Wohlstand gefährdet

Deutschland lahmt bei digitaler Handlungsfähigkeit

15. Mai 2015, 10:49 Uhr | Elke von Rekowski

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Acht Maßnahmen gegen den Niedergang

Der Verband schlägt acht Maßnahmen vor, mit denen Deutschland einen Neustart in die digitale Welt wagen kann

1. Deutschland muss Motor einer digital souveränen EU sein.

In Regionen mit einer heute bereits vorhandenen sehr guten Basis, sollten technologische Schwerpunkte gebildet und zu weltweit einzigartigen Leistungszentren ausgebaut werden. Diese Leistungszentren sollten zu einem europäischen Netzwerk verknüpft werden, das in seiner Gänze die digitale Wirtschaft möglichst vollständig abbilden sollte. Dabei sind Felder zu identifizieren, in denen es sinnvoll und möglich ist, Voraussetzungen für die Entwicklung von Leitanbietern zu entwickeln, die auch global eine Führungsrolle einnehmen können. Deutschland sollte hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Dabei muss Deutschland Standards für die Weltmärkte setzen. Wer Standards setzt, bestimmt den Markt.

2. Deutschland muss Europa zum Heimatmarkt machen.

Die Zerklüftung des europäischen Markts ist der größte strukturelle Nachteil gegenüber den USA und China. Ein echter digitaler Binnenmarkt mit EU-weit einheitlichen Bedingungen vom Daten- und Verbraucherschutz bis zur Besteuerung würde Europa sehr viel näher an die USA und China bringen. Die EU-weite Vereinheitlichung aller relevanten Regelungen im Sinne eines echten digitalen Binnenmarkts sollte von der EU noch in der ersten Hälfte der aktuellen Legislatur realisiert werden. Die ordnungspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa müssen entsprechend dem Ziel der digitalen Souveränität ausgestaltet und optimiert werden. Dies betrifft als zentrale Felder das Urheber-, Wettbewerbs- und Steuerrecht, den Außenwirtschafts-, Daten- und Verbraucherschutz sowie die Telekommunikations- und Medienordnung. Innovative Geschäftsmodelle dürfen nicht durch veraltete Gesetze verhindert werden, Tech-Start-ups müssen auf dem Weg zum Global Player optimale Voraussetzungen in Gründungs- und Wachstumsphase vorfinden.

3. Deutschland muss zum europäischen Start-up-Hotspot werden.

Leistungsfähige, schnell wachsende und international orientierte Tech-Start-ups sind mit entscheidend für ein funktionsfähiges digitales Ökosystem. Wir müssen gründen, wachsen und internationalisieren so einfach wie möglich machen. Viele Gesetze sind nicht zeitgemäß und verhindern innovative Geschäftsmodelle. Für Start-ups sollten in den ersten vier Jahren ihres Bestehens grundsätzlich wachstumsfördernde Sonderregeln gelten. Sie sollten steuerliche und arbeitsrechtliche Erleichterungen ebenso umfassen wie eine Befreiung von Zwangsmitgliedschaften bei Kammern und Berufsgenossenschaften.

4. Deutschland muss seine Forschungsförderung auf Digitaltechnologien konzentrieren.

Das in der öffentlichen Forschungs- und Wirtschaftsförderung noch zu stark verbreitete Gießkannenprinzip sollte zu einem Fokusprinzip weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt öffentlicher Förderung Deutschlands und der EU sollten künftig Maßnahmen stehen, die der Gewinnung Digitaler Souveränität auch und gerade im Sinne der digitalen Transformation der deutschen und europäischen Leitindustrien dienen.

5. Deutschland muss Datenvielfalt und Datenschutz ins Gleichgewicht bringen.

Datenschutz muss Datenwirtschaft unter gleichen Bedingungen für alle Anbieter ermöglichen und darf sie nicht verhindern. Zwei Grundprinzipien des Datenschutzes – Datensparsamkeit und Zweckbindung – sollten überprüft und durch die Prinzipien der Datenvielfalt und des Datenreichtums zu ergänzt beziehungsweise ersetzt werden. Datenschutzfreundliche Anonymisierungs- und Pseudonymisierungstechnologien sollten laut Bitkom gefördert werden. Gleichzeitig sollten Transparenzprinzipien gestärkt und die Kontroll- und Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht verbessert werden, um so eine Datenpolitik aus einem Guss zu entwickeln.

6. Deutschland muss sein Bildungsideal um ein digitales Bildungsideal ergänzen.

Digitale Souveränität wird sich ohne einschlägiges Know-how nicht gewinnen lassen. Deshalb muss das Bildungswesen reformiert werden, um eine Verfügbarkeit von IT-Spezialisten dauerhaft zu sichern die Fähigkeit zum selbstbestimmten Einsatz digitaler Technologien in voller gesellschaftlicher Breite über alle Gruppen, Schichten und Altersklassen zu entwickeln..

7. Deutschland muss seine Kommunikation optimal schützen.

Europas Wirtschaft, Staat und Bürger müssen in die Lage versetzt werden, absolut vertraulich und geschützt in digitalen Netzen zu kommunizieren. Hierzu brauchen sie einschlägiges Know-how und zuverlässige Orientierungshilfen und vertrauenswürdige Partner. Es sollte ein Transparenzzentrum aufgebaut werden, das Verbrauchern, Selbständigen und kleinen Unternehmen verständliche und einfache Orientierungshilfe bei Auswahl und sicherem Einsatz digitaler Technologien bietet.

8. Deutschland muss die weltweit leistungsfähigsten digitalen Infrastrukturen aufbauen.

Höchst leistungsfähige und sichere digitale Infrastrukturen und intelligente Netze müssen müssen als Teil europaweiter Hochleistungsnetze schnellstmöglich in einer gemeinsamen Anstrengung von Wirtschaft und Staat aufgebaut werden. Deutschland sollte sich zum Ziel setzen, innerhalb der nächsten zehn Jahre der Flächenstaat mit den im weltweiten Maßstab leistungsfähigsten digitalen Infrastrukturen in den Bereichen Breitband, Verkehr, Energie, Gesundheit, Bildung und Verwaltung zu werden.


  1. Deutschland lahmt bei digitaler Handlungsfähigkeit
  2. Acht Maßnahmen gegen den Niedergang

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu BITKOM e. V.

Matchmaker+