Elektronische Schließ- und Zugangskontrollsysteme

Der Bart ist ab

18. Oktober 2007, 23:31 Uhr | Stefan Mutschler/pf

Im weit gefächerten Aufgabenspektrum von Facility-Management (FM) nimmt alles, was mit der Sicherheit von Gebäuden und Grundstücken zu tun hat, einen immer wichtigeren Platz ein. Zentrale Instrumente der Security sind Schließ- beziehungsweise ausgefeilte Zugangskontrollsysteme. Selbst auf diesem vergleichsweise eng umrissenen Teilgebiet des FM sind die Anforderungen und dementsprechend die Lösungsansätze äußerst vielfältig. Systeme wie "Atlock" (geschrieben: "@lock") von Knürr, "Elock" von Hewi und "Ekey Tocanet" von Ekey Biometric Systems haben zwar sehr ähnlich klingende Namen, unterscheiden sich in ihren Konzepten jedoch beträchtlich.

Die Zeiten, in denen Zugangskontrolle darin bestand, autorisierten Personen entsprechende
Stahlschlüssel mit gefrästem Bart auszuhändigen, neigen sich dem Ende entgegen – zumindest in
modernen Hightech-Anlagen und -Gebäuden. Hier haben elektronische Schließsysteme in weiten Teilen
das Feld übernommen, denn sie punkten gegenüber den soliden Klassikern mit klaren Vorteilen: Sie
sind nahezu in Echtzeit zentral steuerbar, flexibel und "wissen" mehr. Zum Beispiel wer ein
bestimmtes Schloss wann geöffnet hat. Sämtliche Schließbewegungen lassen sich so lückenlos
dokumentieren. Darüber hinaus können die Verantwortlichen elektronischen Schlüsseln verschiedene
Zeitzonen zuweisen und bei Verlust eines Schlüssels die betroffenen Schlösser sofort
umprogrammieren und neu generierte Schlüssel ausgeben.

In Verbindung mit biometrischen Erkennungssystemen entfällt die Schlüsselverwaltung, denn hier
wird der Körper selbst zum Schlüssel. Wie jedes Schließsystem bestehen auch die elektronisch
gesteuerten Varianten aus Schloss und "Schlüsseln" – Letztere erlauben jedoch bei der Form des
Schlüssels zahlreiche Spielarten – von der Plastikkarte mit Magnetstreifen oder Transponderchip
über verschiedenste Arten von Token zum Beispiel in Form eines Schlüsselanhängers bis hin zu
biometrischen Systemen, die unverwechselbare Merkmale des Körpers (Fingerabdruck, Irismusterung,
Gesichts- und/oder Kopfform etc.) als Schlüssel nutzen.

Atlock

Das Atlock-Schließsystem von Knürr (www .knuerr.de) wird als Komponente
einer übergeordneten Schließlösung primär für IT-Schränke in Unternehmensnetzen beziehungsweise
Rechenzentren angeboten. Eine weitere Anwendung ist die automatische Notfallöffnung von Schränken
in Verbindung mit den wassergekühlten "Cooltherm"-Systemen des Herstellers. Insbesondere in den
Racks virtualisierter Blade-Serverfarmen sieht sich Atlock zuhause. In Verbindung mit dem "
Rack-Management-System" (RMS) von Knürr lassen sich mit Atlock Steuerungen realisieren, die
Rücksicht auf die im Schrank befindliche Rechenlast nehmen. Mit einer geeigneten Software – etwa in
Form von Skripts – können mit "RMS Compact" in Verbindung mit dem Schwenkhebel "Atlock Basic"
sowohl der Status der Türkontakte per SNMP ausgelesen als auch Türen geöffnet werden. Auf diese
Weise lässt sich zum Beispiel sicherstellen, dass ein Schrank erst dann seine Türen freigibt, wenn
geschäftskritische Serverprozesse auf die Rechner eines anderen Racks verschoben sind.

Atlock nutzt RFID-Transponderkarten (siehe Kasten) als Schlüssel und eine dedizierte Software,
die gezielt über eine dreidimensionale Kombination aus Zeitfenstern, Zutrittsrechten und Tür-IDs
eine entsprechend komplexe Zugangskontrolle sowie das Logging vornimmt. Dabei lässt sich bei Bedarf
auch das Vier-Augen-Prinzip umsetzen, bei dem mindestens zwei Schlüssel für eine Öffnung vorhanden
sein müssen.

Die Ansteuerung des Atlock-Systems erfolgt über einen seriellen Bus beziehungsweise über
Ethernet. Die Integration in verschiedene Gebäudemanagement-Bussysteme läuft über entsprechende
Anschlusskontakte. Für verschiedene Bussysteme angepasste, spezifische Module existieren nicht –
hier verweist Knürr auf den Einzug von Ethernet ins Gebäudemanagement.

Elock

Beim Elock-System von Hewi (www.hewi.de) stehen Gebäudeverwaltung
und organisierter Zutritt, vor allem an den Innentüren, im Mittelpunkt. Die erst seit Juli dieses
Jahres vermarktete Schließlösung will insbesondere mit ökonomischen Argumenten überzeugen – erlaubt
sie doch, spezifische Anforderungen jeder einzelnen Tür zu berücksichtigen. Die Lösung lässt sich
auch nach der Installation noch an geänderte Anforderungen anpassen. Dafür bietet der Hersteller
verschiedene Erweiterungsmodule. Bisher wurden elektronische Schließsysteme meist allein unter dem
Aspekt der Sicherheit entwickelt – sie finden an sämtlichen Türen gleichermaßen ihren Einsatz. Hewi
zitiert jedoch Statistiken, nach denen etwa die Hälfte der Innentüren eines Objekts hauptsächlich
Anforderungen an Organisation und Flexibilität erfüllen sollten, da sie oft genutzt werden und sich
Berechtigungen häufig ändern. Es handle sich beispielsweise um Türen zu Büro- und
Besprechungsräumen oder Patientenzimmern. Gerade für diese Türen sind bisherige elektronische
Schließsysteme nach Auffassung von Hewi in puncto Sicherheit völlig überdimensioniert.

Elock besteht aus einem elektromechanischen Schloss, zwei Antennen zur Identifikation und einem
Taster an der Innenseite. Das Schloss ist über den Türdrücker zu bedienen. Via Antennen lässt sich
der Drücker allerdings elektronisch abschalten – die Tür ist über die Falle verschlossen. Das
System funktioniert batteriebetrieben, sodass eine Verkabelung der Tür nicht erforderlich ist.
Diese Aspekte erleichtern insbesondere eine Nachrüstung im Bestand. Die Batterielebensdauer
erstreckt sich in der Regel auf mehrere Jahre.

Zu den Erweiterungsmodulen zählen beispielsweise Zeiterfassung samt entsprechender
Dokumentation, ein Lern-Lösch-System direkt am Beschlag, eine PC-Verwaltungssoftware (für
umfangreichere Installationen) in Verbindung mit einer PDA-Software (der PDA fungiert als "
Datenschaukel" zwischen PC und Beschlag – eine Vernetzung ist in der Basisversion weder über einen
Gebäude- noch einen Ethernet-Bus vorgesehen) sowie eine Onlineanschaltung via PC. Für erhöhte
Anforderungen an die Sicherheit lässt sich Elock mit einem biometrischen Identifikationssystem
koppeln, das auf Gesichtsfelderkennung basiert.

Ekey Tocanet

Die biometrische Identifizierung stellt die zentrale Komponente der Schließlösung Ekey Tocanet
des österreichischen Herstellers Ekey Biometric Systems (www.ekey. at) dar. Auf Schlüssel aller
Art wird hier bewusst verzichtet, denn deren Verwaltung verursacht nach Auffassung von Ekey unnötig
viel Aufwand. Grundlage der Identifizierung ist hier ein Finger, allerdings nicht ein Abdruck im
klassischen Sinne. Vielmehr muss ein neu zu erfassender Mitarbeiter einen Finger (vorzugsweise den
mittleren) einmalig über einen Scan-Schlitz ziehen, das System erfasst die biometrischen
Informationen des Fingerbilds und errechnet daraus einen individuellen Binärcode. Ein Administrator
weist dem neuen Mitglied seine Zutrittsrechte zu – gegebenenfalls auch mit bestimmten Uhrzeiten.
Ist dies erledigt, fungiert der Finger als alleiniger Universalschlüssel.

Ekey ist ein netzwerkbasierendes Zutrittssystem auf Server- und Terminalbasis. An einem Standort
lassen sich unbegrenzt viele Ekey-Terminals zum Öffnen von Türen, zur Zeiterfassung, aber auch als
Kassensysteme einsetzen. Jedes Terminal verwaltet bis zu 2000 Benutzer. Der Server ist nur einmal
nötig – er verwaltet unbegrenzt viele Fingerabdrücke, Benutzer und Fingerprint-Reader. Die Lösung
lässt sich auch standortübergreifend einsetzen. Um den Missbrauch von biometrischen Daten in
Unternehmen zu verhindern, hat Ekey ein zusätzliches Feature eingebaut: Bei aktivierter "
Betriebsratsfunktion" kann der Administrator die Datenhistorie nur im Beisein des Betriebsrats
ausforschen.

Drei Schließlösungen – drei völlig unterschiedliche Einsatzbereiche. Ob in Zukunft Schlüssel
komplett für alle Anwendungen wegfallen, wie es Ekey propagiert, bleibt abzuwarten. Fest steht
allerdings, dass auch im skeptischen Europa die Akzeptanz biometrischer ID-Systeme immer mehr
zunimmt.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+