Mobilfunk-Netze

Die fünfte Mobilfunkgeneration - eine Standortbestimmung

8. April 2015, 9:08 Uhr | Dr. Hans-Peter Mayer, Head-of-Next-Generation-Wireless, Bell Labs, Alcatel-Lucent
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Während sich 4G auf eine vollständige Netzabdeckung hin bewegt, steht bei Forschern bereits die nächste Stufe im Fokus: die fünfte Mobilfunkgeneration. Während die ITK-Industrie in Europa droht, hinter die Taktgeber aus den USA und Asien zurückzufallen, soll ein 700 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm für die nächsten sieben Jahre die 5G-Entwicklung in Europa vorantreiben. Obschon Forschung und Standardisierung noch nicht abgeschlossen sind, dürfte klar sein, dass 5G ein Mobilfunknetz werden wird, das die Schwächen der aktuellen Generation ausgleichen und neue Anforderungen ermöglichen kann. Doch in welche Richtung fährt der 5G-Zug?

edes Mobilfunknetz wurde bisher für ein bestimmtes Nutzungsszenario auf- und ausgebaut: Stand beim 2G/-GSM-Netz die Sprachkommunikation im Vordergrund, so waren es bei 3G die Datendienste. UMTS bot anfangs allerdings nur sehr überschaubare Bandbreite auf ISDN-Niveau. Das änderte sich erst mit HSPA, der zweiten 3G-Generation, merklich, was auch zum letztendlichen Erfolg von UMTS beitrug. Die 4G-/LTE-Entwickler hatten Breitbandanwendungen vor Augen, als sie an dem Standard feilten. Internet, Video, Social-Media und auch Online-Gaming sollten auf mobilen Endgeräten ohne Probleme funktionieren. Dafür wurde LTE mit Mimo-Antennentechniken bei der Luftschnittstelle aufgebaut, um mehr aus dem Frequenzspektrum herauszuholen. Paketlaufzeiten (Roundtrip – Pingzeit) von 30 Millisekunden machen heute die Datenkommunikation flüssig und gut nutzbar.

Für diese Einsatzzwecke wird die 4G-Technologie auch in einer jetzt noch fernen 5G-Zukunft nicht obsolet. Breitbandkommunikation ist die Stärke von LTE. Und dennoch haben schon 2010/2011 Forscher begonnen, darüber nachzudenken, was man bei einer folgenden Generation besser machen könnte. Sie diagnostizierten Verbesserungsbedarf in einigen Bereichen. Beispielsweise sollten die Signale weitgehend stumm geschaltet werden können, um Interferenzen zu verringern und um den Energieverbrauch im Netzwerk und bei den Endgeräten zu senken.

Während diese Punkte zu den kleineren Optimierungspotenzialen gehörten, warfen sie auch grundsätzliche Fragestellungen auf. Es hatte sich herausgestellt, dass die für Breitbandanwendungen konzipierte LTE-Technologie für Schmalbandverkehr und Sensoren, die gerade auch für das Internet der Dinge verstärkt Verwendung finden werden, nicht optimal geeignet ist. So haben zum Beispiel Rauchmeldesensoren einen geringen Bandbreitenbedarf, verlangen aber langlebige Batterien. Ihr Vorteil gegenüber industriellen Sensornetzen ist, dass man sie unabhängig (etwa auf dem Land) einsetzen kann, wenn man sie über mobile zellulare Netze anbindet. Dafür wäre eine Funktechnologie nötig, die es ermöglicht, mobile Endgeräte zu bauen, die vergleichsweise wenig kosten und  mehrere Jahre mit einer Batterieladung auskommen können. 5G wird so konzipiert, dass mehr Geräteklassen, insbesondere so genannte Low-End-Devices, unterstützt werden als bei 4G.

Ein weiterer Aspekt war der Wunsch, die von LTE bekannten Latenzzeiten beträchtlich zu senken, um weitere Anwendungsbereiche (insbesondere in der Maschinenkommunikation) zu ermöglichen. Ein Beispiel: Die Latenz müsste unter 10 ms sinken, damit Automobilhersteller Fahrzeugassistenz-Systeme marktreif machen können, die das Verhalten von PKWs unmittelbar vor dem Aufprall steuern. Die Idee ist, dass sich die in die PKWs integrierten Systeme über M2M-Kommunikation absprechen, insofern ein Unfall durch Menschenhand nicht mehr zu vermeiden wäre. In Sekundenbruchteilen berechnen sie das Kollisionsszenario und den Aufprallwinkel, um daraus die Gurtstraffung oder auch die Öffnung des Airbags zu berechnen und so die Unfallfolgen abzumildern.

Die Entwicklung könnte also in zwei Richtungen gehen: Einerseits sollen Breitbanddienste, die LTE bereits leistungsfähig bietet, noch spektrums-, energie- und kosteneffizienter werden. Das dürfte in erster Linie Netzbetreibern helfen, deren Geschäftsmodell angesichts rasant steigender Nachfrage der Endkunden aber dennoch stagnierender Einnahmen – etwa durch Flatrate-Tarife – gefährdet ist. Andererseits könnten nicht traditionelle Anwendungen mit kleinen Datenpaketen integriert werden. Dieser kleine Paketverkehr funktioniert für Sensoren ebenso wie für Aktoren, also Wandler, die elektrische Signale in mechanische Bewegung oder andere physikalische Größen umsetzen, wie etwa Messaging-Systeme. LTE-Mobilfunknetze, die Sensorverkehr transportieren, arbeiten dabei aktuell in einem Modus, für den sie nicht optimal ausgelegt sind.

Derzeit kann man davon ausgehen, dass es sich bei 5G um ein Mobilfunknetz handeln wird, das

  • derzeit getrennte Zugangstechnologien für den Anwender unsichtbar zusammenbringt,
  • unterschiedliche Verkehrsarten unterstützt – breitbandigen Multimediaverkehr von Smartphones und Tablets genauso wie schmalbandigen M2M-Verkehr,
  • sich an die jeweilige Kommunikationssituation des Nutzers optimal anpasst, sicher vor Zugriffen ist und die persönlichen Daten der Nutzer schützt,
  • sehr kurze Reaktionszeiten (niedrige Latenz) unterstützt,
  • eine höhere Verfügbarkeit bietet, zum Beispiel ein deutlich verzögertes Abreißen der Verbindung im Funkschatten bei einer Einfahrt eines Zuges in einen Tunnel.

Die zwei letzten Ziele sollen erreicht werden, indem man mehr Funkressourcen – Spektrum und Zeit – zur Verfügung stellt. Will man Daten per Funk mit kleiner Latenzzeit übertragen, muss man dafür sorgen, dass bereits die erste Übertragung erfolgreich ist. Dafür können die Bits zum Beispiel so kodiert werden, dass sie mehr Spektrum benötigen. Oder man benutzt eine zusätzliche parallele Funkverbindung. In jedem Fall wird dadurch die Ressource „Funkspektrum“ stärker beansprucht. Ähnlich ist es, wenn man mehr Verfügbarkeit haben möchte, zum Beispiel unter schwierigen geografischen Bedingungen. Um den Funkschatten ausleuchten zu können, bedarf es dann mehr Spektrumsressourcen. Aus Effizienzgründen gibt man diese Eigenschaften dem Signal nur mit, wenn es wirklich nötig ist.

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