WAN-Optimierungs-Appliances

Der Weg ist das Ziel

17. Dezember 2007, 23:00 Uhr | Apurva Davé/wg Apurva Davé ist Senior Product Marketing Manager bei Riverbed.

Lösungen für die WAN-Optimierung - häufig unter dem Begriff WAN Optimization Controllers (WOCs) gehandelt - sind ein entscheidender Faktor in Netzwerken, die einen höheren Durchsatz und eine bessere Produktivität liefern sollen. Allerdings können IT-Verantwortliche angesichts der vielen Standards und verschiedenen Konzepte schnell den Überblick verlieren. Dieser Artikel erklärt die häufigsten Probleme in Netzwerken und die herkömmlichen Lösungsansätze, um dann das Konzept von Wide-Area Data Services (WDS) vorzustellen. WDS verbindet verschiedene Ansätze zu einer gemeinsamen Lösung.

Die meist gehörte Beschwerde, die Netzwerkadministratoren zu hören bekommen, ist, dass das
Netzwerk zu langsam sei. Die Nutzer in Niederlassungen haben oft den Eindruck, dass sich der
Daten-Highway auf dem Weg zu ihrem Büro in eine schmale Landstraße verwandelt. Aber das ist nicht
immer der Fall. Heute sind Powerpoint-Präsentationen mehrere MByte groß, Mitarbeiter senden E-Mails
mit großen Dateianhängen, und immer mehr Anwendungen laufen netzbasiert. Netzwerkverbindungen mit
wenig Bandbreite verhindern deshalb oft produktives Arbeiten in Zweigstellen – vor allem, wenn eine
Verbindung von 64 oder 128 kBit/s reichen muss, um das Büro mit dem Hauptsitz auf der anderen Seite
der Erde zu verbinden. Aber auch Nutzer in kleinen Verkaufsbüros mit E1-Verbindungen beschweren
sich oft.

Bandbreite ist nur ein Problem von vielen

Denn neben der Bandbreite gibt es weitere kritische Faktoren, die die Netzwerk-Performance und
damit die Produktivität einschränken können. Während sich die Nutzer über ein langsames Netzwerk
beschweren, sehen Netzwerkadministratoren die Ursachen außerhalb des Netzwerks, da nur ein kleiner
Teil der verfügbaren Bandbreite tatsächlich genutzt wird.

Latenzen sind die heimlichen Datendurchsatzkiller. Die Gesetze der Physik machen Latenzen im
Weitverkehrsnetz unvermeidbar – die Übertragung der Information über die Netzwerkverbindung
benötigt einfach eine gewisse Zeit. Wenn Transport- und Applikationsprotokolle noch zu den
netzwerktypischen Latenzen hinzukommen, dauert das Laden von Daten und Anwendungen immer länger,
und der Frust bei den Mitarbeitern wächst.

Netzwerkanwendungen und TCP sind Schwätzer

Bei der Konzeption des Transfer Control Protocols (TCP) wurde vor allem auf Stabilität wert
gelegt – Geschwindigkeit spielte eine untergeordnete Rolle. TCP sendet eine kleine Datenmenge und
wartet dann auf die Bestätigung, dass das Paket angekommen ist, bevor es weitere Daten sendet.
Deshalb wird TCP auch als ein "geschwätziges" Protokoll bezeichnet (im Englischen: "chatty protocol"
). Es stellt so allerdings die Zustellung der Pakete sicher. Aufgrund der Geschwätzigkeit in
Verbindung mit der Latenz ergeben sich im WAN deutlich längere Ladezeiten als im LAN. So kann die
Übertragung einer 3 MByte großen Powerpoint-Datei als E-Mail-Anhang über das WAN 20 Minuten dauern,
im LAN hingegen nur einige Sekunden.

Die Protokolle von Anwendungen, die über TCP laufen, haben das gleiche Problem und sind meist
noch mehr durch Latenzen beeinflusst. Jedoch arbeitet jedes Anwendungsprotokoll anders – auch die
Geschwätzigkeit ist deshalb unterschiedlich stark ausgeprägt.

Diverse Probleme richtig gelöst

Idealerweise löst man Bandbreitenbeschränkungen, TCP-Geschwätz und die Chattiness von
Anwendungen in ein und derselben Lösung. Traditionelle Lösungen zur WAN-Optimierung konzentrierten
sich jedoch nur auf einen der genannten Problembereiche. Ist es aber klug, eine Einzellösung
einzusetzen? Der Ansatz mag sinnvoll sein, wenn das Netzwerk eine vorübergehende Lösung oder
Optimierung für ein sehr spezielles Problem benötigt. Netzwerkadministratoren sollten in jedem Fall
einen Überblick über alle im Markt verfügbaren Techniken haben.

Die gebräuchlichste Einzellösung ist das File Caching, auch bekannt als Wide-Area File Services
(WAFS). File Caches werden in Zweigstellen eingesetzt und speichern dort Kopien der Dateien, wenn
sie über das WAN angefordert wurden. Ruft ein Nutzer eine zuvor angeforderte Datei auf, liefert die
WAFS-Appliance die Datei lokal aus dem Cache. Zuvor holt sie sich eine Bestätigung vom Hauptserver,
dass die im Cache gespeicherte Version die neueste ist, um dann die Datei lokal bereitzustellen –
ein ebenso einfaches wie wirkungsvolles Konzept, das bereits eine gewisse Bedeutung erlangt
hat.

File Caching für manche Szenarien geeignet

File Caching arbeitet besonders in Zweigstellen gut, in denen Mitarbeiter eine Datei wiederholt
anfordern – beispielsweise die monatlich aktualisierte Preisliste oder Datenblätter für das
Vertriebsbüro. Die Dokumente würden dann einmal im Cache lokal gespeichert und von dort immer
wieder abgerufen. Aber es gibt dabei einige Einschränkungen. Eine der wichtigsten ist, dass File
Caches den Zugriff auf bestimmte Dateinamen überwachen und "Präsentation_V1.ppt" als eine
vollständig andere Datei betrachten als "Präsentation_V2.ppt". Der Cache muss also beide Dateien
über das WAN vollständig laden und von beiden eine Kopie lokal speichern – selbst wenn die
Unterschiede zwischen den beiden Dateien marginal sind.

Unterstützung standort- übergreifender Kollaboration

In Unternehmen mit mehreren Standorten werden die meisten Aufgaben von mehreren Mitarbeitern im
Team erledigt. Diese ändern häufiger die Namen von Dateien, an denen sie gemeinsam arbeiten. Die
Daten in den Dateien bleiben jedoch oft zu einem großen Teil unverändert. Die Orientierung an den
Dateinamen bedeutet deshalb eine entscheidende Einschränkung für das File Caching. Unternehmen, in
denen die Mitarbeiter gemeinsam an Dateien arbeiten, profitieren also wesentlich weniger von einer
solchen Lösung, als sie vielleicht vermuten würden.

Web-Caching ist eine zweite weit verbreitete Lösung zur WAN-Optimierung. Web-Caching-Lösungen
entstanden in der Zeit, in der Internet Service Provider (ISPs) versuchten, häufig aufgerufene
HTTP-Seiten "näher" beim Nutzer zu speichern. Später wurden sie dann stärker an die Bedürfnisse von
Unternehmen angepasst.

Grenzen des Web-Cachings

Web-Caches können grundsätzlich HTTP-basierten Datenverkehr beschleunigen. Darin liegt bereits
ihre entscheidende Einschränkung. Genauso wie WAFS-Lösungen speichern sie häufig angeforderte
Objekte. Diese Objekte sind überwiegend speicherintensivere Teile von Webseiten, beispielsweise
Bilder. Web-Caches sind auch in der Lage, neben dem Internet-Datenverkehr auch gerenderte Seiten
von webbasierten Unternehmensanwendungen zu cachen, was in Ergänzung zu ihrem Haupteinsatzzweck
einen weiteren, wenn auch nur kleinen Vorteil bringt. Genau genommen sollte eine solche
Anwendungsbeschleunigung also eher "Webanwendungsbeschleunigung" heißen, da sie keinerlei Vorteile
für andere gebräuchliche Unternehmensanwendungen bringt. Solche Lösungen erfüllen deshalb nicht die
Anforderungen von Unternehmen, die speicherintensive ERP-Anwendungen, E-Mail-Systeme und Fileserver
einsetzen.

Andere Alternativen zur Beschleunigung im WAN können in den Bereich der Bandbreitenoptimierung
fallen. Bandbreitenoptimierer arbeiten zum größten Teil mit der Kompression von Daten, die über das
WAN laufen. Diese Herangehensweise hat allerdings Nachteile im Hinblick auf den Anwendungsbereich
und die Architektur. In heterogenen und Multi-Tier-Umgebungen (beispielsweise beim parallelen
Einsatz von Fileserver, E-Mail-Server und einem webbasierten ERP-System) haben die beschriebenen
Lösungen jeweils für sich genommen nur begrenzten Nutzen.

IT-Verantwortliche interessieren sich vor allem für leistungsfähige Lösungen, die gleich mehrere
Probleme auf einmal beheben und zugleich die Verwaltung des Netzwerks vereinfachen. Hier setzen die
aktuellen Multifunktionslösungen an.

So fassen zum Beispiel WDS-basierte Appliances alle oben beschriebenen Techniken in einer
ganzheitlichen Lösung zusammen und sind dabei von Grund auf für Effizienz, Skalierbarkeit und ein
einfaches Management gebaut. Die besten WDS-Lösungen analysieren und verarbeiten Informationen
dabei auf Byte-Level und nicht auf Dateiebene. Damit reduzieren sie Redundanzen bei der
Datenübertragung verschiedener Applikationen und Protokolle. WDS-Lösungen können so zahlreiche
Performance-Probleme in Zweigstellen mit einer einzigen Appliance beheben.

Dieses "Ein-Gerät-für-alles"-Motto hat noch weitere Vorteile: Unternehmen können ihre Server
konsolidieren, was zu hohen Kosteneinsparungen führen kann, während zugleich die Performance
steigt. Durch den beschleunigten Zugriff auf File-, Anwendungs- und E-Mail-Server können
IT-Verantwortliche einfach lokale Server aus den Niederlassungen entfernen, aber zugleich für die
dortigen Mitarbeiter Zugriff auf alle wichtigen Ressourcen gewährleisten. Darüber hinaus können
Multifunktions-Appliances Backups über das WAN vereinfachen und Tape-Backups an verschiedenen
Standorten erübrigen. Da mit diesen Lösungen deutlich weniger Zeit für das Backup über das WAN
anfällt, eignen sie sich besonders für WAN-basierte Remote-Backups auf zentrale Server. Aufbauend
auf diesen Funktionen sind WDS-Lösungen ein weiterer Schritt auf dem Weg zur serverlosen
Niederlassung, was die IT-Kosten stark reduzieren kann. Schließlich kann die Bandbreitenoptimierung
der Appliances zu Einsparungen bei den Bandbreitenkosten führen oder zumindest die Zahl notwendiger
Upgrades verringern.

Der Haken liegt aber wie immer im Detail. Fast alle Anbieter von WAN-Optimierungslösungen
verwenden die gleichen werblichen Begriffe. Unternehmen müssen sich deshalb über mehr als das
informieren, was sie auf den Internetseiten der Anbieter finden, um genug über die eigentliche
Leistungsfähigkeit der einzelnen Anbieter zu erfahren. Jeder WDS-Anbieter hat sich auf Techniken
spezialisiert, die wichtige Anwendungen auf unterschiedliche Weise optimieren. Häufig ist der
einzig mögliche und richtige Weg, um herauszufinden, ob das Produkt tatsächlich die versprochene
Beschleunigung liefert, das Ausprobieren in einer Testumgebung. Ein solcher Testlauf liefert auch
Aufschluss darüber, wie einfach sich die Lösung implementieren und verwalten lässt.

Fazit

Um sich in der Vielzahl von Angeboten im schnell wachsenden Markt für Anwendungsbeschleunigung
und WAN-Optimierung zurechtzufinden, müssen sich Unternehmen vor falschen
Investitionsentscheidungen schützen, indem sie sich vorab gut informieren. IT-Verantwortliche
sollten die Schwachstellen ihres Netzwerks genau kennen und die Infrastruktur mit einem
strategischen Konzept betrachten, das den zukünftigen Bedarf berücksichtigt. Mit einer klaren
Vorstellung sollten sie dann die Lösungen und Anbieter auswählen, die das bestehende Netzwerk am
besten ergänzen. Für die eigentliche Produktauswahl ist das Testen vor Ort unersetzlich. Bis zu dem
Ziel, dass alle Mitarbeiter Arbeitszeit sparen, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.


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