EU-Wettbewerbsverfahren, Open Source-Konkurrenz und neue Softwaredienste im Internet – Microsoft-Partner sahen sich in letzter Zeit mit einigen Unsicherheiten konfontiert. Doch für Achim Berg bietet der Softwaregigant weiterhin großes Potential für Partner, wie der Microsoft-Chef im CRN-Exklusiv-Interview erklärt.
CRN: In Ihrer Keynote auf der Partnerkonferenz sind Sie auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs eingegangen und haben die EU-Kommission kritisiert, die von Microsoft fordert, die Schnittstellen des Windows Servers offen zu legen. Wenn ich Ihre Argumentation richtig verstehe, nimmt die Kommission dem Unternehmen damit einen Wettbewerbsvorteil, weil der Mehrwert des Microsoft- Portfolios auf der engen technischen Verknüpfung der einzelnen Produkte beruht.
Berg: Das war die Aussage. Ansonsten wollte ich die Entscheidung gar nicht groß kommentieren, weil wir uns schlicht daran halten werden. Wir werden weder unsere Investitionen in Europa zurückziehen noch sonst in irgendeiner Weise beleidigt reagieren. Wir akzeptieren den Spruch ganz einfach.
Inzwischen arbeitet Microsoft enger als früher mit der Konkurrenz, etwa mit Novell und anderen Open-Source-Firmen, zusammen, um es Kunden einfacher zu machen, Produkte aus verschiedenen Welten zusammen zu betreiben. Das wird in der Branche als »Interoperabilität« bezeichnet. Ist die Ausgangssituation überhaupt noch die gleiche wie zu dem Zeitpunkt, als die EU-Kommission das Verfahren eingeleitet hat?
Microsoft ist heute wesentlich offener, und darin liegt vielleicht der große Unterschied zu der Zeit vor fünf, sechs, sieben Jahren. Das ist das Verrückte an der ganzen Sache. Es gibt niemanden, der so offen ist, der so viele Schnittstellen hat wie Microsoft. Letztlich ist das Unternehmen sogar durch seine Offenheit groß geworden, weil seine Software auf jedem PC einsetzbar ist. Im Unterschied zu einer Apple, deren Betriebssystem nur auf der eigenen Hardware läuft. Aber tatsächlich ist Microsoft heute anders als noch vor fünf Jahren.
Wie würden Sie die Balance aus Wettbewerb und Kooperation mit dem Open-Source-Lager beschreiben?
Open Source sehe ich ganz klar neben den Consumer-Electronics- Anbietern und Google als einen unserer drei Hauptwettbewerber an. Andererseits gibt es eine Ignoranz gewisser Wettbewerber, die meinen, nur die eigene Welt, eine Monokultur, sei das Beste für den Kunden. Das sind die Anbieter, ich nenne bewusst keine Namen, bei denen nichts mehr funktioniert, sobald man sich nur einen Meter aus ihrer Welt herausbewegt. Richtig ist nach meiner Überzeugung, dass man dem Kunden bestimmte Produkte anbietet, ihm aber zugleich die Möglichkeit lässt, vorhandene Ressourcen einzubinden und weiter zu nutzen. Deshalb sind wir eine sehr enge Kooperation mit Novell eingegangen, und seit kurzem auch mit Sun Microsystems. Die Entscheidung, auf diese Wettbewerber zuzugehen, halte ich für den richtigen und schlausten Weg.