Markterfolg durch integriertes Multi-Channel Management (Fortsetzung)
- Markterfolg durch integriertes Multi-Channel Management
- Markterfolg durch integriertes Multi-Channel Management (Fortsetzung)
Flexibilität unbedingt erforderlich
Die heterogenen Systemlandschaften mit teilweise weit über 400 Geschäftsprozessen sowie keine allgemein akzeptierte Modularisierung der Informationsverarbeitung behindern die Banken bei der Umsetzung und dem Vertrieb neuer Produkte. Um nachhaltig Erfolg zu sichern, ist eine flexible Gestaltung der Prozessabläufe unabdingbar, da nur so schnell auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Märkte reagiert werden kann. Die Bankenwelt steht, analog zur Automobil- und Maschinenbauindustrie, vor einer weit reichenden Industrialisierung.
Heute werden häufig die Kunden über separate Wege bedient. Eine Harmonisierung über Kanäle und Produktsparten findet nur bedingt statt. Dies kann zu uneinheitlichen Informationen führen, da Veränderungen in den Informationssystemen häufig mehrfach pro Kanal durchgeführt werden müssen. Unzufriedene Kunden sind die Folge, was wiederum zu kürzeren Geschäftsbeziehungen und einer niedrigeren Profitabilität führt. Eine skalierbare Kommunikationskanalplattform ist somit eine elementare Voraussetzung zur einheitlichen Kommunikation mit dem Kunden über alle Kanäle hinweg.
Ziel der Banken muss es sein, einheitlich aussehende Kontoauszüge aus dem Kontoauszugsdrucker, dem Online-Banking oder dem Postversand den Kunden zur Verfügung zu stellen. Ebenfalls sollten Finanzinstitute Formate anbieten, die in den Systemen der Kunden weiterverarbeitet werden können. Dies steigert die Kundenbindung.
Immer mehr Kunden fordern eine Vermögensübersicht, auf der verschiedene Informationen in einem Dokument, zum Beispiel eine Historie der Guthaben, zusammengeführt werden. Dies wird heute nur von ganz wenigen Banken genutzt. Wertorientierte Geschäftsprozessanalyse
Eine simultane Planung und Umsetzung der Systemlandschaft für die Erstellung der Produkte (Prozessbetrachtung) und die Distribution der Produkte (Dokumentenbetrachtung) kann die Kundenbindungsrate im Bankensektor erhöhen. Bedauerlicherweise sind in der Praxis diese beiden Wertschöpfungsketten in unterschiedlichen Bereichen angesiedelt und werden auch auf der Anbieter- und Systemintegratorenseite durch unterschiedliche Parteien angeboten. Häufig ist in den meisten Projekten für Planung und Umsetzung der Produktdistribution (zum Beispiel, Begrüßungsschreiben) weder Zeit noch Budget vor dem Go Live-Termin vorhanden. Das Vorgehen ist vergleichbar damit, dass Automobilhersteller etwa ihre Autos ohne Lackierung versenden. Da solche Systemlandschaften nach der Implementierung manifestiert sind, muss der Kunde dann singulär über verschiedene Kanäle bedient werden.
Ein Lösungsansatz wäre die wertorientierte Geschäftsprozessanalyse, die das gleichgewichtige Bewerten von Informationstechnologien als »Business Enabler« und Kommunikationstechnologien als »Communication Enabler« unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Veränderungen auf den Wert der Kundenbasis vornimmt. Dabei ist ein Trade off zwischen Kosten und Erlösen zwischen den beiden Verbesserungsalternativen, dem Business Process Engineering und Business Communication Engineering, zu wählen. Neben der klassischen Geschäftsprozessbetrachtung stehen bei dieser Art der Prozessanalyse die ein- und ausgehenden Dokumente mit ihren Datenströmen im Hinblick ihrer Tauglichkeit zur Unterstützung des Multi-Channel Managements, sowie die wesentlichen Erlös- und Kostentreiber als Ursache und Wirkungsgrößen im Betrachtungsfeld.
Anwendungsbeispiele aus dem Bankensektor
Elemente des Verfahrens wurden dazu genutzt, um im Rahmen einer geplanten SAP-Einführung des Transaction Bankings sicherzustellen, dass die fachlich gewünschten Anforderungen auch umgesetzt werden können. Hierzu wurde eine Geschäftsprozessarchitektur entwickelt, die eine durchgängige Betrachtung von der Entscheidungsträgerebene bis hin zum lauffähigen System gewährleistet. Entgegen der klassischen Vorgehensweise wurde deutlich, dass die Distribution der im SAP zu erzeugenden Dokumente aus verschiedensten Gründen (zum Beispiel: Kanalunterstützung, Skalierbarkeit) nicht abbildbar ist. Das Unternehmen hat sich zur Abdeckung der vielfältigen Kommunikationsanforderungen deshalb entschieden, ein eigenständiges Output-Management-System zu etablieren. Neben der Reduzierung der IT-Kosten spielte hier auch die Einbindung von Legacysystemen sowie das Bedienen spezieller Druckdatenströme (RDI, AFP) eine wichtige Rolle.
Mit der Einführung des mandantenfähigen SAP-Systems konnte die Anzahl der Bankenkernprozesse von 120 auf 31 reduziert und die Komplexitätskosten im Transaction Banking seit 2001 um vierzig Prozent gesenkt werden. Mit dem neuen Programm konnten diese Kosten um weitere 30 Prozent verringert werden. Auf der Kommunikationsseite ist mit dem eingeführten Output-Management-System das Transaktionsvolumen der Dokumente und deren unterschiedlichen Layout-, Format- und Kanalanforderungen flexibel gestaltbar. So bringt allein die optimierte Erstellung des Begrüßungspaketes für Neukunden eine Einsparung von jährlich 2,5 Millionen Euro.
Für eine Autobank wurde untersucht, ob sich die Etablierung eines neuen Kommunikationskanals in die bestehende Systemlandschaft wirtschaftlich rechtfertigen lässt. Die heutige Systeminfrastruktur ist durch eine hohe Heterogenität geprägt und die angebotenen Produkte, sowie die damit verbundene Erstellung der Rechnungen und Kontoauszüge, erfolgt durch verschiedene Wege. Insbesondere ist aufgrund der gewachsenen Strukturen eine konsequente Trennung von fachlichen Informationen (Nettodaten) und Layoutinformationen (Bruttodaten), in den Datenströmen nicht möglich. Darüber hinaus werden die benötigten Layoutinformationen kanalspezifisch vorgehalten, was bei der Einführung neuer Produkte und der damit verbundenen Versendung von Produktinformationen zu mehrfachem Erstellungsaufwand führt. Neben den notwendigen Abstimmungen kommt es zudem immer wieder zu dezentral entstehenden Fehlern.
Für die Entscheidungsfindung konnte im Rahmen der Untersuchung deutlich gemacht werden, dass anhand der zwei ausgewählten Dokumente bei einem Umstieg auf eine skalierbare Kommunikationsplattform zirka 1,5 Millionen Euro eingespart werden können. Darüber hinaus können dadurch auch die Marketinganforderungen kostengünstiger und zeitgerecht abgewickelt werden.
Die beiden Fallbeispiele haben gezeigt, dass die Kosten für die Kommunikation über verschiedene Kanäle gesenkt werden können und sich zu dem Informationen aus verschiedenen IT-Systemen in einem Dokument vereinen und in verschiedenen Formaten zur Verfügung stellen lassen. All diese Verbesserungspotenziale sind durch die wertorientierte Geschäftsprozessanalyse sichtbar und messbar geworden. Dem Management hat diese Kenntnis geholfen, den Return-on-Investment besser zu beurteilen.
Prof. Dr. Bernd Skiera, Lehrstuhl für E-Commerce an der Universität Frankfurt/Main; Donovan Pfaff;
Dr. Gerhard Keller, Bonpago GmbH