Dirt 3

Spieletest Rallye-Simulation Dirt 3

3. Juni 2011, 12:02 Uhr |

Als bei der Colin-McRae-Serie nach fünf Spielen öde Routine einkehrte, musste sich Codemasters etwas Neues überlegen. Das Ergebnis hieß "Dirt" und machte aus einer Rallye-Simulation eine komplette Offroad-Welt. Wir haben das Spiel getestet.

Zwar mangelt es an neuen Ideen, dennoch ist "Dirt 3" ein Rallyespiel der Extraklasse.

Stattdessen lautete das Motto offensichtlich: "Zurück zu den Anfängen!" Statt eines interaktiven 3D-Fahrerlagers gibt es wieder herkömmliche Menüs, statt einer offenen Karriereleiter relativ linear ablaufende Meisterschaften. Zudem wurde von der Kundschaft immer wieder der Ruf nach mehr echten Rallyes laut. Und tatsächlich erfüllt Codemasters diesen Wunsch - der Anteil an Rallye-Etappen geriet so hoch wie seit den originären Colin-McRae-Teilen nicht mehr. Allerdings sind es wieder nur einzelne Etappen, zu denen man antritt - ganze Rallyes oder gar eine komplette WM bleiben Fehlanzeige.

Angesichts des gestärkten Rallye-Anteils wirkt es etwas seltsam, dass erstmals der Name Colin McRae gar nicht mehr auftaucht. Statt des 2007 tödlich verunglückten Ex-Weltmeisters, dessen Ruhm wohl vor allem außerhalb Großbritannien inzwischen deutlich verblasst, rückt verstärkt US-Boy Ken Block ins Rampenlicht. Der gehört in der klassischen Rallye-Disziplin zwar nicht unbedingt zur absoluten Weltspitze, ist dafür aber für seine Gymkhana-Auftritte umso berühmter.

Unter Gymkhana muss man sich eine Art Skateboard-Park für Autos vorstellen: Es wird über Hindernisse gehüpft und drumherum gedriftet, was das Zeug hält. Die Gymkhana-Stunts sind ein integraler Bestandteil des Spiels, was die Bemühungen um eine Rallye-lastigere Ausrichtung doch ein wenig konterkariert. War zum Beispiel die Teilnahme an den X-Games in "Dirt 2" noch optional, muss man nun die Gymkhana-Wettbewerbe teilweise zwingend bewältigen, um in der Karriere voranzukommen.

Apropos Karriere: Die wurde deutlich entschlackt. Zwar spricht Codemasters von mehr Autos, Strecken und Events denn je. Die "Dirt Tour" hat jedoch vielleicht noch 20 Prozent des Umfangs gegenüber dem entsprechenden Modus des Vorgängers und besteht aus lediglich vier Saisons. Das ist nicht grundsätzlich negativ anzusehen, stellte sich in "Dirt 2" doch irgendwann langweilige Routine ein. Den Karrieremodus von "Dirt 3" bewältigt man jedoch arg schnell - dass Etappen teilweise recycelt wurden, kommt noch dazu.

All das wird durch die großartige Fahrzeugauswahl mehr als kompensiert. Neben den eher langweiligen, aktuellen S2000- und WRC-Autos sowie allerlei echten Offroad-Kisten gehören nun auch rund zwei Dutzend Rallye-Klassiker zum Fuhrpark - vom Mini Cooper über den Opel Manta 400 bis hin zu Gruppe-B-Monstern wie dem Audi Sport Quattro S1 in der Pikes-Peak-Version.

Nach eigenen Angaben hat Codemasters dabei auch die Physik ordentlich umgekrempelt, realistischer denn je soll "Dirt 3" sein. Von Entwicklern großspurig angekündigte, im Spiel dann jedoch nicht zu erkennende "Optimierungen" des Fahrverhaltens sind an sich keine Seltenheit. Hier hat Codemasters aber Wort gehalten - wenn auch nicht unbedingt im positiven Sinne.

Je nach Fahrzeug, Modus und Strecke ähnelt das Handling im besten Fall stark dem Vorgänger, von der angeblich deutlich komplexeren und genaueren Physik ist nur sehr wenig zu merken. Im schlechtesten Fall hingegen wird die Freude schnell zum Frust am Fahren. Grundübel ist eine gewisse Bockigkeit in Biegungen. Beim Einlenken lässt sich schlecht abschätzen, wie weit sich das Fahrzeug in die Kurve eindreht - es ist in dieser Phase auch relativ resistent gegenüber Korrekturen. Kommt es zu einem richtigen Drift, reagiert der Untersatz auf Lenkmanöver zuerst gar nicht und dann absolut schlagartig. Dieser Gegenschwenk ist meist sehr schwer zu kontrollieren und mündet gerne in einem Dreher oder gar im kapitalen Abflug.

Ein mehrfacher Quervergleich zu "Dirt 2" bestätigt den Eindruck: Dort können die Autos zentimetergenau um die Ecken gezirkelt werden, selbst sehr haarige Situationen lassen sich mit viel Einsatz noch entschärfen. In "Dirt 3" fühlt sich der Pilot in ähnlichen Situationen hingegen oft wie ein Zuschauer: Er kann nur entgeistert zusehen, wie das schwänzelnde Auto zunehmend seiner Kontrolle entgleitet. Mit viel Übung gewöhnt man sich zwar daran, doch im Profi-Modus ist in den ersten Spielstunden das Frustpotenzial deutlich höher als in "Dirt 2", die Karriere schreitet auch entsprechend langsamer voran. Immerhin lässt sich der Schwierigkeitsgrad auf vielfältige Weise herunterschrauben - wie gehabt für jede Etappe einzeln. Mit angezeigter Ideallinie, Auto-Bremse und vor allem deutlich langsameren Gegnern kommt die niedrigste Stufe fast schon einem Cheat gleich.


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  2. Technisch keine Blöße

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