Das US-amerikanische Privatunternehmen Allen Systems Group (ASG) hat kürzlich den deutschen IT-Management-Spezialisten Visionapp, Anbieter der Cloud-Provisioning-Plattform Cloudfactory, übernommen. LANline sprach mit dem ASG-Inhaber und -CEO Arthur Allen über die Strategie hinter der Übernahme.
LANline: Herr Allen, ASG verfügt über ein sehr umfangreiches Portfolio von Lösungen für das IT-, Metadaten- und Applikations-Management. Welche Techniken bringt Visionapp mit, die ASG nicht schon im Portfolio hatte?
Allen: Die Technologie von Visionapp bringt uns im Stack eine Stufe nach oben in Richtung eines automatisierten Cloud-Betriebs. Damit können wir bis hin zur automatisierten Bereitstellung von Enterprise-Applikationen alle erforderlichen Schritte abbilden.
LANline: Warum haben Sie sich für die Ergänzung ihres Portfolios ausgerechnet für Visionapp entschieden?
Allen: Visionapp hat, das haben unsere Recherchen ergeben, die umfangreichste Lösungssuite für Cloud-Architekturen. Visionapps Entwicklungsvorsprung liegt bei zirka zwölf bis 18 Monaten.
LANline: Der Forrester-Analyst Jean-Pierre Garbani zählt sie – zum Beispiel im Report „Who’s Who in IT-Management Software 2.0“ vom 12. August 2010 – neben Microsoft zu den beiden wichtigsten Herausforderern der „Großen Vier“ BSM-Anbieter (Business-Service-Management). Garbani warnte die Herausforderer von IBM, HP, CA und BMC in diesem Report allerdings explizit vor taktischen Übernahmen, um das Trendthema Cloud zu besetzen. Inwiefern ist die Visionapp-Akquisition nicht genau eine solche taktische Übernahme?
Allen: Ich bin ständig im Gespräch mit unseren Kunden, um deren Wünsche und Bedürfnisse zu erfahren. Die Ergebnisse aus diesen Gesprächen fließen in unsere Entwicklung ebenso ein wie in unserer Akquisitionen. J.-P. Garbani warnt vor taktischen Akquisitionen, weil neue Lösungen für viele Anbieter schwer zu integrieren sind. Wir hingegen verfügen mit EAMS (Enterprise Automation Management Suite) über eine Technologie auf der Basis unserer Metadaten-Management-Lösung Rochade, die uns eine sehr schnelle Integration neuer Lösungen erlaubt.
LANline: Wen wollen Sie mit der Cloudfactory-Lösung erreichen?
Allen: Unser Kernmarkt sind weltweit die größten 10.000 bis 12.000 Organisationen. Seit der Übernahme von Visionapp, also in den letzten 45 Tagen, haben wir rund 550 dieser Unternehmen über unsere Cloud-Strategie und -Angebote informiert. Das werden wir mit Hochdruck fortsetzen.
LANline: In den letzten Monaten waren Sie richtig auf Einkaufstour. Visionapp war ja längst nicht die einzige Übernahme. Wie hängen diese Akquisitionen zusammen?
Allen: Wir haben Anfang April mit Trilog einen Spezialisten für das Application-Performance-Management im Mainframe-Umfeld erworben, zudem mit PS Soft einen französischen ITSM-Spezialisten mit einer sehr starken Request-Fulfillment-Software. Danach kam Visionapp mit großem Know-how im Server-Management, der Cloudfactory und der Public-Cloud-Plattform Vivio, kürzlich folgte der kleine US-amerikanische Anbieter von Performance- und Capacity-Management-Lösungen Perfman. Zwei weitere Akquisitionen werden wir Ende August noch bekanntgeben. Mit all diesen Übernahmen schließen wir gezielt funktionale Lücken, um unser Lösungsportfolio zu vervollständigen.
LANline: Wie vermeiden Sie es, angesichts dieser großen Zahl von Akquisitionen nur noch mit der Integration neuer Lösungen beschäftigt zu sein?
Allen: Dank unserer bereits erwähnten EAMS-Plattform können wir neue Technologien innerhalb weniger Tage und Wochen einbinden. Wir haben bereits Teile der Visionapp- und PS-Soft-Technologien integriert, der Rest wird in Kürze folgen.
LANline: Und wie schaffen Sie es, solch ein hohes Tempo vorzulegen?
Allen: Die Basis dafür liefert unser Metadaten-Repository und dessen Auto-Discovery-Funktionalität. Dies erlaubt es uns, sehr schnell die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Lösungen im gesamten Unternehmen abzubilden. Damit setzen wir Lösungen sozusagen wie Legosteine zusammen. Dank der Föderation der Datenquellen über unsere bidirektionalen Adapter können wir Prozesse sehr schnell automatisieren.
LANline: Was ist der Fluchtpunkt all dieser Akquisitionen, wohin soll die Reise letztlich gehen?
Allen: Oft wird vergessen, dass es beim Weg in die Cloud letztlich immer noch darum geht, IT-Infrastruktur zu managen. Wir zielen darauf ab, den kompletten Stack für die Bereitzustellung von Enterprise-Applikationen zu liefern. Dies wird künftig auch eine modellbasierte Applikationsentwicklung umfassen. ASG entwickelt sich zum „Super Store“, zum One-Stop-Shop für alle Enterprise-Applikationen.
LANline: Herr Allen, vielen Dank für das Gespräch.