Open-Source-Tools als erste Wahl
Realisiert wurde sie mit Java-Servlets/Java-Server-Pages und Open-Source-Komponenten. Drei Open-Source-Tools wurden eingesetzt: Jakarta Struts diente als Framework für die Web-Applikation, Jakarta Tomcat als Servlet-Container, Datenbanksystem wurde MySQL. Für Jakarta Struts sprach die klare Trennung zwischen Geschäftslogik und Präsentation. Jakarta Tomcat und MySQL sind im Open-Source-Umfeld sehr verbreitet. Darüber hinaus setzte das Statistische Bundesamt Jakarta Tomcat bereits ein und kannte sich daher mit dieser Komponente aus.
Die Behörde lieferte die Algorithmen der einzelnen Indices, die nun zu einer Gesamtapplikation verschmolzen wurden. Das war eine knifflige Aufgabe, denn dabei entstanden mehrschichtige Frage-Antwort-Strukturen, die sämtlich berücksichtigt werden mussten.
Nach etwa fünf Wochen war eine erste Version dieser Anwendung implementiert und ging zum Test an das Amt. In der Testphase mussten nur fünf bis zehn Prozent der gesamten Applikation abgeändert werden. Um die Arbeit zu beschleunigen, kommunizierte dabei das Statistische Bundesamt direkt mit den Entwicklern.
Änderungswünsche schnell und flexibel umgesetzt
Änderungswünsche ließen sich so schnell und dank der Trennung von Präsentationsebene und Geschäftslogik günstig umsetzen. Finanziell blieb es bei dem vorgesehenen Projektvolumen. Während der Testphase wurden zum Beispiel einige Verknüpfungen zwischen einzelnen Algorithmen bereinigt. Zudem wünschte sich der Kunde einen anderen Text auf der Ergebnisseite: Alle beantworteten Schritte der Anfrage sollten mit Frage und Antwort aufgelistet werden, damit das Ergebnis jederzeit nachvollziehbar ist.
Seit Februar 2003 arbeitet die Anwendung im Praxisbetrieb einwandfrei. Bis Ende 2003 wurde sie bereits 100000 Mal aufgerufen, bis Mitte 2004 mehr als 150000 Mal. Auch die Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes selbst können sie bei entsprechenden Anfragen benutzen und damit kostbare Zeit sparen. Rund 1000 Mal haben Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes für Nutzer ohne Internet Wertsicherungsklauseln kostenpflichtig umgerechnet. Dafür nutzten sie das neue Internetprogramm. »Von den Anwendern gibt es reichlich positives Feedback«, sagt Nadin Sewald, Projektleiterin Berechnung Wertsicherungsklauseln beim Statistischen Bundesamt.
Das liegt sicher auch an dem einfachen und transparenten Prozedere. Benutzer suchen die Seite www.destatis.de/wsk auf und wählen den in ihrem Vertrag benannten Index aus. Dann geben sie an, ob in der jeweiligen vertraglichen Wertsicherungsklausel von Prozentpunkten oder Prozent die Rede ist und nennt die Änderungsschwelle, bei der die Wertsicherungsklausel wirksam wird. Danach gibt man ein, ob die Änderung bereits bei Erreichen oder bei Überschreiten der Schwelle in Kraft tritt und wählt das Basisjahr, auf das sich die Berechnung bezieht. Schließlich fragt das System, ob schon einmal eine Anpassung erfolgt ist und wenn ja, wann. Sodann berechnet es, wann und um wie viel der vertraglich definierte Schwellenwert überschritten wurde und ob daher eine Anpassung gemäß Wertsicherungsklausel erfolgen kann. Das Ganze dauert höchstens zwei bis drei Minuten.
Lohnende Investition
Mit der Lösung und Projektablauf ist das Statistische Bundesamt sehr zufrieden: »Für uns hat sich das Projekt gelohnt, denn gegenüber den Kosten für die manuelle Berechnung konnten wir viel einsparen. Eine manuelle Berechnung durch die Mitarbeiter im Umfang der Zugriffe auf das Programm wäre nicht zu schultern gewesen«, sagt Nadin Sewald.
Außerdem unterstützt der erneuerte Internetauftritt die Behörde bei der Beratung von Anwendern, die den Indexwert für Wertsicherungsklauseln ermitteln möchten: Mit der Anwendung im Web geht das relativ einfach und schnell.
Dank klarer Strukturierung der Applikation und der flexiblen Java-Servlet-/Java-Server-Pages-Technologie gibt es für die Applikation noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten. So lassen sich damit etwa einzelne Verfahrensschritte in behördlichen oder betrieblichen Genehmigungsverfahren abbilden. Zudem können zukünftig weitere Berechnungen aller Art mit geringem Aufwand im Internet bereitgestellt werden. Da das Statistische Bundesamt über den gesamten Quellcode verfügt, sind auch Abwandlungen denkbar, die andere Behörden auf Bundes- oder Landesebene später einsetzen können. Insofern profitiert das Statistische Bundesamt gleich mehrfach - in finanziell schwierigen Zeiten wie heute ein besonders wichtiges Argument.
Janet Franke ist freie Journalistin in München.