Im Durchschnitt laufen nicht mehr als 20 bis 30 Prozent aller Aktivitäten im Geschäftsleben wirklich glatt. Mit Ausnahmen, Sonderfällen und unvorhergesehenen Ereignissen ist fast immer zu rechnen. Im idealen Fall sind Unternehmen per Exception-Management darauf vorbereitet und wissen, wie in solchen Fällen zu verfahren ist.
Die Durchlaufzeiten sind zu lang, die Prozesskosten und die Fehlerquoten zu hoch und die Produktivität zu gering: Mit solchen Herausforderungen haben es Unternehmen im Alltag immer wieder zu tun. Abweichungen, Ausnahmen, Fehler und Sonderfälle behindern immer wieder die Geschäftsprozesse, die eigentlich weitgehend automatisch ablaufen sollten. Bei den Fehlerursachen lassen sich technische und fachliche Ursachen ausmachen: Eine Datenbanktransaktion wird ausgesetzt oder zumindest unterbrochen, weil Informationen inkonsistent, fehlerhaft oder nicht vorhanden sind. Ähnliche technische Probleme treten auf, wenn einzelne Applikationen, Server oder Netzwerkelemente den Dienst versagen. Fehlen in der Serien- oder auch der Auftragsfertigung die Teile von Zulieferern, ruht vorübergehend die Produktion. Dies gilt natürlich auch, wenn es zu Fehlern bei den Produktionsmaschinen selbst kommt.
In der überwiegenden Zahl der Fälle gibt es keine IT-gesteuerte Hilfe. Treten in einem Geschäftsprozess Ausnahmesituationen oder unerwartete Schwierigkeiten auf, sind manuelle Eingriffe erforderlich, um den einmal unterbrochenen Ablauf - sei es in der Lieferkette, im Order-Management oder in der Logistik - wieder in Gang zu setzen. Es werden Ad-hoc-Maßnahmen ergriffen, die möglicherweise beim nächsten Auftreten des gleichen Fehlers schon nicht mehr bekannt sind.
Vielfach gibt es in den Unternehmen eigens dafür abgestellte Servicemitarbeiter oder auch ein Team, das sich mit gerade aktuellen Fehlern und Problemen befasst. Man ermittelt die Herkunft des Vorfalls, stellt die Ursachen dafür ab oder initiiert einen rasch wirksamen Notfallplan, damit der zum Erliegen gekommene Geschäftsprozess baldmöglichst wie gewohnt weiterlaufen kann. Im Unternehmensalltag lässt sich solch eine Lösung recht schnell einrichten, und bei einer überschaubaren Zahl von Ausnahmefällen ist sie auch noch effizient. Je komplexer das Beziehungsgeflecht etwa in einer Lieferkette mit einer Vielzahl von Partnern und Dienstleistern ist, desto eher stößt sie an ihre Grenzen. Ein standardisiertes nach klaren Regeln ablaufendes Exception Management ist damit nicht möglich.
Verdeutlichen lässt sich dieser Aspekt mit einem Blick auf die Automobilbranche. Schätzungen zufolge kaufen die Hersteller mehr als 60 Prozent ihrer Fahrzeugteile in Form von Systemkomponenten zu, keine 40 Prozent steuern sie noch aus eigener Fertigung bei. Da kann die Kommunikation, Kooperation und Koordination zwischen den Beteiligten noch so gut sein: Immer wieder ergeben sich unvorhergesehene Ereignisse, bei denen der Produktionsfluss und manchmal auch die Fließbänder ins Stocken geraten. Kommt es in solch einer Konstellation mit einer Vielzahl von Beteiligten zu Störungen im geplanten Ablauf, geht es nicht um ein einzelnes auffälliges Ereignis. Ursache und Wirkung reichen oft mehrere Stufen in der Lieferkette zurück.
Im Blickpunkt steht dann nicht das Eintreten oder auch Ausbleiben eines einzelnen Events - etwa dann, wenn bestimmte Elemente oder Komponenten wegen Qualitätsmängeln nicht verbaut werden können. Lösungen für ein derartiges Umfeld müssen zunächst einmal das Auftreten (oder auch Ausbleiben) bestimmter Ereignisse erfassen und erkennen. Sie sollten deren Bedeutung (unwichtig, bedeutsam, bedarf einer schnellen Klärung etc.) auswerten, Abhängigkeiten ursächlicher oder zeitlicher Natur zwischen den Ereignissen bewerten und schließlich auch eigene Aktionen veranlassen, um unterbrochene Abläufe wieder in Gang zu setzen.
Zunächst einmal ist es notwendig, die Ausnahmen, wie sie bei einem applikationsübergreifenden Geschäftsprozess zu Tage treten, zu erfassen und zu systematisieren. Gerade dort, wo Unternehmen ihre Softwarelandschaft in Richtung SOA auf- und ausbauen bietet es sich an, das Exception-Management als eigenständigen Service einzurichten. Komplementär dazu müssen natürlich alle in einer Lieferkette involvierten Applikationen in den zentralen Exception-Management-Service, wie ihn beispielsweise Vitria Resolution Accelerator bereitstellt, integriert sein. Zur Erfassung der Fehler, Problemfälle und anderer außergewöhnlicher Ereignisse stehen mehrere Wege wie Webservices, Application-Services, Filetransfer oder auch ein Enterprise Service Bus offen.
Da bei der Exception-Management-Lösung alle Fehlermeldungen und andere unerwartete Vorkommnisse zusammenlaufen, ist die Situation in den Geschäftsprozessen jederzeit transparent. Zugleich ist damit gewährleistet, dass alle in den Geschäftsprozessen auftretenden Events und Ausnahmen unmittelbar an die Exception-Management-Lösung weitergeleitet und einer Klärung zugeführt werden. Was sich an Technik hinter einer derartigen Referenzlösung verbirgt, lässt sich anhand der Abläufe schildern.
Die Ausnahmen und Abweichungen von den erwarteten Ereignissen kommen bei der Exception-Management-Lösung in Form von XML-Messages an (grafisch lässt sich der Workflow auch in den beiden Abbildungen nachvollziehen). Von Vorteil ist es, wenn die Applikation plattformunabhängig arbeitet, also beispielsweise auf jedem J2EE-Applikationsserver eingesetzt werden kann. Resolution Accelerator arbeitet unter AIX, Red Hat Linux, Solaris und Windows und unterstützt die Java-Standards J2EE, JNDI, JMX, JCA, JAAS, EJB RMI sowie Eclipse.
Um ein vollständiges End-to-End-Management zu ermöglichen, gibt es in der Referenzlösung von Vitria eine eigene Komponente, die den gesamten Ablauf im Kontext steuert und überwacht. Sind die Fehlermeldungen eingegangen, werden sie an den Validation Handler weitergereicht. Der Validation Handler klärt die Frage, ob die Fehlerbeschreibung und die damit verknüpften Dokumente/Daten korrekt sind und ob Resolution Accelerator diesen Fehler bereits kennt, also eine entsprechende Lösungsstrategie vorliegt. Hier spielt das Document und Error Dictionary mit, in dem die Fehlerarten und die entsprechenden Lösungswege hinterlegt sind. Die besondere Herausforderung besteht darin, mit unbekannten Ausnahmen umzugehen.
Anhand der Klassifikation von Exceptions werden Entscheidungen über die nächsten Schritte getroffen. Auf Basis hinterlegter Regeln sowie zusätzlicher Informationen erfolgt beispielsweise eine Gruppierung in die Kategorien "einfach", "komplex" und "dringend". Wenn möglich, können die einfachen und bereits bekannten Ausnahmenfälle an den Auto Handler weitergereicht werden.
Resolution Accelerator bietet an der Stelle eine Funktion namens Mass Repair. Sie ermöglicht, in einer einzelnen Programmroutine das mehrfache Vorkommen eines bestimmten Fehlers oder Problemfalls beispielsweise beim Order Management, der Verfügbarkeit von Lagerbeständen, der Rechnungsstellung oder der Einhaltung von SLA-Agreements zu identifizieren und diesen Fehler "in einem Rutsch" zu korrigieren. Vielfach konnten bislang Problemfälle nur durch aufwändiges manuelles Eingreifen behoben werden. Mit Resolution Accelerator und dessen systematischer Fehlerbehebung lassen sich deutlich mehr Ausnahmen bereits automatisch durch den Auto Handler lösen und die manuelle Korrektur besser steuern.
Die komplexen und dringenden Exceptions werden daher in der Referenzlösung an die Komponente Manual Repair zur weiteren Behandlung übermittelt. Hier kann man zum Beispiel auch festlegen, bis wann spätestens eine Lösung des Problems gefunden sein muss (nach zwei Tagen, fünf Tagen oder zu einem anderen zu definierenden Zeitraum). Diesen Parameter überwacht der Exception Expiration Manager.
Sind die in das System eingespeisten Exceptions einmal beim Manual Handler angelangt, kann die aktuelle Liste über eine grafische Benutzeroberfläche der Komponente Repair Workstation eingesehen werden. Der Benutzer erhält eine vollständige Sicht auf die Ausnahmen und aller relevanten Dokumente und Informationen. Durch Zugriff auf eine Regelbasis kann der Benutzer in seiner Lösungsstrategie gelenkt werden und er erhält konkrete Handlungsanweisungen. Dadurch wird die Konsistenz der manuellen Lösungsbearbeitung sichergestellt und "Fehler in der Fehlerkorrektur" verhindert. Zugleich ergibt sich hier die Möglichkeit, den Status verschiedener Exceptions zu verfolgen, Trends beim Auftreten von Fehlern zu erkennen und bei Bedarf steuernd in die Prozesse einzugreifen.
Zur Problemlösung wird auf regelbasierte und metadatengesteuerte Dictionaries zurückgegriffen. Sie stellen Ausnahmefälle in einen Kontext, helfen Anwendern beim Aufspüren und der Klassifikation von Fehlerfällen und tragen zu einer schnelleren Beseitigung von Fehlern bei. Abhängig von den jeweiligen Geschäftsprozessen und anderen unternehmensspezifischen Gegebenheiten lässt sich das Regelwerk individuell anpassen und erweitern. Neue, bisher unbekannte Ausnahmen können durch Erweiterung der Dictionaries in die Verarbeitung aufgenommen werden. Dadurch ergibt sich eine "Konfiguration" statt "Implementierung" und damit eine schnellere Reaktionszeit auf neue Anforderungen (Verkürzung des Change Requests).
Eine zentrale Anforderung an eine Exception-Management-Lösung: Sie sollte Ursachen und Hintergründe von Ausnahmesituationen in Geschäftsprozessen aufgreifen und damit gleichzeitig wichtige Hinweise zur Optimierung von Geschäftsprozessen liefern. Gerade die Detailanalyse einer identifizierten Ausnahme, aber auch der Fehler in einem Ablauf, erlauben wichtige Anregungen zur weiteren Prozessverbesserung. Spätestens hier ist deutlich, warum es so wichtig ist, den Gedanken des End-to-End-Managements zu betonen. Durch die Erweiterung des Regelwerks "lernt" Exception-Management dazu. Vorhandene Methoden und Verfahren zur Problemlösung können verfeinert, erweitert und durch zusätzliche Regeln ergänzt werden. Die Feedbackschleifen werden so zu einem Schlüsselelement des gesamten Exception-Management.