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Smog in der Messehalle (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 23.2.2008 • ca. 2:35 Min


Die Wasserfallanzeige ist sowohl über die Zeit als auch über das Spektrum fast vollständig mit Aktivitäten oberhalb -70 dBm (grün, gelb, rot) gefüllt. Die über das gesamte Spektrum verteilten roten Pünktchen deuten auf Bluetooth-Aktivitäten hin. Da bleibt wenig Platz für qualitativ hochwertiges WLAN bei 2,4 GHz. Das 5-GHz-Spektrum ist kaum belastet. Hier sollten qualitativ hochwertige WLAN Anwendungen möglich sein.

Leider konnten mit der Ortungsfunktion des Cognio-Spektrum-Experten nicht alle Komponenten genau verifiziert werden. Drahtlose Audio- und Video-Übertragungen und auch die Funkfernsteuerung des allgegenwärtigen Modellluftschiffes nutzten, wie uns auf Nachfrage mitgeteilt wurde, Frequenzen im dreistelligen MHz- beziehungsweise UHF-Bereich. Für die genannten Funkanwender gibt es aber jeweils auch Geräte im Markt, die das 2,4-GHz-ISM-Band verwenden. Um genau herauszufinden, welches Gerät die unliebsame Aktivität verursacht, hätte man alle bereits identifizierten Geräte nacheinander abschalten müssen. Dies konnte natürlich bei laufender Veranstaltung nicht durchgeführt werden.

Das undurchsichtige Frequenzchaos, welches sich bei der Spektrumanalyse im 2,4-GHz-Band zeigt, ist in der Tat mit dem Begriff Elektro-Smog treffend beschrieben. Die maximale Empfangssignalstärke, die hierbei gemessen wurde, hat allerdings den Wert von -50 dBm nie überschritten. Für die »Elektrosensiblen« unter uns: das sind 0,00001 Milliwatt.

Die vom Interopnet-WLAN zu erwartende Netzwerkleistung lässt sich am besten aus den Abbildungen 3 und 4 ablesen. Die Aussagen der Spektrumanalyse werden hiermit untermauert.

Rund 50 verschiedene b/g-Access-Points erzeugen sehr starke Crosschannel-Interferenzen. Daher waren nur in sehr kleinen Bereichen der Messehalle brauchbare Datenraten zu erwarten. Die simulierte Netzwerklast ist auf lediglich 10 Prozent eingestellt (siehe Schiebeschalter). Die per Spektrumanalyse ermittelte Kanalauslastung liegt regelmäßig höher. Unter diesen Bedingungen kann man froh sein wenn es bei 2,4 GHz überhaupt kurzzeitig Verbindungen zum Internet gibt. Anwendungen wie VoWLAN oder Videostreaming dürften zumindest zeitweise ins Stottern kommen.

Im 5-GHz-Band werden mindestens 18 MBit/s beziehungsweise großflächig 54 MBit/s berechnet. Diese Werte werden selbst bei 100 Prozent der Netzwerklast erreicht. Die Kanalauslastung von wenigen Kanälen in der Spektrumsanalyse haben wir hier regelmäßig mit kleiner 10 Prozent ermittelt. Beim Versuch, E-Mails über die SSID »interopvisitor« abzuholen, bestätigte sich diese Durchsatzvoraussage deutlich. Ein testweise eingesetztes Smartphone mit einem b/g-WLAN-Interface meldete die erfolgreiche Synchronisation des Exchange-Offline-Ordners erst nach rund 20 Minuten. Der im Tablet-PC implementierte ABG-Adapter verband sich ausschließlich mit dem 5-GHz-Netzwerk und bot dort auch die erwartete Netzwerkperformance.

Das Fazit, welches sich für den WLAN-Fachmann aus der betrachteten Planungssituation ergibt, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Die WLAN-Infrastruktur eines Gebäudes mit mehr als einem Access-Point muss geplant und für Betreiber und Errichter dokumentiert werden. Die Planung kann per Simulation erfolgen. Zur Verbesserung der Planungssicherheit kann diese durch eine Standortbegehung ergänzt werden. Pflicht ist die protokollarische Standortbegehung nach der Installation, bei der mit einer Mapping-Software mindestens folgende Linkparameter kartografiert werden:

  • Empfangssignalstärke in dBm,
  • Signal-Rausch-Abstand in dB,
  • Cross-Channel-Interferenz in dBm sowie
  • die zu erwartende Bitrate in MBit/s.

Für Gebäudebetreiber wird es notwendig sein, das unregulierte aber lizenzfrei zu nutzende 2,4-GHz-ISM-Band lokal auf privater Basis zu regulieren. Aus Nachhaltigkeitsgründen gilt dies natürlich auch für die 5-GHz-Bänder und alle weiteren lizenzfrei zu nutzenden Spektren beispielsweise bei 433 und 868 MHz.

Vor dem Hintergrund der großen Beliebtheit des 2,4-GHz-Bandes müssen die verfügbaren 5-GHz-Bänder in WLAN-Planungen einbezogen werden. Spätestens seit dem Einzug von Channelbonding in den neuen WLAN-Standard IEEE 802.11n ist dies quasi Pflicht. Da unbürokratisch nutzbare Frequenzspektren immer ein knappes Gut sein werden, sollte die Dect-Telefonie bei 1990 MHz nicht in Vergessenheit geraten.

Dipl.-Ing. René Kriedemann, 2ndwave WLAN consulting,
Prof. Dr. Bernhard G. Stütz, dg@networkcomputing.de