Die Nachricht über den Spinoff von AMDs Fertigungsbereich erheiterte ein wenig den ansonsten tiefen Blues, den die Hightech-Wirtschaft als Folge der anhaltenden Weltwirtschaftskrise am Diestag erneut hinnehmen musste.
Nur Wenige sind bereit in den besonders kapitalintensiven Bereich der Halbleiter-Fertigung zu
investieren – und unter den gegenwärtigen Marktbedingungen schon gar nicht. Eine Ausnahme davon ist
die Regierung von Abu Dhabi, die über ihre beiden Investment-Gesellschaften Mubadala Development
und Advanced Technology Investment Co. (ATIC) insgesamt 8,4 Milliarden Dollar in die Chip-Fertigung
von AMD pumpen will.
Alle Analysten waren sich schnell einig, dass das neue Fertigungs-Jointventure – das vorläufig
den Namen Foundry erhalten hat – ein dringender Rettungsring für den finanziell angeschlagenen
Chip-Hersteller AMD ist. "Ich bin sicher, dass es eine sehr gute, aber auch sehr notwendige,
Entscheidung war – vor allem wenn man die gegenwärtige Lage an den Finanzmärkten berücksichtigt",
sagt Dean McCarron, Analyst bei Mercury Research. Doug Freedman, Analyst bei American Technology
Research stimmt dem zu: "Viele haben AMD schon am Rande des Konkurs gesehen, doch mit diesem Deal
haben sie sich weit davon entfernt."
So ähnlich äußerten sich die meisten Finanz- und Industrie-Analysten. Einige gingen darüber
hinaus auch auf die technologischen Konsequenzen ein. "AMD trennt sich endlich von seinen
Milliarden-Schulden und kann sich fortan auf den risikoloseren Teil der Chip-Entwicklung
konzentrieren", meint Roger Kay, Analyst bei Endpoint Technologies.
Er sieht auch noch einen sehr positiven Effekt für den gesamten Prozessor-Markt. "Der Deal macht
erheblichen Druck auf Intels Produktionsanlagen und deren Fertigungskosten, und das ist gut für die
gesamte Marktentwicklung", lautet seine Einschätzung.
John Spooner, Analyst bei Technology Business Research, sieht wie Kay eine Reihe von
Business-Vorteilen für AMD: "Sie können sich jetzt verstärkt darauf konzentrieren konkurrenzfähige
Produkte zu entwickeln, das erhöht vor allem den Druck auf Intel."
Cody Acree von Stifel Nicolaus & Co. fasst das zusammen: "Es gibt doppelten Druck auf Intel:
Sie müssen sich beim Design auf eine neu motivierte AMD-Truppe einstellen, und sie müssen ihre
teure Fertigung auf das Kostenniveau von Foundry trimmen – beides wird dem Chipgiganten nicht
leicht fallen."
Außer auf Intel wird der AMD-Deal auch Druck auf Taiwan Semiconductor machen, der gegenwärtig
die Chips für die ATI-Grafikprozessoren von AMD liefert. "Foundry wird sicherlich schon bald die
gesamten Grafikchips für AMD herstellen und alle externen Lieferanten kappen", so Kay.
Viele erwarten auch einen immensen Motivationsfaktor, der durch den Schuldenabbau entsteht. "Die
ganze Aktion wird auf die AMD-Entwickler wie eine Verjüngungskur wirken, da sie jetzt endlich
wieder mit voller Kraft forschen und entwickeln können und sich nicht mehr jeden Penny mit vielen
Unterschriften genehmigen lassen müssen", meint Dan Olds, Analyst bei der Gabriel Consulting
Group.
Auch der AMD-Gründer Jerry Sanders, der bislang immer ein eifriger Verfechter einer
eigenständigen Chip-Produktion war, begrüßt vor allem die wirtschaftliche Komponente des Deals: "
AMD nutzt jetzt die Aktiva von Abu Dhabi, um damit gegen Intels Aktiva zu konkurrieren – verdammt
clever gemacht", lautete sein knapper Kommentar, nach dem der Deal am Dienstagmorgen bekannt
wurde.
Doch verschiedene Analysten haben auch auf die Risiken hingewiesen: "Die weltweite
Chip-Produktion leidet seit geraumer Zeit unter einer erheblichen Überkapazität, da wird es für
Foundry schwer werden zusätzliche Aufträge an Land zu ziehen", meint Jack Gold, Chef-Analyst bei J.
Gold Associates.
Waleed Al Mokarrab, COO von Mubadala widerspricht dieser Darstellung jedoch: "Die Überkapazität
besteht nur bei den billigen Halbleitern, nicht jedoch im Bereich von Highend-Fertigungsanlagen, so
wie jene, die AMD gemeinsam mit IBM entwickelt hat", lautet seine Markteinschätzung.
Ein weiteres Risiko besteht noch in den geheimen Patent-Lizenz-Abkommen, die zwischen AMD und
Intel bestehen. Darin erteilen sich beide Unternehmen gegenseitige Fertigungslizenzen, die jetzt
von AMD auf Foundry übertragen werden müssen. "Intel hat eine Reihe ernsthafter Bedenken bei diesem
Deal. Wir werden alles unternehmen, um unser geistiges Eigentum zu schützen", warnte bereits
Intel-Sprecher Chuck Mulloy.
Darüber hinaus habe Intel keine Pläne seine Fertigungsbetriebe nach dem AMD-Muster auszulagern. "
Wir sind der festen Überzeugung, dass es uns einen erheblichen Konkurrenzvorteil verschafft, wenn
wir Chip-Design und -Fertigung unter einem Firmendach zusammenhalten", war sein Kommentar.
Was die Lizenzvereinbarungen zwischen AMD und Intel angeht, so sieht AMD-Chef Dirk Meyer die
Warnung von Mulloy als unbegründet an: "Wir haben alle möglichen Lizenzfragen ausführlich von
unseren Anwälten prüfen lassen und es gibt von deren Seite keine Bedenken."
Harald Weiss/CZ