Öffentliche IT als ­geschützte Werkstatt

14. September 2008, 17:13 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Inhouse« soll ausgeweitet werden

Bislang genießen lediglich sogenannte Inhouse-Geschäfte das Privileg, vom Vergaberecht ausgenommen zu sein. Voraussetzung ist, dass der betreffende öffentliche Auftraggeber die IT-Gesellschaft »wie eine eigene Dienststelle« beherrscht. Diese Ausnahme rechtfertigt sich dadurch, dass es keinen Unterschied machen kann, ob eine eigene Abteilung oder eine eigene Gesellschaft die Leistung ausführt. Nach den Plänen der Bundesregierung soll diese Beherrschung der Gesellschaft durch den konkreten Auftraggeber zukünftig nicht mehr erforderlich sein. Nicht einmal seine Beteiligung wäre notwendig. Es würde vielmehr genügen, dass der kommunale IT-Dienstleister selbst zugleich als öffentlicher Auftraggeber qualifiziert werden kann, das heißt zum Beispiel, eine Kommune alleinige Gesellschafterin ist. Liegt diese Voraussetzung vor – und dies dürfte bei der überwiegenden Zahl der kommunalen IT-Dienstleister der Fall sein – unterliegt eine Be­auftragung generell nicht mehr dem Vergaberecht. »Inhouse« wäre damit der gesamte öffentliche Bereich als in sich geschlossener und für die Privatwirtschaft verschlos­sener Kreis. Eine bayerische Kommune könnte somit ohne eine ­Ausschreibung ein kommunales ­Rechenzentrum aus Westfalen-Lippe beauftragen. Die bei der Öffentlichen Hand für die Beschaffung Zuständigen werden die Botschaften des neuen Änderungsentwurfes nur zu gerne hören, denn zahlreiche Aspekte sprechen aus ihrer Sicht für eine direkte Vergabe an kommunale IT-Dienstleister: Man entledigt sich des engen Korsetts des Vergaberechts, ist nicht dem Risiko von Beanstandungen ausgesetzt, kann über ein Angebot verhandeln und unterliegt keinen Begrenzungen bei Vertragsänderungen oder Vertragsverlängerungen. Für die kommunalen IT-Dienstleister erschließt sich exklusiv ein neuer, bundesweiter Kundenkreis über die bisherigen Gebietsgrenzen hinaus. Wollten private IT-Unternehmen ein Stück vom Kuchen erhalten, bliebe ihnen nur noch die Möglichkeit, sich als Subunternehmer der kommunalen IT-Dienstleister im Rahmen eines formalen Vergabeverfahrens um Unteraufträge zu bemühen.


  1. Öffentliche IT als ­geschützte Werkstatt
  2. »Inhouse« soll ausgeweitet werden
  3. Widerspruch zum EU-Recht
  4. Fehlende Transparenz – ­weniger Wettbewerb
  5. Vergaberecht muss reformiert werden

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