Trends im Cloud Computing

Debatte um den "sicheren Cloud-Hafen"

11. März 2015, 7:00 Uhr | Erwin Breneis ist Cloud Management Solutions Manager Systems Engineering CEMEA bei VMware, www.vmware.com/de./wg

Im Cloud Computing findet ein Paradigmenwechsel statt: Nicht mehr die Frage "Ob", sondern das "Wie" steht im Vordergrund. Doch derzeit findet man vor allem in Deutschland verschiedene kontroverse Meinungen - ein Status Quo, der nicht zuletzt aufgrund der Enthüllungen Edward Snowdens zum Vorgehen der NSA zwei Fragen provoziert: 1. Quo vadis, Cloud? 2. Ist Deutschland ein sicherer "Cloud-Hafen"?

Unbestreitbar ist, dass die Cloud helfen kann, die enorme Datenflut etwa von Mobilgeräten durch skalierbaren Speicherplatz zu bewältigen. Zugleich führt sie zu Kosteneinsparungen und mehr Agilität. Dies hat auch das Gros der deutschen Unternehmen erkannt und setzt sich aktiv mit der Auslagerung seiner Applikationen und Daten in die Cloud auseinander: Laut der IDC-Studie "Hybrid-Cloud in Deutschland 2014" nutzten im vergangenen Jahr 66 Prozent der Unternehmen Private Clouds, 35 Prozent Hosted Private Clouds, 24 Prozent Public Clouds und 15 Prozent Hybrid Clouds. Dies verdeutlicht nicht nur, dass die Cloud in Deutschland bereits angekommen ist, sondern dass es bei der gegenwärtigen Diskussion nicht mehr um das "Ob", sondern um das "Wie" und "Was" geht.
 
Quo vadis, Cloud?
Eine Fülle an individuellen Einsatzszenarien zeigt, dass es nicht "die" Cloud gibt. Unternehmen fragen stets nach einer maßgeschneiderten Lösung. IT-Chefs operieren mit Hybridmodellen und experimentieren mit den Möglichkeiten aus Private und Public Cloud. Cloud-Dienste dienen zur schnellen Bereitstellung neuer IT-Funktionen in einer Testumgebung ebenso wie als Multi-Cloud-Umgebung für komplexe Infrastrukturen über global verteilte Standorte.
Private Clouds sind zwar laut der IDC-Studie das präferierte Cloud-Modell und insbesondere im Mittelstand weit verbreitet - allerdings sind die Vorteile der Cloud durch interne IT-Infrastrukturen allein selten oder nur teilweise zu erreichen. Dazu zählen laut Fraunhofer Institut vor allem folgende Punkte:
Betrieb und Wartung von IT-Ressourcen entfallen,
keine Investition in Überkapazitäten für Lastspitzen,
Zahlung auf Basis des tatsächlichen Verbrauchs sowie
professionelles Security-Management und automatische System-Updates durch den Anbieter.
Der Unterscheidung zwischen IaaS (Infrastructure as a Service), PaaS (Plattform as a Service) und SaaS (Software as a Service) folgend, bilden die beiden ersteren die Basis für innovative SaaS-Angebote. Denn schließlich ist es die Software, mittels derer sich Geschäftsprozesse optimieren lassen. Der Trend aus den USA, innovative Business-Lösungen nur im SaaS-Modell aus der Public Cloud anzubieten, wird in den kommenden Jahren sicher auch in Deutschland noch dominanter werden, sodass Public- und Hybrid-Cloud-Anwender womöglich reine Private-Cloud-Anwender im Wettbewerb abhängen könnten. Denn wer nicht alle seine Daten und IT-Services in die Public Cloud migrieren möchte, kann beim Hybridmodell trotzdem die Vorteile der Wolke erzielen. Gartner geht davon aus, dass bis 2017 rund die Hälfte der eingesetzten Cloud-Modelle hybrid sein werden, vereinen sie doch die Vorteile von Public und Private: Sensible Daten bleiben in der Private Cloud, während die Public Cloud Lastenspitzen auffängt und für Disaster Recovery zum Einsatz kommt.
 
Wichtige Aspekte der Hybrid Cloud
Für höchste Effizienz bei Hybrid-Cloud-Lösungen müssen die Systeme der Private und der Public Cloud nahtlos zusammenspielen. Eine effektive Korrespondenz zwischen der hauseigenen IT und der Infrastruktur des Providers ist dabei notwendig. Für die reibungslose Kommunikation zwischen den Systemen werden Application Programming Interfaces (API) angesprochen. Um Kunden ein komplettes Paket anbieten zu können und die notwendige Flexibilität zu erreichen, kooperieren Cloud-Anbieter mit Spezialisten für Netz- und Speichertechnik. Ziel ist es, dass Unternehmen alle Ressourcen mit nur einem Management-System verwalten können. Das Cloud-Management-System agiert als IT-Service-Broker und verbindet somit Private und Public Cloud miteinander.
So kann ein Unternehmen seine hybride Cloud-Lösung in allen Bereichen nach den eigenen Geschäftsanforderungen und -regeln konfigurieren. Dabei lässt sich beispielsweise festlegen, welche Prozesse und Dienste in welcher Cloud laufen sollen. Somit kann das Unternehmen von den Vorteilen einer flexiblen IT-Infrastruktur profitieren, verliert jedoch nicht die Datenhoheit. Durch diese Flexibilität kann eine echte Hybrid Cloud eine wesentliche Rolle bei der Neuausrichtung der IT-Infrastruktur spielen.
 
Software-Defined Datacenter und Orchestrierung
Die Unternehmens-IT wandelt sich zum internen Service-Anbieter virtueller Infrastrukturen. Ihre Aufgabe ist und wird es in Zukunft immer mehr sein, IT-Services zu orchestrieren. Daher werden die Themen Orchestrierung, Brokerage und Management noch stärker in den Fokus rücken müssen. Unlängst beobachtete Mette Ahorlu, Research Director European Services bei IDC, dass das Management der Cloud die gesamte IT grundlegend verändern werde. Die Devise heißt laut Ahorlu nicht mehr: "Die IT-Abteilung tut etwas", sondern "Die IT-Abteilung managt etwas".
Im Zusammenhang mit Aufbau und Management einer hybriden Cloud-Umgebung gewinnt auch das Konzept des Software-Defined Datacenter (SDDC) an Bedeutung: Bei einem SDDC werden die Kosten- und Betriebsvorteile der Server-Virtualisierung auf die gesamte RZ-Infrastruktur (Computing, Netzwerk, Sicherheit und Storage) ausgedehnt, sodass die Unternehmen an Agilität, Effizienz und Kontrolle über die Infrastruktur gewinnen. SDDC und das Prinzip "Software-Defined" im Allgemeinen stehen für eine technische Evolution, die die Richtung vorgibt, wie man Anwendungen und Services in Zukunft intelligent, flexibel und transparent betreiben kann.
Bei Gebrauch von Standardhardware kann ein Unternehmen die Investitionsausgaben um bis zu 31 Prozent reduzieren, mit "White-Label"-Hardwarekonfigurationen sogar um 49 Prozent. Zudem lässt sich die Mitarbeiterproduktivität in einer sogenannten "IT as a Service"-Umgebung, die das SDDC über Private, Public und Hybrid Cloud hinweg ermöglicht, verdoppeln. Entsprechend braucht Deutschland als derzeit stärkste europäische Wirtschaftsnation einen "Technik-Optimismus", der die Cloud nicht als Bedrohung darstellt, sondern als Investition und Chance versteht. Dies führt zur zweiten Eingangsfrage: Ist Deutschland ein sicherer "Cloud-Hafen"?
 
Safe Cloud Harbor Germany?
War der Rechenzentrumsstandort vor ein paar Jahren eher unerheblich bei der Wahl eines geeigneten Cloud-Anbieters, ist er spätestens seit den Schlagzeilen zum Thema Cyberspionage in den Vordergrund gerückt. Vor allem in Deutschland fragen Unternehmen explizit nach lokalen Cloud-Angeboten. Hat ein Unternehmen die Entscheidung getroffen, seine Daten in eine Cloud auszulagern, bevorzugt es die Speicherung in deutschen Rechenzentren. Dies belegt unter anderem eine aktuelle Studie von Bitkom und KPMG. Demnach erwartet die große Mehrheit von 75 Prozent der deutschen Unternehmen, die Cloud-Dienste einsetzen oder dies tun wollen, von ihrem Provider, dass er die Services ausschließlich über Datacenter im EU-Raum bereitstellt. Deutschland als Cloud-Standort gewinnt somit zunehmend an Bedeutung. Mit einem deutschen RZ-Standort folgen immer mehr Cloud-Anbieter dem Wunsch der Unternehmen hinsichtlich Datensicherheit, -hoheit und -souveränität.
Ein lokaler Anbieter auf Augenhöhe, der zuverlässige IT-Services bietet und durch Datenlokalität Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt, ist ein zunehmend kritischer Faktor bei der Auswahl von Cloud-Providern. Der Speicherort der Daten ist bereits jetzt in deutschen Unternehmen sowie beim Privatanwender ein entscheidendes Verkaufsargument - zu Recht. Schließlich sollten nur seriöse Anbieter das Vertrauen der Kunden genießen. Zudem müssen Provider bei der Frage nach dem Datenschutz Transparenz bieten. Sie müssen in der Lage sein, Sicherheitsbedenken durch Argumente aus dem Weg zu räumen. Dabei ist zu betonen, dass Rechenzentren von Cloud-Service-Providern oftmals viel höhere IT-Security-Standards vorweisen als eigene Rechenzentren der Unternehmen, die gegen professionelle IT-Angriffe nicht immer optimal gewappnet sind. Das IBM Center for Applied Insights hat in einer vergleichenden Studie aus dem Jahr 2013 dargelegt, dass die Vorteile der Cloud quantifizierbar sind: Unternehmen, die konsequent auf Cloud Computing setzen, wachsen ungefähr doppelt so schnell und erzielen einen fast 2,5-mal höheren Bruttogewinn als Wettbewerber ohne Cloud-Nutzung.
Was also steht 2015 auf der Agenda des deutschen Cloud-Markts? Damit Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Endanwender noch mehr von den Vorteilen der Datenwolke profitieren können, sind die Provider und damit auch Cloud-Infrastrukturanbieter gemeinsam mit ihren Service-Provider-Partnern gefragt. Es gilt, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Verfügbarkeit und Datenschutz zu gewährleisten - im Sinne eines "Safe Cloud Harbor Germany".

Eine Hybrid Cloud verbindet Public-Cloud-Services mit Private-Cloud-Infrastrukturen. Bild: VMware

Das SDDC-Konzept dient dazu, die Kosten- und Betriebsvorteile der Server-Virtualisierung auf die gesamte RZ-Infrastruktur auszudehnen. Bild: VMware

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