Nachdem die Konkurrenz nahe zum Marktführer VMware aufgeschlossen hatte, lag es an der EMC-Tochter, die Messlatte höher zu legen. vSphere 4 soll das erste wirkliche Cloud Operating System sein, schenkt man den Verkaufs-Strategen glauben. Lässt man den Marketing-Hype beiseite, trifft man im Kern der Lösung auf den ESX Server 4 mit dem Virtual Center Server 4. Wie bisher kontrolliert der ESX Server die physikalischen Rechner eines VMware-Clusters. Der vCenter-Server verwaltet einen oder mehrere Verbände von ESX 4-Maschinen.
Ab der Version 4 abstrahiert VMware das Management stärker vom eigentlichen Host und macht den ESX 4-Node zum simplen Virtualisierungsknecht. Ein aufwändigeres Benutzersystem erlaubt es, detaillierte Rechte auf Maschinen, Ressourcen und VM-Gruppen zu vergeben. Ein gegenüber der Vorgängerversion wesentlich detaillierteres Reporting gibt einen genauen Aufschluss über den Ressourcenverbrauch der VMs. Zudem hat VMware die Alarmierung verbessert, so dass der Verwalter frühzeitig über drohende Engpässe informiert wird. Mehrere Vcenter-Server lassen sich ausfallsicher gruppieren.
Auch ESX 4 legt gehörig an Funktionalität zu. Ein Cluster aus mehreren Servern kann jetzt Ausfallsicherheit für VMs offerieren. Eine laufende VM wird dabei in Echtzeit auf einen zweiten ESX-Host gespiegelt. Fällt der erste aus, läuft die VM auf dem zweiten ohne Neustart weiter. Ein ESX-Cluster kann nun CPUs verschiedener Typen enthalten. Die zu den VMs durchgereichten CPU-Funktionen werden dabei auf den kleinsten Nenner reduziert.
Im Test setzt Network Computing beispielsweise Server mit Penryn-Xeons und Nehalem-Xeons ein. Der Cluster schränkt die CPU-Features für VMs auf die Penryn-Instruktionen ein und kann mit vMotion laufende Maschinen zwischen den Nodes verschieben. Die virtuellen Platten laufender Maschinen lassen sich nun per GUI von einem Speicher zum anderen verschieben (Storage-vMotion). Dieses Tool gibt es bereits seit ESX 3.5, bislang war es aber nicht über den vCenter-Client nutzbar.
Die virtuelle Hardware der VMs erlaubt nun mehr Geräte als bisher: zehn NICs, acht CPUs oder 256 GByte RAM. Der Verwalter kann zudem einer laufenden VM neue Disks zuweisen. Der ESX Server 4 legt virtuelle Festplatten nicht mehr statisch mit voller Größe auf den SAN-Laufwerken via FC, iSCSI oder auch NFS an. Vielmehr gibt es nun ein Thin Provisioning-Disk-Format. Die Konfiguration bestehender Maschinen mit statischen Disks lässt sich dabei über vMotion auf das neue Format umstellen.
VMware führt mit VSphere 4 unzählige neue Funktionen ein, von welchen Network Computing im ersten Schritt nur einen Bruchteil getestet hat. Die neuen Backup- und Virtual LAN-Funktionen bleiben aktuell noch außen vor. Trotz der enormen Funktionserweiterung hat der Hersteller einen sanften Migrationspfad geschaffen, über den sich binnen weniger Stunden bestehende ESX 3.x-Cluster auf die neue Version hieven lassen. Im Labortest schaffen rund 30 VMs den Umstieg von ESX 3 auf 4 in etwa einer Stunde. Die laufenden VMs kommen dabei mit zwei Neustarts (Migration & Update der virtuellen Hardware) und somit einer geringen Downtime von wenigen Minuten aus.
vSphere 4 bleibt das Maß aller Dinge in Sachen Server-Virtualisierung und die erste Wahl bei großen Installationen. Dafür muss der IT-Manager je nach Funktionen und Größe der Installation aber auch etliche Euros auf den Tisch legen. Allerdings hat VMware die Preise gesenkt und packt deutlich mehr Funktionen in die Software als bisher.