Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen die Selectronica-Geschäftsführer Daniela Kaufhold und Stephan Meyer. »Bei uns sind bereits rund 200 Anzeigen von Kunden eingegangen, die nach Warenrücksendungen kein Geld gekriegt oder bereits bezahlte Ware nicht erhalten haben«, berichtet die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Doris Möller-Scheu: »Dass sich die Beschwerden in letzter Zeit häuften, spricht für eine Zahlungsunfähigkeit«. Jedoch habe Selectronica bisher noch keinen Antrag auf Insolvenz gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittle nun wegen Insolvenzverschleppung und Betrug.
In dem Medienecho, das auf die Aufnahme der Ermittlungen und die Durchsuchung der Selectronica-Geschäftsräume Ende vergangener Woche folgte, war die Schuldfrage eindeutig beantwortet: Bei dem Unternehmen handele es sich schlicht um einen weiteren unseriösen Internet-Anbieter, so der Tenor der Berichte von RTL, WDR und FAZ. Einen deutlich anderen Standpunkt nimmt dagegen Martin von Hermanni ein, der seit 2002 – darunter bis 2006 als Geschäftsführer – bei Selectronica beschäftigt war. »Wir waren immer ein ganz typischer 98-Prozent-Feedback-Powerseller – also genau mit der für Ebay noch guten Kundenzufriedenheit«, so von Hermanni, der das Unternehmen aus persönlichen Gründen im März 2008 verlassen hat.