Praxistest Kamp Dynamic Hardware Pool

Cloud-Server aus deutschen Landen

11. Februar 2015, 7:00 Uhr | Thomas Bär, Frank-Michael Schlede/wg

Ausgelagerte virtuelle Rechenzentrumsressourcen liegen im Trend. Doch Sicherheitsbedenken erschweren insbesondere im deutschsprachigen Raum den Siegeszug nordamerikanischer Cloud-Service-Provider. Aus Oberhausen im Ruhrgebiet kommt mit Kamp Dynamic Hardware Pool (DHP) eine spannende Virtualisierungsplattform auf Mietbasis.

Administratoren hätten natürlich gerne ihre Server- und Storage-Systeme stets im eigenen RZ und damit im direkten Zugriff. Doch nicht jedes Unternehmen will sich dauerhaft den Aufwand für einen modern ausgestatteten Server-Raum leisten: Kühlung, Sicherung, Stromverbrauch und mitunter unvorhersehbare Auslastung - Gründe genug, sich nach gehosteten Alternativen umzuschauen. Recht jung ist hier das Angebot von Kamp Netzwerkdienste namens "Dynamic Hardware Pool". Es basiert auf der herstellereigenen Plattform Virtual-Core, die wiederum auf dem freien, nach GPL-2 lizenzierten Qemu (Quick Emulator) aufsetzt.
 
Das eigene kleine Rechenzentrum
In der Basisversion von Kamp DHP stehen dem Kunden zwölf virtuelle CPU-Kerne, 24 GByte RAM und 500 GByte Festplattenplatz zur Verfügung, die er beliebig auf virtuelle Server aufteilen kann. Die interne Netzwerkanbindung zwischen den virtuellen Servern arbeitet mit 100-MBit/s-NICs, und die Anbindung an das Internet mit IP- und DNS-Management erfolgt vollautomatisch. Dank des kostenfreien Testzugangs kann sich jeder Interessent das System unkompliziert selbst anschauen.
Hinsichtlich der Vertragsbedingungen gibt es zwei erfreuliche Besonderheiten: Die Microsoft-Betriebssystemlizenzen sind in den Mietkosten bereits inbegriffen, und es gibt keine Mindestvertragslaufzeit. Neben Microsoft Windows in den Ausprägungen 2008R2 und 2012R2 bietet Kamp die Linux-Distributionen von CentOS, Debian, Fedora, Ubuntu 12.04 LTS und 14.04 LTS an. Zudem gibt es auf Linux-Basis über 100 vorinstallierte Server-Appliance-Templates - vom File- und Samba-Server bis hin zum Datenbanksystem oder Web-Entwicklungs-Server.
Nach der Anmeldung am "spacig" aussehenden Anmeldedialog mit bewegtem Sternenhintergrund geht es im Dashboard sofort zur Sache. Wer Microsofts Internet Explorer nutzt, erhält erst einmal den Hinweis, dass dessen mangelnde HTML5-Kompatibiltität die Wahl eines anderen Browsers erfordert. Ansonsten ist das Dashboard weitgehend selbsterklärend - und das muss es auch sein, da es keine Online-Hilfe im klassischen Sinne gibt.
 
Testverlauf
Um die Funktionen der Kamp-Lösung näher zu betrachten, setzten wir im Test eine kleine Windows-Domäne in der virtuellen Infrastruktur auf: Neben dem Domänen-Controller mit Windows Server 2012R2 einen File-Server mit Windows Server 2008R2. Alles war mit 2048 MByte RAM pro Maschine und 50 GByte Speicherplatz etwas klein dimensioniert, da wir für unseren Test eine etwas "abgespeckte" Variante mit lediglich 100 GByte Plattenkapazität erhielten.
Das Anlegen virtueller Maschinen ist denkbar einfach. Das virtuelle Rack zeigt oben links ein kleines Plus-Symbol, daraufhin erscheint der Dialog mit der Auswahl der Betriebssysteme und der vorgefertigten Appliances. Anzahl virtueller CPUs, virtueller Festplattenspeicher und zugewiesener RAM - alles in etwa so gestaltet, wie es die meisten Administratoren von anderen Hypervisor-Varianten her kennen dürften. Der Konfigurations-Wizard schlägt die übliche Dimensionierung der virtuellen Hardware vor, wir mussten uns im Test etwas bescheidener geben.
Äußerst praktisch ist das Tempo der DHP-Plattform: Die Betriebssysteme werden nicht klassisch installiert, sondern entstehen ebenfalls aus einem Template. Für die Inbetriebnahme eines Windows-Servers in DHP braucht der Administrator gerade einmal drei Minuten. Den Zugriff auf die Server-Konsolen realisierten die Entwickler über integrierte VNC-Server. Somit kann der Administrator den Maschinen beim Boot-Vorgang "über die Schulter schauen" oder Konfigurationsaufgaben auf Konsolenebene durchführen. Das Darstellungstempo und die Reaktionsgeschwindigkeit des VNC-Zugriffs sind gut, die gefühlte Trägheit von VNC unterscheidet sich nicht von einem lokalen Netzwerkzugriff. Leider werden einige Tasten, beispielsweise das @-Symbol oder der Backslash, nicht durchgereicht. Somit ist das Einblenden der Online-Tastatur über das Menü erforderlich - das ist, gelinde gesagt, nervig.
Die Zuweisung eines Storage-Bereichs in DHP heißt nicht automatisch, dass die virtuelle Festplatte entsprechend dimensioniert für das virtualisierte Betriebssystem zur Verfügung stehen wird. Grundsätzlich starten die Windows-VMs mit einer festen Größe von 50 GByte - einige Linux-Varianten kann DHP mit 10 GByte Platten auf den Weg bringen. Soll der Speicher größer sein, so legt der Administrator im Register "Festplatten" eine weitere Festplatte an, definiert die Größe mit mindestens 5 GByte und bindet diese dann in die VM ein. Dazu muss der Administrator jedoch den virtuellen Server anhalten. Will er die vorhandene Windows-Partition vergrößern, muss er nun die Windows-Bordmittel in der Datenträgerverwaltung nutzen.
Die beiden im Test installierten Windows-Server konnten sich unter DHP problemlos miteinander verbinden und auch einen Domain-Join durchführen. Alles funktionierte wie bei einer lokalen Netzwerkverbindung: Man setzt auf dem Member-Server die entsprechenden DNS-Einträge und es klappt. Jeder Server bekommt von der Virtualisierungslösung eine eigene, auch über das Internet erreichbare IP-Adresse zugeordnet - eine IPv4- wie auch eine IPv6-Adresse. Diese Information sorgt natürlich zunächst einmal für eine gewisse Grundsorge: Üblicherweise möchten Administratoren ihre Server nicht allesamt über das Internet erreichbar wissen. Glücklicherweise haben die Entwickler und Produkt-Manager bei Kamp eine Firewall in ihre Lösung integriert.
Neben der im eigentlichen Betriebssystem beheimateten Firewall gibt es einen zusätzlichen Schutz mit einfach zu konfigurierenden Regeln. Hier unterscheidet sich DHP nicht von den marktüblichen Lösungen und hat die Standard-Ports wie 3389 für RDP oder Ping-Echo-Requests schon einmal voreingestellt. Die Firewall wirkt jedoch nur in Richtung Internet - innerhalb des virtuellen Datacenters muss der Administrator die betriebssystemeigenen Firewalls nutzen. Die Server hängen dabei nicht in einem eigenen Subnetz, sondern erhalten während der Installation per DHCP eine fest reservierte IP-Adresse.
Für einen weiteren Test aktivierten wir eine vordefinierte Appliance: Iredmail Mailserver. Nach der nur wenige Minuten dauernden Prozedur kann der Administrator über ein IMAP-fähiges E-Mail-Programm - wir nutzten Thunderbird auf einem Windows-Server - auf den Mail-Server zugreifen. Der Empfang von extern über das Internet ist sofort möglich. Für den Versand muss der Administrator jedoch erst einen mx-Record vom Domain-Provider eintragen. Zwar unterstützt DHP das Hochladen von ISO-Images, beispielsweise um eigene Applikationen zu installieren, jedoch gibt es keine Möglichkeit, von diesen ISO-Dateien zu booten. Virtual-Core - die Basissoftware, auf der DHP aufbaut - unterstützt die Installation eigener Betriebssysteme. Auch der Versuch, DHP auszutricksen, indem wir ein Windows-7-ISO-Image auf einen existierenden Windows 2008R2 zogen und den Reinstallationsvorgang starteten, half nicht: Nach rund zwei Stunden hatten wir zwar ein Windows, aber ohne die spezifischen Gerätetreiber.
In der Standardeinstellung von DHP sichert die Software automatisch jede Nacht alle virtuellen Server im eigenen Storage-Raum. Das ersetzt natürlich nicht die tägliche Sicherung durch den Administrator - diese muss er mit den jeweiligen Bordmitteln der virtuellen Server realisieren. Im Fundus von Kamp findet sich dazu eine vorgefertigte Backup-Appliance.
Wie alle anderen am Markt befindlichen Virtualisierungsprodukte bietet auch DHP die Verwendung von Snapshots ("Recovery Points") an. Der Administrator kann durch einen Mausklick einen Recovery Point anlegen und per Mauskommando auch wiederherstellen. Explizit weist die Software von Kamp darauf hin, dass bei einem eingeschalteten Server ein Recovery Point inkonsistent sein kann. Dies ist bei den Marktbegleitern an sich nicht anders, nur erscheint dort der Hinweis nicht so deutlich. Unglücklicherweise verbraucht ein Recovery Point stets denselben Plattenplatz wie der Server selbst.
Das Klonen eines virtuellen Servers ist bei DHP grundsätzlich möglich, im heruntergefahrenen Zustand kann die Virtualisierungssoftware eine VM kopieren. Die Kopie erhält zwar eine eigene IP-Adresse, ist aber ansonsten deckungsgleich. Bei Windows-Servern sind somit die Computer-ID und der Name inklusive Anbindung ins Active Directory identisch. Der Export einer DHP-VM in das verbreitete VMDK-Format zum Download ist eine weitere Möglichkeit, um eine einmal aufgesetzte Server-Maschine zu sichern. Der Import von VMDK-Dateien wiederum ist bei DHP deaktiviert.
 
Überzeugende Leistungswerte
Wohlwissend, dass Benchmark-Ergebnisse nicht wirklich objektiv die Leistungsfähigkeit eines Servers darstellen können, vermitteln die Messdaten zumindest ein grobes Gefühl, welche Leistung eine Anlage im Praxisbetrieb erreichen könnte. Zur Leistungsmessung benutzten wir Sandra 2015 von Sisoftware - ein Tool, das sich jeder Administrator für seine eigenen Vergleichsmessungen aus dem Internet laden kann. Der "Dhrystone Integer SS4.2"-Messwert einer mit zwei virtuellen CPUs ausgestatteten Windows-Server-2012-R2-Installation liegt bei überzeugenden 33,5 GIPS bei einer Prozessorgesamtleistung von 24,91 GOPS. Die Leistungsdaten des virtualisierten Festplattensystems können sich ebenfalls sehen lassen. Sandra bescheinigt unserer virtuellen 52,4 GByte großen SCSI-4-Platte einen Laufwerksindex von 135,62 MByte/s mit einem sequentiellen Lesezugriff von 61,17 MByte/s und einem ebenfalls sequentiell gemessenem Schreibzugriff von 239,7 MByte/s bei einer durchschnittlichen Zugriffszeit von 5,82 ms. Die virtualisierte Netzwerkkarte unseres Windows-Test-Servers erzielte einen Bandbreitenmesswert von 32,7 MBit/s bei einer Latenz von 582 µs. Die Messdaten für die Internetanbindung ergaben indes einen Durchsatz von 5,88 MBit/s bei einer Latenz von 2 ms.
 
Fazit
Kamp DHP ist eine einfach zu bedienende Virtualisierungslösung, die äußerst performante Server zur Verfügung stellt. Dank der vorgefertigten Appliance-Templates kommt der Administrator schnell zu seiner gewünschten Umgebung. Die direkte Installation eigener Betriebssysteme ist leider nicht möglich. Die Preisgestaltung ist für den Kunden überaus günstig - ab 3,30 Euro pro Tag erhält der Administrator eine leistungsfähige Umgebung in einem zertifizierten Rechenzentrum, und etwaige Windows-Lizenzen sind dabei sogar bereits eingeschlossen.
Der Autor auf LANline.de: BÄR
Der Autor auf LANline.de: Frank-Michael Schlede
Info: Kamp NetzwerkdiensteTel.: 0208/894020Web: www.kamp.de

Die Definition der Hardware erfolgt bei Kamp DHP via Web-Dialog. Unter dem DNS-Alias ist das System direkt über das Internet erreichbar.

Neben der betriebssystemeigenen Firewall bietet Kamp DHP Regelwerke für die virtuelle Maschine.

Der Administrator wählt bei Kamp DHP aus einer großen Anzahl von Appliances aus. An blanken Betriebssystemen stehen Windows 2008/2012 und verschiedene Linux-Varianten zur Auswahl.

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