Remote Work in Pandemiezeiten

Das neue Normal ist noch Neuland

27. Januar 2021, 7:00 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Konferenzmarathon

Eine weitere Hürde für das virenfeindlich verteilte Arbeiten: die leidige Technik. Allen Bemühungen von Cisco, Citrix, Microsoft, VMware und Co. zum Trotz gilt „Home-Office geht überall“ für viele Berufstätige hierzulande eben leider doch nicht: „Wer nicht im Home-Office arbeitet, obwohl er dies dürfte, nennt dafür als Hauptgrund eine mangelhafte technische Infrastruktur“, so ein Ergebnis der Bitkom-Umfrage. „Jeder vierte Home-Office-Verweigerer (26 Prozent) führt das auf eine zu langsame beziehungsweise zu fehleranfällige Internetverbindung zurück.“ Laut Bitkom haben 92 Prozent der Haushalte eigentlich Zugang zu Festnetz-Internet mit mindestens 50 MBit/s – aber Zugang haben heißt eben nicht: abonniert haben. Manch einer braucht das privat nicht. Gegebenenfalls müssten Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich auf eine Zuschussregelung einigen, um die Kosten flexiblen Arbeitens abzufedern.

Abgesehen von den Tücken des Internets haben die Werktätigen zu Hause vor allem mit einem zu kämpfen: Ihr Arbeitstag degeneriert schnell zu einer endlosen Serie von Videokonferenzen – das schlaucht. Ein schnell wirkender Workaround, auch wenn Zoom und Co. das sicher nicht gerne hören: Telefonate! Dem Gegenüber einfach nur zuzuhören ist weniger anstrengend als ein Video-Call oder gar eine Videokonferenz (Erfahrungswert eines IT-Journalisten, für den Work from Home seit Jahren der Normalbetrieb ist).

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„Wir haben die Arbeit umgestellt, aber das ist keine Transformation“, so Oliver Blueher von Slack.
„Wir haben die Arbeit umgestellt, aber das ist keine Transformation“, so Oliver Blueher von Slack.
© Slack

Noch nützlicher wäre ein weiterer Schritt: „Wir haben die Arbeit umgestellt, aber das ist keine Transformation“, so Oliver Blueher von Slack kürzlich bei einem Online-Roundtable zu Remote Work. „Wir müssen nun durch die nächste Tür gehen.“ Was er damit meint: den Schritt von der Echtzeitkommunikation eines Telefonats oder Video-Calls hin zur asynchronen Kommunikation, wie sie eben unter anderem der Enterprise-Messaging-Anbieter Slack offeriert. Im privaten Umfeld haben wir diesen Schritt längst getan: Wir telefonieren immer weniger, an die Stelle der Telefonate treten Messages via WhatsApp (bei allen, die sich um ihre Privatsphäre nicht scheren), iMessage oder Signal. Auf eine solche Message erwarten wir eine zeitnahe Antwort, aber eben nicht, dass jemand sofort „den Hörer abnimmt“. Dies entzerrt Kommunikationsabläufe, kann die Stressbelastung deutlich senken und sollte daher laut Blueher auch im Unternehmen mehr Verbreitung finden.

Zu schlechter Letzt gibt es, wie immer im digitalen Leben, einen Bonus-Stolperstein: Security. Da sich die Belegschaft verstärkt nur noch online begegnet, steigt das Risiko von Phishing-Angriffen, von schlecht gesicherten privaten WLANs und Endgeräten ganz zu schweigen. Immerhin teilweise Abhilfe schaffen hier Digital Workspaces, wie Citrix, Microsoft und VMware sie anbieten, da sie für die Kontrolle und Absicherung des mobilen Arbeitens sorgen, selbst beim Einsatz privater Geräte. Security-Experten raten zu zentralem Device-Management mit ebenso zentralem Monitoring der Fernzugriffe und MFA (Mehr-Faktor-Authentifizierung). Einhergehen sollte dies auf jeden Fall mit Awareness-Schulungen, die künftig eben auch verstärkt das Thema Home-Office abdecken müssen: Wie schütze ich ein privates WLAN? Worauf muss ich achten, wenn ich das Firmen-Notebook in einem Haushalt mit kleinen Kindern betreibe? (Tipp: Notebook immer mit Sicherheitsabstand zu Kakaobechern positionieren!)

„Eine Security-Strategie für das Home-Office sollte dem Konzept ,Vertraue niemals, überprüfe immer!’ folgen“, rät Sven Kniest von Okta.
„Eine Security-Strategie für das Home-Office sollte dem Konzept ,Vertraue niemals, überprüfe immer!’ folgen“, rät Sven Kniest von Okta.
© Okta

Sven Kniest vom Security-Anbieter Okta zum Beispiel rät hier – im Einklang mit zahlreichen weiteren Sicherheitsfachleuten – zum Umstieg auf einen Zero-Trust-Ansatz: „Eine Security-Strategie für das Home-Office sollte dem Konzept ,Vertraue niemals, überprüfe immer!’ folgen und die verschiedenen eingesetzten Maßnahmen und Tools entsprechend integrieren und orchestrieren.“ Es gelte, die drei Aspekte Mensch, Gerät und Software abzudecken: „Verpflichtende Awareness-Trainings für Mitarbeitende stärken das Bewusstsein für Risiken und Angriffsmuster. Device-Management zur zentralen Geräteregistrierung überprüft, dass genutzte Laptops, Tablets und Smartphones vertrauenswürdig sind. Und Multi-Faktor-Authentifizierung stellt sicher, dass sich wirklich die Person anmeldet, die sie vorgibt zu sein, sodass Hacker sich nicht durch einfachen Passwortdiebstahl Zugang zum Unternehmensnetzwerk verschaffen.“

Er plädiert für risikobasierte Authentifizierung: Die Authentifizierungsmaßnahmen hängen vom Kontext und dem Verhalten des Nutzers ab – und bei Auffälligkeiten fordert die Security-Software einen zusätzlichen Authentifizierungsfaktor ein. Das hilft dann auch als Abwehrmaßnahme, wenn plötzlich mal Schokoladenfinger über Mamas Notebook-Tastatur trapsen.

Noch Nachholbedarf

Der erste Lockdown hat zu einer Remote-Work-Welle geführt, aber eine Welle macht noch keinen Sommer. Beim Thema „Work from Home“ (im Lockdown) oder „Work from Anywhere“ (falls gerade mal kein Lockdown) besteht noch Nachholbedarf – bei der Einstellung mancher Arbeitnehmer und mancher Arbeitgeber, seitens der Legislative und in puncto IT. Für eine stabile Wirtschaft in Krisenzeiten wäre ein nationaler Pandieplan mit klaren Warnstufen ebenso wünschenswert wie ein bundesweites Resilienzkonzept für den Schulunterricht. Begleitend darf die Einführung pandemietauglicher, aber dennoch mitarbeiterfreundlicher Remote-Work-, Kommunikations- und Sicherheitstechnik ruhig weiter an Fahrt gewinnen. Dann bleibt nur noch eine Frage: Gibt’s für Hausschlachtungen denn keine App?


  1. Das neue Normal ist noch Neuland
  2. Unproduktivitätsrisiko
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