Dells einst puristisches Direktvertriebskonzept hat bereits im abgelaufen Jahr viele Risse bekommen. Jetzt aber soll es endgültig zu einem Schattendasein degradiert werden. Denn gerade noch rechtzeitig zum Jahresendgeschäft startete Dell seine weit reichende Channel-Offensive unter Namen Parter-Direkt. Hinzu kommt eine Ausweitung des Consumer-Geschäftes über ausgewählte Mega-Elektronik-Discounter, wie die US-Kette Best-Buy. "Wir haben monatelang an den Vorbereitungen für Partner-Direkt gearbeitet, wir haben mit unseren bestehenden und potenziellen neuen Partnern gesprochen, wir haben Konzepte entworfen und diese zur Diskussion gestellt, und wir haben ein leistungsstarkes Partner-Portal entwickelt und getestet", sagt Chris Bates, Dells Chef für das Solution Provider Programm.
Das Zusammenlegen des Dell-Events mit Salesforce war nicht zufällig, denn ein wichtiger Bestandteil dieses Programms ist die Internet-Plattform, über die das gesamte Channel-Geschäft abgewickelt werden soll. Diese Lösung basiert auf der
CRM-Suite von Salesforce – bietet aber wesentlich mehr Collaborations- und Supply-Funktionen, als in der Standardversion vorhanden sind.
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In seiner Ankündigung sagt Dell, dass man die gegenwärtige Anzahl der US-VARs (Value Added Reseller) von 15 000 auf 30 000 verdoppeln will. Laut David Cantu, Dells Manager für das neue VAR-Programm wird das kein Problem darstellen, wobei er große Hoffnungen auf die Salesforce-Lösung setzt. "Wir können das gesamte Partner-Geschäft mit der SaaS-Lösung wunderbar skalieren", schwärmt er.
Dell plant eine Spezialisierung seiner VAR-Zertifizierung, unter andern für die Gebiete Enterprise-Architecture, Disaster-Recovery, SAN-Implementierung (Storage Area Network), Anwendungsbeschleunigung und Virtualisierung.
In ersten Stellungnahmen äußerten sich einige US-VARs zurückhaltend über Dells neue Strategie. "Die Strafen für einen Deal, der direkt abgewickelt wird, obwohl er einem Partner gehört, sind viel zu gering, das schreckt keinen Direktverkäufer ab", meint beispielsweise Greg Donovan vom Managed-Service-Provider Alpheon. Auch Darren Wesley, Chef des Solution Providers ACP sieht hier Probleme. "Es wird eine Zeit dauern, bis die Direktverkäufer sich an die neue Konkurrenz gewöhnt haben, und da muss noch manche Spitze abgeschliffen werden", prophezeit er. Dabei verweist er unter anderem auf die kurze Vorbereitungszeit des Dell-Vertriebes, der erst am 27. November über die neuen Pläne informiert wurde.
Steve Tepedino von der Beratungsfirma Channel Savvy sieht die Sache ganz einfach: "Der Erfolg von Dell im Channel hängt einzig und allein davon ab, wie erfolgreich der Channel mit Dells Produkten ist."
Vorerst beschränkt sich das Programm auf die USA; Kanada und Europa sollen im Frühjahr 2008 folgen. "Eine stufenweise Implementierung nach Regionen macht sehr viel Sinn, denn Dell muss für diesen Strategiewechsel viele neue Geschäftsprozesse einführen und entsprechende Erfahrungen sammeln", sagt Gartner-Analystin Tiffany Bova in einer ersten Stellungnahme.
Ein weiteres wichtiges Standbein in der neuen Dell-Strategie ist auch das Consumer-Geschäft, das über die großen Elektronik-Megamärkte angegangen wird. Während Dell inzwischen mit billigen Einstiegslösungen bei Walmart vertreten ist, wurde jetzt auch ein Vertrag mit der US-Kette Best-Buy abgeschlossen. Best-Buy ist vergleichbar mit dem deutschen Media-Markt. Zum Angebot gehören dort unter anderen die XPS One, Inspiron 530, 531 und 531s Desktops sowie die Notebooks XPS M1330, Inspiron 1521 und Inspiron 1420. In Europa besteht inzwischen ebenfalls ein Retail-Vertriebsabkommen mit der französische Megamarkt-Kette Carrefour.
Harald Weiss/CZ/pk