualität den Endpunkt erreichen, sind die Verfahren im Bereich Classof- Service (CoS) im Ethernet obligatorisch. Diese Anforderung steht seit 1998 im Raum, als die ersten Anbieter VoIP-Lösungen propagierten und die Netzwerkhersteller Priorisierung als Mechanismus implementierten, um die nötige Übertragungsgüte zu sichern. Jeder Switch beherrscht die nötigen Verfahren seit Jahren. »Aber nur die Minderheit unserer Kunden setzt die Priorisierung tatsächlich ein«, sagt Jörg Kracke von 3Com – obwohl die CoS für VoIP-Projekte obligatorisch sind. Denn nur so lassen sich Jitter und Latency-Effekte kontrollieren, die selbst bei genügend Bandbreite auftreten können. »CoS spielt bei Kunden eine große Rolle, wobei sie auf Standards setzen und ihre Infrastruktur hier konsolidieren «, sagt Günther Haag von Stemmer. »Beim Eingemachten der Priorisierung haben Partner noch Nachholbedarf«, ergänzt Peter Schaudeck von HP Procurve: Reseller sollten ihr Wissen auf diesem Gebiet unbedingt aufbauen und erweitern.
Dass Unternehmen VoIP-Projekte heute bereits strategisch planen, davon waren alle befragten Hersteller überzeugt. Ein Indikator sind Power-over-Ethernet-Ports (PoE). Sie versorgen angebundene Devices wie VoIP-Phones oder Access-Points direkt mit Strom. »Auf lange Sicht wird PoE standardmäßig in jedem Switch-Port der Workgroup verfügbar sein«, sieht Dietmar Holderle voraus, Vice President Continental Europe bei Foundry Networks. Hewlett- Packard hat diese Strategie bereits umgesetzt. »Wir möchten unseren Kunden eine feine Skalierung erlauben«, sagt Siegbert Wener von Netgear. »Denn PoE auf jedem Port ist aus Kostensicht fraglich. Ein solcher Switch braucht eine bessere, redundante Stromversorgung und verschwendet mehr Energie.«
Gartner sieht es ähnlich. Vor allem GBit/s-PoE-Ports seien aus Sicht des Analysten größtenteils überflüssig. Leider hat bisher kein Hersteller das Potenzial für ein zentrales Energiemanagement entdeckt. Eine einheitliche Policy könnte dem Switch beispielsweise befehlen, zu gewisser Zeit die VoIP-Telefone auszuschalten. »Hier ließen sich auch USV-Systeme einkoppeln oder gar Laptops direkt mit Strom versorgen«, prognostiziert Günther Haag von Stemmer.