Führungskräfte-Radar

Gute Noten für das Krisenmanagement

4. Oktober 2021, 16:30 Uhr | Autorin: Alexandra Hose / Redaktion: Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Führungskräfte als Vermittler

Führungskräfte müssen also Maßnahmen ergreifen, um spontane und informelle Austauschmöglichkeiten auch digital zu schaffen. Ein Pendant zu Kaffeeküche und Flurgesprächen muss im virtuellen Raum erst noch gefunden werden und sich etablieren.  Eine Möglichkeit kann beispielsweise sein, sowohl aufgabenbezogene als auch beziehungsorientierte Anlässe zu schaffen. Das heißt konkret, dass die sonst im Büro ungeplanten Begegnungen geplant herbeigeführt werden. Man verabredet sich online, lässt allerdings bewußt offen, worüber genau gesprochen werden soll – klar ist dabei nur, dass vorrangig nicht über Dienstliches gesprochen wird. 

In vielen Teams gibt es mittlerweile solche Treffen als virtuelle Kaffee- oder Mittagspausen, an denen freiwillig teilgenommen werden kann. Das vereinbaren des Termins fühlt sich zwar zunächst noch etwas gezwungen an,  doch die Kollegen gewöhnen sich schnell daran, diese informellen Treffen nicht mit den offiziellen Besprechungen zu verwechseln, heißt es in der Studie. Und ein Kaffeebecher in der Hand kann das Signal sein, dass gerade Pause und Zeit für Zwischenmenschliches ist.

Einschätzung der eigenen Situation 

Für die einzelne Führungskraft, die auf die Krise reagieren soll, ist vor allem das direkte Umfeld wichtig. Gibt es dort die nötigen Ressourcen und Kompetenzen? Gibt es ein solides Fundament gegenseitigen Vertrauens? Wie kollegial ist das Betriebsklima? Der Führungskräfte-Radar der Bertelsmann Stiftung zeigt hierzu ein erfreuliches Bild in der deutschen Wirtschaft. Zwei Drittel der Befragten empfinden, dass die Ressourcen und Kompetenzen (65,4 Prozent) und das Vertrauen (70,3 Prozent) gegeben sind. Nur eine kleine Minderheit von jeweils 7,5 Prozent und 7,1 Prozent stimmt dem nicht zu. Die große Mehrheit empfindet hingegen starken Rückhalt im eigenen Unternehmen.

Als sehr positiv bewerteten die Führungskräfte auch ihre eigene Situation während der Corona-Pandemie. Es wurde im Rahmen der Studie erhoben, ob sie persönlich Nachteile, moralischen Druck, Zweifel am Sinn der eigenen Arbeit oder den Wunsch nach einer Neuorientierung verspüren oder verspürten. Dies ist bei den meisten Befragten nicht der Fall und daher eine gute Nachricht, da die Führungskräfte in dieser Krise recht gefestigt zu sein scheinen. Aus dieser positiven Position heraus fällt es leichter, das Thema der kollegialen Entkopplung wiederum mit den eigenen MitarbeiterInnen zu bearbeiten. Die meisten Führungskräfte haben also keine Enttäuschungen bei der Produktivität im Zuge der Corona-Pandemie erlebt. Und auch die Vorbehalte gegenüber dem Homeoffice scheinen allmählich abzunehmen.

Flexibles Verhalten gewinnt

Die Krise hat im besten Fall also gezeigt, wie flexibel Unternehmen, ihre Führungskräfte und auch die Mitarbeiter sind. Neue Arbeitsmodelle werden vielerorts ausprobiert, es wird  zusehends mit neuen Konzepten experimentiert. Dem einstigen Misstrauen in mobiles Arbeiten steht nun Vertrauen, Menschlichkeit und Kooperationsfähigkeit entgegen. Ein kooperatives Führungsverständnis ist entstanden. Corona ruft nicht mehr den Macher früherer Zeiten hervor, sondern den Vermittler.  Nicht das Bestimmen wo es langgeht, sondern einen gemeinsamen Weg zu finden, ist die neue Basis des Führens.

Die Zeit der Einzelkämpfers in der Führungsriege ist in vielen Unternehmen also vorbei. Nur wenn es allen Teams und Mitarbeitern gut geht, geht es auch der Organisation gut. 

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Erkenntnisse aus dem Führungskräfte-Radar

Auch HR und Personalentwicklung werden neue Wege beschreiten müssen. Wie aus dem Führungskräfte-Radar hervorgeht, sind viele Maßnahmen aus der analogen Welt nicht eins zu eins auf eine digitale oder hybride Arbeitswelt übertragbar: Das gilt sowohl für die Mitarbeiterbeurteilungen bei mobilem Arbeiten wie auch die Bewertung von Arbeitszeiten bis hin zur Schaffung von Begegnungsräumen, um einer Spaltung der Belegschaft vorzubeugen.

 

Signifikante Zahlen:

70,3 Prozent der Führungskräfte sagen, dass sie auf ein solides Fundament gegenseitigen Vertrauens bauen können.  

43,2 Prozent der Führungskräfte äußerten den Wunsch, baldmöglichst wieder ins Büro zurückzukehren.

75,1 Prozent stimmten zu, dass ihr Unternehmen angemessen auf die Corona-Krise reagiert hat.

40,8 Prozent stimmten zu, dass das Betriebsklima kollegialer geworden ist.

 

Zur Methodik des Führungskräfte-Radars: Hinter den hier vorgestellten Ergebnissen stehen Daten aus dem Führungskräfte-Radar 2020/21 der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke. Die Befragung wurde von Ipsos im September und Oktober 2020 nach dem ersten und vor dem zweiten Corona-(Teil-)Lockdown vorgenommen. An der Studie haben 1.010 Führungskräfte aller Führungsebenen aus Deutschland teilgenommen. Die Autoren der Studie sind Guido Möllering und Sabrina Schuster von der Uni Witten/Herdecke, sowie Martin Spilker von der Bertelsmann Stiftung. In Auszügen wurde der vorliegende Text der Studie entnommen.


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