Weltweiter Auftritt unter den zwei Marken 3Com und H3C

3Com setzt auf OSN und chinesische Entwickler

26. August 2007, 23:06 Uhr |

Nach der vollständigen Übernahme des Joint Ventures Huawei-3Com durch 3Com im März dieses Jahres und der kürzlich erfolgten Umbenennung in "H3C Technologies" erläuterte 3Coms Zentraleuropachef Jörg Kracke im LANline-Interview die Auswirkungen auf die Vermarktungsstrategie des amerikanisch-chinesischen Netzwerkausrüsters.

Aus 3Com-Sicht ist H3C zunächst ein Tochterunternehmen, das für die Entwicklung und Herstellung von Netzwerkgeräten zuständig ist – allerdings eine sehr große, mächtige Tochter: Laut Jörg Kracke stammen rund 85 Prozent des 3Com-Portfolios aus H3C-Herstellung. Dies umfasst praktisch alle Infrastrukturgeräte wie Router und Switches. Aus traditioneller US-Produktion kommen bei 3Com laut Kracke noch die Officeconnect-Switches für das KMU-Segment, WLAN- und Voice-Produkte sowie die Intrusion-Protection-Systeme (IPS) aus der Tippingpoint-Übernahme.

Mit H3C-Unterstützung will 3Com seine Position als weltweit tätiger Netzwerkausrüster – laut Analysten die Nummer 2 bei stapelbaren Switches und Routern, die Nummer 3 bei modularen Switches, jeweils mit großem Abstand hinter Marktführer Cisco – weiter stärken. Der Markenauftritt ist dabei allerdings nicht einheitlich: Im Großteil der Welt firmiert das Unternehmen als 3Com, in Asien, insbesondere in China, aber als H3C. "Der Name Huawei hat in China eben einen sehr guten Klang," begründet Kracke diese Inkonsistenz im Markenauftritt aus der Historie des Joint Ventures.

Im Gegensatz zum vormaligen JV-Partner Huawei, der stark auf Carrier und Service-Provider abzielt, liegt der 3Com-Fokus laut Kracke klar auf Unternehmen, vom KMU bis zum global tätigen Konzern. Neben den Netzwerk- und WLAN-Geräten setzt 3Com dabei auf sein Security-Portfolio, das neben dem erwähntes IPS auch die X506 für die Sicherheit von Zweigstellen umfasst, sowie auf VoIP-Lösungen wie den VCX-Softswitch für Unternehmen. Die europäische Vermarktungsstrategie für einige "China-fokussierte Lösungen" ist aber erst noch zu klären, was laut Kracke noch ein paar Monate dauern wird: In China bietet H3C nämlich außerdem Lösungen für IP-Storage, IP-basierte Videoüberwachung, IPTV und Metro Ethernet. An den beiden letztgenannten Lösungskategorien besteht derzeit großes Interesse im Carrier-Umfeld, Kracke sieht aber auch die Möglichkeit einer Vermarktung, die auf Großunternehmen zielt.

Bei den Netzwerkgeräten setzt 3Com laut Kracke klar auf standardbasierte Geräte, die sich aber gegenüber den Cisco-Produkten nicht allein über die Preisgestaltung abheben sollen: "Wir setzen auch auf technische Innovation und auf unsere OSN-Lösung." Mit dem erst dieses Jahr eingeführten OSN (Open Services Networking) will 3Com einen Linux-Kernel auf allen Switches und Routern für zusätzliche Anwendungen bereitstellen. Zum Konzept gehört laut Kracke auch ein offengelegtes API (Programierschnittstelle), um den Linux-Kernel für Partnerlösungen zu öffnen.

3Com nutzt OSN derzeit vorrangig für Monitoring-Anwendungen. "Im Sinne der Performance haben wir aber noch viel vor," verspricht Kracke. So habe man kürzlich mit Version 2 der Lösung bereits mittels Asterisk eine VoIP-Applikation auf die Switches gebracht, künftig sollen auch hochperformante Sicherheitsanwendungen auf den Geräten ausführbar sein. Während dann auf RZ-Seite dediziertes Equipment die Anwender mit VoIP und Security versorgt, könne diese Funktionalität auf Filialseite als Dienst auf dem Switch oder Router laufen. Die Geräte sind, so Kracke, dank OSN flexibel nachrüstbar: Power over Ethernet lasse sich nachträglich anbauen, bald ebenso WLAN-Funktionalität.

Eine ähnliche Strategie, möglichst viel Intelligenz und zahlreiche Applikationen auf Netzwerkgeräten anzusiedeln, verfolgt auch Platzhirsch Cisco – in einem Maße, dass Gartner-Analysten schon mäkelten, Cisco sei auf dem Weg zum vertikal integrierten Anbieter (LANline berichtete). Dem will 3Com also eine Konkurrenzplattform entgegenstellen. Kracke betont dabei die hauseigenen Vorzüge aufgrund der 2700 Entwickler aus dem H3C-Geschäftsbereich: "Durch unsere weltweite Entwicklung können wir sehr smart und sehr flexibel agieren."

Wie der übermächtige Konkurrent setzt also 3Com vorrangig auf eigene Entwicklungs-Power. Dabei böte ein OSN-API, wenn man es denn wirklich Geschäftspartnern offen zur Verfügung stellt, die Basis für eine flexible und dynamische netzwerkbasierte Anwendungsplattform, deren Anbieter-Community konzeptionell eine interessante Alternative zur herstellergebundenen vertikalen Integration bieten könnte.

Es bleibt also abzuwarten, in welchem Maß 3Com das Potenzial dieser OSN-API tatsächlich über Kooperationen nutzt, um Anwendern die Auswahl zwischen mehreren Applikationsoptionen zu geben. Derzeit zumindest kommt die Entwicklung ganz klassisch direkt aus dem Hause H3C, so jüngst in Form der neuen Switch-Router-Serie S7500E, die MPLS und IPv6 unterstützt, oder auch der neuen S5500-SI-Reihe von Gigabit-Ethernet-Switches, die neben 10GbE-Uplinks auch IPv6-Forwarding bieten.

LANline/wg


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