Die Studie „Digitalisierung der Bauindustrie 2020“ von Pricewaterhouse Coopers (PwC) zeigt, dass beim Thema Building Information Modeling eine Lücke zwischen Theorie und Praxis klafft. Befragt wurden 100 Bauunternehmen, Planer und Projektsteuerer. Davon halten 62 Prozent das digitale Planen und Bauen zwar für eine große Chance. Allerdings verfügen nur 27 Prozent der Planer und 16 Prozent der Bauunternehmen über das nötige Know-how. „Viele Bauunternehmen und Planer haben zwar verstanden, dass das digitale Planen und Bauen sowie BIM viele Chancen bieten und planen bereits Investitionen“, so Rebekka Berbner, Partnerin bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. „Durch die Vielzahl an beteiligten Akteuren lassen sich Prozesse und Abläufe im Vergleich zu anderen Industrien nur sehr schwer standardisieren. Die Implementierung eines Software-Pakets reicht hier nicht aus, um die Digitalisierung voranzutreiben“, gibt Berbner zu bedenken. „Stattdessen geht es um die Einführung einer neuen Arbeitsmethode, die neue Prozesse, Systeme, Tools und Fähigkeiten aber auch einen starken Kulturwandel hin zu einer gemeinschaftlichen Projektabwicklung erfordert.“ Die Einführung von BIM sieht Berbner weniger als Implementierungsprojekt, sondern eher als „eine Transformation der ganzen Branche“. Womit man wieder beim eingangs erwähnten Paradigmenwechsel wäre. Um die bestehenden Defizite auszugleichen und die Anwendung von BIM zu unterstützen, kann sich Berbner eine stärkere Verpflichtung oder Anreizsysteme vorstellen.
Die Tatsache, dass die Anwendung von BIM seit Ende 2020 in öffentlichen Infrastrukturprojekten Pflicht geworden ist, kann ein Anfang sein. Die Studienteilnehmer sehen laut Berbner zudem im Ausbau der digitalen Infrastruktur einen wesentlichen Punkt und wünschen sich darüber hinaus ein größeres Angebot an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. „77 Prozent der Planer und 59 Prozent der Bauunternehmen plädieren für mehr finanzielle Förderung durch den Bund, um die Digitalisierung voranzutreiben“, so Berbner. Das deckt sich mit den Einblicken, die ZIA-Geschäftsführerin Özkan hat; auch sie berichtet, dass die Nachfrage nach BIM aktuell noch eher gering sei. „Hindernisse sind sicherlich der finanzielle Investitionsaufwand, die Notwendigkeit von BIM-Expertise, aber auch nicht vorhandene Schnittstellen und nicht kompatible Datenformate“, so Özkan. „Ebenso wird die Amortisationsdauer noch als recht hoch eingeschätzt.“
Zu einem Zugpferd für BIM kann die zunehmende Nachfrage nach Smart Buildings werden. Denn zwar ist BIM eine Arbeitsweise, die sowohl bei herkömmlich gebauten Bauwerken als auch bei Smart Buildings umgesetzt werden kann. Doch „die kontinuierliche Anwendung von BIM ist der Schlüssel zu einem ‚digitalen Zwilling‘ – die Basis für Smart Buildings“, so Christian Elsholz, Partner bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure. „Die zunehmende Nachfrage nach Smart Buildings kann wesentlich dazu beitragen, die Anwendung von BIM weiter von Planern und Bauunternehmen einzufordern und somit die Digitalisierung voranzutreiben“, erläutert Elsholz.
Vernetzte Arbeitsweise und vernetzte Gebäude – sie gehen also Hand in Hand. Und künftig dürfte beides immer häufiger zusammenkommen. Denn ein smartes High-End-Bauwerk sollte – überspitzt gesagt – wohl eher nicht am analogen Reißbrett entstehen; ein Smartphone-Hersteller dürfte mit seinen Dienstleistern ja auch nicht über einen technologisch veralteten Kanal wie das Faxgerät kommunizieren. Bis es flächendeckend soweit ist, wird sich die Immobilien- und Baubranche von innen heraus umfassend neu orientieren und sortieren müssen.