funkschau: Es heißt, Deutschland hätte die erste Halbzeit der Digitalisierung verschlafen. Sie klingen aber so, als hätten die hiesige Wirtschaft gute Chancen, im internationalen Rennen noch einigen Boden gutzumachen.
Koppitz: Wir haben die erste Halbzeit sicherlich verschlafen, aber
in dieser ging es eher um Themen wie E-Commerce und Consumer Devices, also Bereiche, die nie die Stärken des deutschen Marktes waren. Entscheidend wird aber die zweite Halbzeit. Denn den USA oder China fehlt trotz ihres Vorsprungs in vielen Bereichen oftmals die industrielle Basis. Hier sind wir aber unschlagbar. Deutsche Unternehmen nähern sich dem Thema Digitalisierung letztendlich einfach von einer anderen Seite.
funkschau: Ein Hemmschuh für erfolgreiche Umsetzung von IoT-Projekten ist aber sicherlich die hiesige Netzverfügbarkeit…
Koppitz: Die Netzabdeckung in Deutschland ist ein Desaster. Das ist einfach nur peinlich. Wir haben einen Standort im süddeutschen Raum und müssen überlegen, ob wir Cloud-Services nutzen können. Aber nicht etwa aufgrund kritischer Daten, sondern weil wir nicht wissen, ob wir die nötige Bandbreite haben.
funkschau: Was wurde Ihrer Meinung nach falsch gemacht, hätten die Netzbetreiber anders agieren müssen?
Koppitz: Ich sehe den Fehler eher bei der Politik und der Regulierung. Die Netzbetreiber werden immer versuchen, mit dem kleinstmöglichen Aufwand die größtmögliche Rendite zu erzielen. Daher hätte die Politik Themen wie beispielsweise das nationale Roaming früher erkennen müssen und sich nicht von den Lobbyverbänden breitschlagen lassen dürfen. Da ist viel von der Politik verpennt worden und dass heute richtig etwas passiert, das sehe ich auch nicht.
Bei der Umsetzung von IoT ist man aber auf flächendeckende Verfügbarkeit angewiesen, dieses Thema kann also noch zu einem echten Hemmschuh in Deutschland werden. Das ist einfach hochgradig peinlich und gehört zu den drei Sachen, die uns international viel Reputation gekostet haben: der BER-Flughafen, die Pannen bei den Regierungsflügen und die Netzabdeckung.
funkschau: Lohnt es sich vor diesem Hintergrund für Unternehmen also überhaupt schon, das Thema IoT anzugehen? Oder ist es aber vielleicht schon zu spät?
Koppitz: Für IoT ist es aktuell noch nicht zu spät. Der Markt ist jetzt bereit, es gibt heutzutage alle Ingredienzien. Als Anwenderunternehmen kann man aber sicherlich auch noch ein bis zwei Jahre warten. Das ist kein Problem. Als Anbieter, beispielsweise als Systemhaus, muss ich mich aber bereits heute mit dem Thema beschäftigen.
funkschau: Ist bei dieser Aufgabe die IT-Abteilung federführend? Verschiedene Stimmen im Markt sehen die Digitalisierungsverantwortung mitterweile eher in anderen Unternehmensbereichen.
Koppitz: In vielen Unternehmen wird die IT-Abteilung als Kostenfaktor gesehen, aber nicht als Innovationstreiber. Nicht zuletzt, weil viele CIOs Infrastruktur-CIOs waren, nicht unbedingt Partner für die Digitalisierung. Der CIO wird aber zusehends zuständig für Innovationen. Digitalisierung, IoT und Innovation, diese Themen müssen vom CIO kommen. Er ist der Reißnagel im Hintern der Organisation, es ist seine Aufgabe, die richtigen Antworten im Unternehmen einzufordern.