funkschau: Welche Leistungsmerkmale bietet TETRA? Wo liegen die Vorteile gegenüber öffentlichen Netzen wie GSM oder UMTS?
Kolland: Die TETRA Mobilfunktechnologie bietet im Gegensatz zu kommerziellen Technologien wie GSM/GPRS oder CDMA Leistungsmermale insbesondere für den Einsatz in missions- und sicherheitskritischen Szenarien. Hierzu gehören Funktionen wie schneller Rufaufbau (typischerweise im wenige hundert Millisekundenbereich), eine flexible Kommunikationsstruktur mit Gruppen- und Einzelrufe, prioritätsgesteuerte Kommunikation, …. Und dies bei besonderer Berücksichtigung der sehr hohen Anforderungen an Verfügbarkeit und Sicherheit des Netzes in missionskritischen Einsatzszenarien.
funkschau: Welche Bedeutung hat TETRA für die BOS?
Kolland: Mit BOSNET gibt es bereits heute in zahlreichen Regionen- ab 2014 dann flächendeckend - ein bundesweit einheitliches, für alle BOS Organisationen nutzbares Funknetz. Dieses beruht auf dem TETRA Standard und erlaubt die Interoperabilität aller "Blaulichtorganisationen" auf einem Netzwerk unter hohen Verfügbarkeits- und Sicherheitsanforderungen.
funkschau: Worauf sollten Behörden oder BOS achten, wenn sie vom analogen auf Digitalfunk migrieren wollen?
Kolland: Die Einführung des Digitalfunks verändert die tägliche Arbeit der BOS grundlegend. Wie bei jeder Einführung einer derartigen technologischen Veränderung ist ein schrittweises Vorgehen unter Berücksichtigung aller Aspekte wie Organisation, Einsatztaktik, Funktechnik und Betrieb notwendig um eine reibungsloses Zusammenspiel der einzelnen Elemente zu gewährleisten. Hierzu gehört die umfassende Schulung der Einsatzkräfte auf allen Kommandoebenen hinsichtlich Systemverhalten, Gerätetechnik und Bedienung. Nur so lassen sich optimale Voraussetzungen für eine breite, effektive und effiziente Nutzung der neuen Technologie schaffen.
funkschau: Was ist Ihr meistverkauftes beziehungsweise attraktivstes TETRA-Gerät/-Lösung/-Angebot? Was hebt es von vergleichbaren Konkurrenzprodukten ab?
Kolland: Im Infrastrukturbereich bieten wir die Systemkomponenten unserer CASSIDIAN TETRA Familie an. Diese haben sich bei einer Vielzahl, landesweiter BOS Netze bewährt und zeichnen sich durch umfassende Features, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit aus. Im Endgerätebereich bieten wir unsere Gerätefamilie THR9 an. Diese sind in den Versionen "i,", "+" und "ATEX" auf dem Markt und bieten auf die Bedürfnisse der verschiedenen BOS Anwender zugeschnittene Funktionen. Als einziges Gerät auf dem Markt ist das THR9 in der Lage über eine integrierte JAVA-Plattform in Verbindungn mit einem hochauflösenden Farbdisplay SW-Applikationen zu unterstützen und erlaubt dem Anwender neben den reinen Sprachfunktionen eines TETRA-Endgerätes sowie den Einstieg in die Welt der mobilen Datenapplikationen.
funkschau: Wie unterstützen Sie den Kunden bei der Planung für den TETRA-Einsatz, dem laufenden Betrieb und im Servicefall?
Kolland: Die Cassidan Communictions bietet ein umfassendes Angebot von der Planung, Vermessung und Optimierung bis zur Unterstützung des Kunden im laufenden Betrieb seines missionskritischen Kommunikationsnetzwerkes an und betreibt hierzu ein 24/7 Service Center. Das Angebot ist modular aufgebaut um die spezifischen Anforderungen des Kunden und seine eigenen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Damit lässt sich unser Serviceangebot von einfacher Maintenance und Repair über Monitoring und Betrieb der Kundeninfrastruktur bis hin zu einem vollständig SLA basierten "Managed Service" kundenspezifisch anpassen.
funkschau: Einer der häufigsten Kritikpunkte am BOS-Digitalfunk lautet, dass Tetra ein überholtes System sei. Wie stehen Sie dazu?
Kolland: TETRA hat sich als internationaler Mobilfunkstandard für missionskritische Anwendungen insbesondere bei landsweiten BOS-Netzen, bei Versorgungsunternehmen und im Bereich Verkehr vor allem in Europa durchgesetzt. Die Wurzeln des TETRA- Standards liegen in der GSM Technologie und wie diese entwickelt sich auch TETRA weiter. Mit TETRA2, das inzwischen bei ersten Systemanbietern verfügbar ist, wird der Schritt zu GPRS –vergleichbaren Datenraten gemacht, dies allerdings unter Aufrechterhaltung der für TETRA typischen Sicherheits- und Verfügbarkeitseigenschaften. Im Rahmen der TCCA (TETRA and Critical Communications Association) findet die Standardisierung der Weiterentwicklung von TETRA hin zu Einführung eines breitbandigen Datendienstes und einer weitgehenden Integration von Sprach- und Datendiensten unter noch effizienterer Nutzung der knappen Frequenzressourcen bereits statt. Mit den bereits realisierten und den geplanten Weiterentwicklungen stellt TETRA auch in der Zukunft den Standard für missionskritische Netze.
funkschau: Und welche Meinung vertreten Sie zu dem Kritikpunkt, dass TETRA gegenüber dem analogen Funknetz wesentlich störanfälliger sei?
Kolland: Diese Behauptung wird durch die praktsichen Einsatzerfahrungen widerlegt. Dort wo das BOSNET die für zellulare Funksysteme notwendige Erprobung und Feinjustierung durchlaufen hat wurden bereitis zahlreiche, kritische Einsatzlagen bewältigt. Bei den Rückmeldungen der betroffenen BOS-Einsatzkräfte zum TETRA Digitalfunk wird gerade die hohe Sprachqualität unter schwierigen Funkbedingungen hervorgeghoben.