Kein Recht auf Anonymität

Gericht bestätigt Klarnamenzwang auf Facebook

19. Februar 2013, 15:53 Uhr | Lars Bube
Gefangen im Sozialen Netz: Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Schleswig gilt für deutsche Facebook-Nutzer kein deutsches Recht. (Bild: Kirill Kedrinski)

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat entschieden, dass Facebook seine Nutzer in Deutschland dazu zwingen darf, ihren Klarnamen im Profil anzugeben. Datenschützer sehen darin einen Rechtsbruch.

Deutsche Facebook-Nutzer haben kein Recht auf Anonymität, obwohl das deutsche Gesetz ihnen diese eigentlich zusichert. Das hat das Verwaltungsgericht Schleswig in dieser Woche mit zwei Beschlüssen festgestellt (Az. 8 B 61/12, 8 B 60/12). Damit wurde eine entsprechende Klage des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein abgewiesen. Die Datenschützer hatten das Verfahren im Namen einiger Facebook-Nutzer angestoßen, deren Account von Facebook gesperrt worden war, weil sie ihre richtigen Namen und Kontaktdaten nicht oder nur teilweise hinterlegt hatten. Die Anwälte des ULD beriefen sich dabei auf das deutsche Telemediengesetz (§ 13 Abs. 6), in dem es eindeutig heißt »Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.«.

Die Begründung des Gerichts für die Abweisung der Klage birgt sogar noch wesentlich mehr Sprengstoff: Demnach ist alleiniger Hauptsitz von Facebook in Europa die Facebook Ltd. in Irland, weshalb für das Unternehmen auch alleinig das irische Datenschutzrecht gelte. Das jedoch enthält keinen entsprechenden Passus, der die Anonymität der Nutzer schützt. Nach Auffassung der Richter spielt es dabei weder eine Rolle, dass Facebook mit der Facebook Germany GmbH eine Niederlassung in Deutschland hat, noch dass wesentliche Daten der hiesigen vom Dienstleister Akamai in einem deutschen Rechenzentrum gespeichert werden. Ebenso sei es nicht relevant, dass auch die restlichen Daten nicht in Irland, sondern in den USA gespeichert und verwertet würden.

»Die Entscheidungen sind mehr als verblüffend und gehen in der Argumentation über das Vorbringen von Facebook hinaus, das die Nichtanwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechtes damit begründete, Facebook Inc. in den USA sei nur der Auftragsdatenverarbeiter der Facebook Ireland Ltd. Sie sind in sich widersprüchlich, wenn sie die fehlende rechtliche Relevanz von Facebook Germany damit erklären, dass dort keine Daten verarbeitet würden, zugleich aber das Unternehmen in Irland für zuständig erklären, obwohl dort auch keine Daten verarbeitet werden.«, zeigte sich der Leiter des ULD, der bekannte Datenschutzexperte Thilo Weichert, schockiert von dieser Entscheidung. »Die Beschlüsse des VG Schleswig hätten zur Folge, dass eine One-Stop-Shop-Regelung, wie sie in einer europäischen Datenschutz-Grundverordnung – kombiniert mit einem ausgeklügelten Kooperationssystem der Aufsichtsbehörden – geplant ist, für die IT-Unternehmen gar nicht nötig wäre. Es käme nur darauf an, die Konzernstruktur so zu gestalten, wie es Facebook tut, also eine Niederlassung in einem EU-Staat mit niedrigem Datenschutzniveau für zuständig zu erklären. Dies war nicht die Regelungsabsicht der Europäischen Union.«, so Weichert weiter.

Das ULD hat deshalb bereits angekündigt, die Beschlüsse des VG Schleswig vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein anzufechten und Beschwerde gegen die Begründung einzulegen.


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