Beim Lesen der Steve Jobs Biografie in der deutschen Übersetzung wird sich so mancher Leser das Lachen nicht verkneifen können. Das gilt zumindest für diejenigen, die eine Ausgabe der ersten Auflage ihr Eigen nennen. Die nämlich erfahren, dass Jobs offensichtlich eher etwas mit Silikon als mit Silizium zu tun hatte.
Wie der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) Sachsen feststellt, finden sich gleich im ersten von 41 Kapiteln der ersten Auflage merkwürdige Sätze wie: »Für Steve Jobs beginnt der Aufstieg zum strahlenden Olymp der Erfinder mit dem Bericht über zwei Elternpaare und die Kindheit in einem Tal, das gerade lernte, wie man Silikon in Gold verwandelt.« Sein Aufstieg beginnt mit dem Bericht über zwei Elternpaare? Ein Tal, in dem Silikon in Gold verwandelt wird? Wer hier eine Anspielung auf das San Fernando Valley im Nordwesten von Los Angeles sieht, weil es wegen der dort ansässigen Pornofilmindustrie auch »Silicone Valley« genannt wird, liegt falsch. Der Buchstabe »e« macht den entscheidenden Unterschied, trennt High Tech von Implantaten.
Der Übersetzer Alexander Heyne erklärt, wie es offenbar zu diesem Fehler kam: »Das englische silicon (Silizium) und der deutsche Begriff Silikon sind so genannte »falsche Freunde«, auf die man schon im Übersetzerstudium hingewiesen wird. Kein halbwegs versierter technischer Übersetzer würde darüber stolpern. Ich vermute, dass bei der Übertragung ins Deutsche großer Zeitdruck herrschte. Die ungewöhnlich hohe Zahl von sechs Übersetzern ist ein Indiz dafür«. Ein Einzelfall auf einer von über 700 Seiten? Laut BDÜ Sachsen keinesfalls. Kapitel für Kapitel würden weitere sprachliche Salven abgefeuert. Über Steve Jobs Schulzeit und seine Streiche erfährt man: »Einmal brachten wir unter dem Stuhl unserer Lehrerin Mrs. Thurman Sprengstoff an. Das hat sie wirklich fertiggemacht.« Autor Walter Isaacson schrieb im Original: »One time we set off an explosive under the chair of our teacher, Mrs. Thurman. We gave her a nervous twitch.«
Laut Alexander Heyne wäre eine abweichende Übersetzung treffender: »Bei dem Sprengstoff wird es sich wohl um einen simplen Knallkörper gehandelt haben. Und das Auftauchen von Jobs und seinem Mitschüler ließen die Lehrerin jedes Mal zusammenzucken. Eine andere Dimension als der im Buch verwendete Begriff »fertigmachen.«
Der BDÜ Sachsen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Übersetzen weit mehr ist als der Wortaustausch von einer Sprache in die andere. Ein professioneller Übersetzer kenne sich im Thema aus und steigt entsprechend tief in den Inhalt des Werks ein. Weil Übersetzungen immer persönlich geprägt seien, müsse bei Teamarbeiten ein einheitlicher Stil durch ein nachfolgendes Lektorat und Korrektorat gesichert werden. Das Aufteilen von Übersetzungsarbeiten bleibt aber immer zweite Wahl. Der Silikon-Schnitzer wurde übrigens in der zweiten Auflage der Biografie behoben. Den 250.000 Besitzern des deutschen Erstdrucks bleibt dieser Fehler mit Klassiker-Potenzial erhalten.