Drei Virtualisierungslösungen im Test

Alternativen zu Vmware

17. September 2007, 22:00 Uhr | Elmar Török/pf

Es muss nicht immer Vmware sein - auch andere Hersteller bieten mittlerweile Virtualisierungslösungen für Server an. Einige der Tools eignen sich sogar für sensible und kritische Anwendungen im Rechenzentrum. LANline stellt drei Virtualisierungslösungen von Innotek, Virtual Iron und Xensource vor.

Schon seit geraumer Zeit herrscht kein Mangel an alternativen Virtualisierungslösungen – vor
allem im Open-Source-Bereich. Was allerdings in den letzten Monaten deutlich zugenommen hat, ist
das Angebot an unternehmenstauglichen Lösungen. Dazu genügt es nicht, lediglich eine VM-Plattform
anzubieten, auch Faktoren wie Skalierbarkeit, einfaches Management und Redundanz gehören dazu.

Einen großen Schritt in diese Richtung hat Xen gemacht, dessen kommerzieller Ableger Xensource (www.xensource .com) inzwischen
drei Versionen, darunter eine Enterprise-Variante, im Angebot hat. Da Microsoft und Vmware
bestimmte Varianten kostenlos zum Download freigeben, kommt auch Xensource nicht um eine
Gratis-Edition herum: "Xenexpress" kann maximal vier virtuelle Maschinen gleichzeitig hosten und
unterstützt bis zu 4 GByte RAM.

Weitgehend neu auf dem Markt ist der amerikanische Hersteller Virtual Iron (www.virtualiron .com), der mit
einem Xen-basierenden Hypervisor antritt. Virtual Iron adressiert ganz eindeutig
Unternehmenskunden, die Verwaltungssoftware geht das Thema Virtualisierung extrem strukturiert und
professionell an. Auch hier gibt es eine kostenlose Variante im Download-Portal, die maximal einen
Hostserver unterstützt.

Der deutsche Hersteller Innotek (www.innotek.de) geht noch weiter: So
findet sich im Angebot einerseits die "Virtualbox Open-Source-Edition", die im Rahmen der GPL
komplett frei ist. Allerdings fehlen dort im Vergleich zum kommerziellen Paket Virtualbox einige
sehr interessante Features. Doch auch dieses ist kostenfrei, solange es für "Ausbildung und
Evaluierung" zum Einsatz kommt. Innotek fasst diese Definition sehr weit auf: Die freie Lizenz
deckt auch den Einsatz im Unternehmen ab, solange die Software nicht mithilfe einer automatisierten
Verteilungslösung, sondern vom Administrator per Handarbeit auf den PCs installiert wird.

Innotek Virtualbox 1.3.8

Virtualbox stellt keine Voraussetzungen an die Virtualisierungsfähigkeiten des Host-Prozessors. Daher lief die Software sowohl auf dem 1855-Blade (ohne VT-Hardwareunterstützung - siehe Kasten "Testumgebung") als auch auf dem 1955-Blade problemlos. Als Betriebssystem kam Windows Server 2003 R2 zum Einsatz. Innotek bietet auch Versionen für MacOS X und Linux an. Allerdings unterstützt die Software kein 64-Bit-Host-Betriebssystem und benötigt für Installation und Nutzung Administratorrechte. Das Einrichten geht erfreulich schnell vonstatten: Ein Doppelklick öffnet einen Wizard, der das Programm mit wenigen Abfragen nach gewünschter USB- und Netzwerkunterstützung auf die Festplatte kopiert.

Mehr Konfiguration erwartet den Anwender beim Erstellen der virtuellen Maschinen. Virtualbox erlaubt, wie die anderen Produkte dieser Art auch, die Zuweisung von RAM und bietet einen eigenen Wizard, der virtuelle Datenträger erstellen und bearbeiten kann. Dazu gehören auch Images im ISO-Format. Am besten erstellt der Anwender Platten und CD-ROM-Images noch vor der Definition der VMs, dann lassen sich die fertigen Datenträger bequem aus einer Auswahlliste aussuchen. Praktisch ist, dass die virtuellen Festplatten auch dynamisch erweiterbar sind, die repräsentierenden Dateien zunächst also nur wenig Platz belegen und bei Bedarf wachsen.

Als Gastbetriebssystem ist im Prinzip alles erlaubt, sofern es mit der CPU des Hosts harmoniert - zum Beispiel Windows NT 4.0, 2000, XP, Server 2003 und Vista, oder DOS/Windows 3.x, Linux (2.4 und 2.6) und OpenBSD. Die Installation innerhalb der VM lief bei allen Betriebssystemen völlig unkompliziert, auch bei der Erkennung der virtualisierten Hardware traten keine Probleme auf. Nur die Auto-Play-Funktion des Hosts sollte der Anwender unbedingt abstellen, sonst kommen sich Host und Gast beim Zugriff auf eine neu eingelegte CD in die Quere. Standardmäßig nutzt Virtualbox NAT (Network Address Translation) für die Netzwerkanbindung. Wer Serverdienste bereitstellen will, muss auf den "Bridging-Modus" umstellen, sonst lässt die Software keine eingehenden Verbindungen zu. Wer Windows Vista als Gastsystem nutzt, muss dann allerdings den offiziellen NDIS5-AMD-Pcnet-Treiber von der AMD-Webseite herunterladen, da Vista keinen entsprechenden Treiber integriert hat. Auf die VM lässt sich der Treiber übertragen, indem der Anwender diesen in ein ISO-Image umwandelt und mountet, oder einfach via USB-Stick.

In der Tat ist die USB-Unterstützung von Virtualbox erwähnenswert. So hat Innotek eine vollständige RDP-Unterstützung (RDP: Remote Desktop Protocol) eingebaut, die es zum Beispiel erlaubt, mit einem Thin Client direkt auf die VM zuzugreifen. Damit der Anwender in solchen Einsatzfällen auch USB-Geräte nutzen kann, lässt sich USB über RDP tunneln. Im Test funktionierte dies mit einem Igel-Thin-Client auf Anhieb, der angeschlossene Epson-Scanner und ein USB-Speicherstift wurden problemlos erkannt.

Virtual Iron 3.6

Virtual Iron ist nichts für den schnellen Start – jedenfalls nicht, wenn der Anwender die
komplette Installation der Virtualisierungslösung noch vor sich hat. Das Produkt besteht aus einer
Serverkomponente, die einen Rechner dediziert in einen Virtualisierungs-Host verwandelt. Da Virtual
Iron auf VT-Fähigkeiten der Host-CPU angewiesen ist, müssen der oder die Prozessoren über
entsprechende Erweiterungen verfügen. Zudem ist Virtual Iron bei der Netzwerkumgebung wählerisch.
Das Programm verlangt zwei physikalische Netzwerkschnittstellen, eine für den Zugriff auf die VMs,
die andere für Managementaufgaben. Abgesehen davon läuft die Installation problemlos und ist nach
zehn Minuten abgeschlossen.

Zur Verwaltung und Einrichtung existiert eine eigene, Java-basierende Managementsoftware, die
sich über den Browser starten lässt. Am besten sorgt der Administrator für die aktuellste
Java-Version auf dem Management-PC, sonst kann es zu Problemen mit der Darstellung und einigen
grafischen Objekten wie Radio-Buttons kommen. Die Kommunikation zwischen PC und Server kann auf
Wunsch über HTTPS verschlüsselt ablaufen. Ein separates Tool, ebenfalls eine Java-Anwendung, dient
der Eingabe von Lizenz-Keys, dem Zugriff auf das Host-Dateisystem und dem Backup sowie Restore von
Host-Einstellungen.

Handbücher lesen, gilt oft als altmodisch – dennoch empfehlen wir, zumindest das "
Getting-Started"-Tutorial durchzublättern. Ohne das Grundkonzept verstanden zu haben, dürfte sonst
nach dem ersten Start der Verwaltungsumgebung für die virtuellen Maschinen Ratlosigkeit herrschen.
Virtual Iron bietet viele Möglichkeiten und geht sehr strukturiert an das Thema heran, erfordert
aber im Vorfeld Planungsaufwand. So sind die virtuellen Datenträger zwar im Prinzip wie bei Xen
oder Vmware einfache Files im Dateisystem. Doch Virtual Iron erlaubt die Aufteilung in logische
Gruppen, Volumes und Datenträger. Ähnlich sieht es mit den VMs selbst aus: Da Virtual Iron als
Multiserverlösung konzipiert ist, legt der Administrator die VMs zunächst als "unassigned", also
ohne Zuordnung an. Die VMs lassen sich später einem beliebigen Host zuweisen, der dann für die
Ausführung verantwortlich ist.

Durch diese logische Entkoppelung von VM und Host bietet Virtual Iron auch verschiedene
Redundanzfunktionen. So kann eine VM bei Problemen mit ihrem Host automatisch auf einen anderen,
noch funktionsfähigen Host übertragen werden. Dies sind Features, die schon deutlich in Richtung
Vmware ESX-Server zeigen. Dabei verlangt Virtual Iron nach eigenen Aussagen nur etwa 20 Prozent der
Lizenzkosten des renommierten Konkurrenten.

Xen Enterprise 3.2

Wie bei Virtual Iron muss für den vollständigen Funktionsumfang von Xensource Xen Enterprise die
Host-CPU über Virtualisierungsunterstützung verfügen. Im Test übernahm das Dell-1955-Blade diese
Aufgabe, und Xen Enterprise arbeitete auch problemlos damit zusammen. Wenn die VT-Unterstützung
fehlt, oder im BIOS abgeschaltet ist, warnt die "Install"-Routine den Benutzer, setzt aber ihre
Arbeit fort.

Neben der Installation des Servers bietet die CD auch die Migration eines physikalischen Servers
zu einer VM an. Allerdings funktioniert dies nur mit Linux-Servern, für Windows-Betriebssysteme ist
dafür die Software eines Fremdherstellers notwendig. Im Test funktionierte die Migration eines
frisch aufgesetzten Fedora-Core-5-Servers ohne Schwierigkeiten. Xen Enterprise kopiert dazu das
Dateisystem auf ein NFS-Share im Netzwerk. Wichtig ist, dass dieses Share einen Root-Zugriff
erlaubt – je nach NFS-Server ist dies an unterschiedlichen Stellen zu konfigurieren. Nach Abschluss
der Kopie muss das Share auf dem Host gemountet werden. Danach kann der Administrator über die
Managementoberfläche darauf zugreifen und eine Xen-VM erstellen.

Auch Xensource liefert eine getrennte Managementsoftware, sowohl für Windows als auch für Linux.
Diese basiert jedoch nicht auf dem Browser sondern ist komplett eigenständig. Sobald der Server
fertig installiert ist, zeigt er am Konsolenbildschirm die entsprechende IP-Adresse an, unter der
der Host zur Verwaltung bereitsteht. Wer Xen noch aus den Anfangstagen in erster Linie als
Kommandozeilen-Tool kennt, wird angenehm überrascht sein, wie benutzerfreundlich und übersichtlich
die grafische Oberfläche von Xensource aussieht. Hosts und VMs sind klar gegliedert, kleine Symbole
sorgen für schnellen Zugriff auf die wichtigsten Funktionen. Wenn der Übersichtsbildschirm einer VM
ausgewählt ist, zeigt das Tool unten links eine Miniaturausgabe des Bildschirminhalts an: Dies ist
sehr praktisch, falls der Anwender durch alle VMs klickt und ein bestimmtes Fenster sucht. Ein
weiteres Fenster enthält den Konsolenbildschirm in reduzierter Größe – aber immer noch groß genug,
um die Installation oder Konfigurationsänderungen durchführen zu können. Über die Funktionen zur
Handhabung von VMs hinaus bietet die Managementsoftware auch viele Statistiken über die Auslastung
von Host und VMs an.

Achten sollte der Anwender auf die Art, wie Xen Enterprise Netzwerkverbindungen mappt.
Standardmäßig legt das System pro physikalisches Interface des Hosts je eine virtuelle Bridge an.
Jede neue VM erhält zunächst ein virtuelles Netzwerk-Interface, das auf die erste virtuelle Bridge
(xenbr0) verweist. Sollte dies nicht erwünscht sein, weil zum Beispiel der Host an dieser
Schnittstelle ein Netzwerk anspricht, auf das die VMs keinen Zugriff haben dürfen, ist die
Zuordnung manuell zu ändern.

Fazit

Für sehr große und heterogene Virtualisierungsumgebungen führt wohl auch in nächster Zeit kein
Weg an Vmware ESX-Server vorbei. Doch ein Blick auf die Alternativen lohnt sich. Virtual Iron
bietet ein überaus funktionsreiches Management-Interface und sehr gute Leistungswerte, dafür ist
die Software gewöhnungsbedürftig. Xensource hingegen könnte zwar noch ein paar Ergänzungen in
puncto Management und Provisioning vertragen, lässt sich aber schnell und problemlos einsetzen.
Virtualbox von Innotek wirkt eher wie eine sehr stabile und professionelle Lösung für kleinere
Einsatzbereiche, glänzt aber durch einfache, geradlinige Bedienung und die ausgezeichnete
RDP-/USB-Unterstützung.


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