Mit der Rückkehr ins Büro steigen Stress und soziale Ängste. Gleichzeitig fürchten Remote-Mitarbeiter den Anschluss zu verlieren, wenn die Mehrheit des Teams wieder in Präsenz arbeitet. Wie Führungskräfte diese Überbelastung und das mentale Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden stärken können.
Mit dem offiziellen Ende der Homeoffice-Pflicht, die Ende März in Kraft getreten ist, müssen viele BüroarbeiterInnen wieder zurück an ihren Arbeitsplatz im Unternehmen. Auch wenn das die gewohnten sozialen Strukturen zurückbringt, steigen mit der Rückkehr ins Büro Stressfaktoren und soziale Ängste. Gleichzeitig fürchten Menschen, die weiterhin „remote” arbeiten, den Anschluss zu verlieren, wenn die Mehrheit des Teams wieder in Präsenz arbeitet.
Depressionen und Angstzustände haben ohnehin während der Pandemie zugenommen, das Auf und Ab der vergangenen Monate hat das psychische Wohlbefinden weiter strapaziert. Zur unsicheren Situation kommt häufig noch eine erhöhte Arbeitsbelastung sowie die Vermischung der Grenzen zwischen Privatleben und Beruf. Auch unzureichende Schulungen oder widersprüchliche Signale der Geschäftsführung können zu einer Überforderung führen. Wie können Führungskräfte diese Überbelastung abfedern und das mentale Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden stärken?
Zuallererst: Priorisieren Sie die Gesundheit und das Wohlergehen der Mitarbeitenden. Damit Unternehmen jetzt nicht in eine große Kündigungswelle von erschöpften und ausgelaugten Mitarbeitenden schlittern, sollte es Priorität haben, der Belegschaft die richtige Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Das können anerkennende Maßnahmen sein wie etwa zusätzliche Urlaubstage für die persönliche Erholung oder eine Erhöhung der „Kindkrank-Tage“ für Eltern, um den Betreuungsaufwand zu reduzieren. Aufmerksamkeiten wie ein Wellness-Gutschein oder ein monetärer Ausgleich für erhöhte Internet- und Stromkosten könnten außerdem eine aufmunternde Geste des Arbeitgebers sein. Aber auch längerfristige Strategien, die sich positiv auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirken, müssen in Betracht gezogen werden.
Nachhaltig wirksame und hilfreiche Maßnahmen erfordern ein dauerhaftes Umdenken in der Mentalität des Unternehmens und eine Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Ein Beispiel sind verschiedene Arbeitszeitmodelle. Die Notwendigkeit flexibel arbeiten zu können, ist in der Pandemie noch einmal verstärkt worden – und viele Berufstätige möchten nicht mehr zu einem strikten 9 to 5-Job zurückkehren. Progressive Unternehmen haben spätestens in den letzten zwei Jahren realisiert, dass die Leistung Einzelner nicht an der reinen Arbeitszeit, sondern an der Qualität der Arbeit festgemacht werden sollte. Unternehmen wie Canva beispielsweise haben keine strikten Vorgaben mehr, an wie vielen Tagen die Mitarbeitenden im Büro sein müssen, solange die Aufgaben erledigt werden.
Nicht alle Mitarbeitenden haben dieselben Bedürfnisse; Stress entsteht aus individuell unterschiedlichen Gründen. Deshalb sollten Firmen verschiedene Angebote bereitstellen – zum Beispiel Sonderurlaub zur Pflege Angehöriger, Gesundheitsschulungen, Coaching-Sessions zur Karriere- oder Finanzplanung sowie Meeting-freie Arbeitszeit. Dies ist ein deutliches Empathie-Signal für die Mitarbeitenden und zeigt, dass der Arbeitgeber die unterschiedlichen Bedürfnisse wahrnimmt und auf sie eingeht. Bei Zendesk wurden beispielsweise „Recharge Fridays" eingeführt – ein bezahlter freier Tag pro Monat – um Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, sich zu entspannen und auf sich selbst zu konzentrieren.
Der persönliche Austausch, auch unabhängig von Arbeitsthemen, ist für das psychische Wohlbefinden sehr wichtig. Unternehmen sollten hierfür sichere Räume schaffen. Als Teil der DEI-Strategie (Anm. d. Red: DEI steht für Diversity, Equity & Inclusion) hat Zendesk unter anderem Empathiekreise eingeführt, damit MitarbeiterInnen ihre Erfahrungen innerhalb und außerhalb des Arbeitsplatzes teilen können. Dies führt zu einer stärkeren Integration und kreativeren Ideenfindung, da die Teammitglieder die Erfahrungen und Standpunkte der anderen kennenlernen. Dies wird noch wichtiger in unserer digitalen Arbeitswelt, in der wir uns mehr auf die virtuelle Verbindung mit externen Mitarbeitern verlassen.
Für viele Menschen ist mehr Kommunikation besser als zu wenig. Führungskräfte wachsen daran, nicht nur Informationen zu teilen, sondern ihren Teams mit Einfühlungsvermögen zu begegnen und auf Unsicherheiten einzugehen, auch wenn nicht alle Antworten immer feststehen. Ein zentraler Ort, wie etwa ein interner Helpdesk, an dem Mitarbeitende Fragen und Antworten austauschen können, hilft den Verantwortlichen, Anliegen zu klären und zeigt der Belegschaft, dass sie mit ihren Fragen nicht allein sind.
Unternehmen sollten die gesunde Work-Life-Balance ihrer Mitarbeitenden unterstützen und eine „Always-on“-Kultur unterbinden. Mitarbeitende verdienen Anerkennung dafür, dass sie neue Situationen aufgrund der äußeren Einflüsse so gut sie können auch im Arbeitsumfeld meistern. Die Herausforderungen und Erkenntnisse der Pandemie sollten dazu führen, dass die Diskussion über das psychische Wohlbefinden im Arbeitsalltag einen festen Platz behält.