Kommentar: WLAN-Telefone

Die große Enttäuschung

2. Oktober 2012, 17:05 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Neue Hoffnungen im WLAN-Telefon-Markt schnell beerdigt

Auf den einschlägigen Fachmessen im Jahr 2010 wurden jedoch alle Hoffnungen beerdigt: Kein Hersteller bot ein 802.11n-WLAN-Telefon an und es wurden nur minimale Verbesserungen als Weltsensationen verkauft.

Später erblickte die vielversprechende 8400-Serie von Polycom/Spectralink das Licht der Welt. Diese Telefone boten eine App-Umgebung und eine Highspeed-Scanner-Option. Dadurch sollten die klassischen Scanner durch Wi-Fi-Scanner an den verschiedenen Produktionsstandorten ersetzt werden. SpectraLink war damals der führende Anbieter von WiFI-Telefonen, aber der Aufkauf des Unternehmens durch Polycom verhieß nichts Gutes.

SpectraLink verfügte damals über einige starke Partnerschaften (Toshiba und Avaya) und die Geräte waren sogar in den Elektroniksupermärkten zu haben. Der Durchbruch im Consumer-Marktsegment stand kurz bevor und es war nur eine Frage der Zeit bis die SpectraLink-Produkte mit besseren Eigenschaften und niedrigere Preisen endgültig den Markt erobern würden. Damals verbreiteten sich auch die WLAN-Netzwerke in den Unternehmen, Krankenhäusern und sogar die Hotels boten ihren Gästen die WLANs als Standardkommunikationsinfrastruktur an.

Polycom erwarb Spectralink, um das bestehende IP-Telefon-Geschäft in die Welt der drahtlosen Netze zu erweitern. Außer Cisco bot kein anderer Hersteller eine solche Vielfalt an integrierten WLAN-Telefonen an. Irgendwann beschloss Polycom jedoch seinen Fokus mehr auf das Videogeschäft zu legen und vernachlässigte dadurch sein VoIP-Geschäft sträflich.

Unterdessen spielte die Mobilitätrevolution im Markt verrückt. Schlagworte und Konzepte wie „Fixed Mobile Convergence (FMC)“ stellten neue Anforderungen an die Unternehmenskommunikation. Der Hersteller Aastra bietet Funklösungen in den Bereichen DECT, Wi-Fi und FMC an. ShoreTel versucht mit seiner Mobility-Lösung bei den Enterprise-Kunden einzudringen. Cisco bietet mehrere Lösungen in diesem Marktsegment an. Auch Ascom stellt mit seinen integrierten Lösungen die Grundlage für zahlreiche Angebote der unterschiedlichsten Hersteller im UC-Segment. CounterPath gehört inzwischen zu einem wichtigen Anbieter für Softphone-Lösungen. Auf Grund der Marktlage entschied sich Polycom seine komplette Wireless-Sparte – so lange diese noch einen Wert darstellte – zu verkaufen.

Im vergangenen Mai kündigte Polycom seine Absicht an, die komplette Wireless-Division an Sun Equities für 110 Millionen Dollar zu verkaufen. Die Marktanalysten befürworteten den Deal und die Polycom/Spectralink-Partnern schien begeistert zu sein. Der Markt erwartete von diesem Verkauf, dass Sun Equities dem WLAN-Markt neuen Schwung geben würde und die drahtlosen Spectralink-Endgeräte wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen würden. Dieser Schuss ging jedoch in die falsche Richtung los. In ihrem jüngsten Vierteljahresbericht gab Polycom überraschend bekannt, dass der Deal mit Sun Equities tot ist und das Unternehmen wegen der Nichteinhaltung des Vertrags verklagt wird. Im Gegenzug verklagte Sun Equities seinen Vertragspartner Polycom wegen Behinderung des Verkaufs. Polycom wurde von seinen beiden größten Kunden (Lowes und Home Depot) wegen des Verkaufs von Spectralink und somit wegen der Geschäftsschädigung verklagt. Polycom wies zwar darauf hin, dass diese beiden Kunden nur etwa 10 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten, konnte jedoch durch die Klage seine vertraglichen Garantien nicht erfüllen.

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