Nachdem der Cloud-Computing-Zug in Deutschland mit Verspätung in Fahrt gekommen ist, wachsen auch hierzulande die Investitionen der Unternehmen in die flexible Nutzung von IT-Ressourcen. Crisp Research beziffert die Ausgaben in Cloud-Services für das Jahr 2014 in Deutschland mit 2,9 Milliarden Euro. Das Wachstum wird in den kommenden Jahren stetig anhalten und im Jahr 2018 etwa 13,4 Milliarden Euro erreichen. Weitere Investitionsbereiche sind Cloud Integration und Consulting sowie Cloud-Technik.Der Cloud-Stack, der sich grundsätzlich aus Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS) zusammensetzt, bietet für jede Art und Größe von Unternehmen eine Vielzahl von Möglichkeiten, um die IT flexibler und zielorientierter einzusetzen. Die von Crisp Research errechneten Wachstumsraten für Cloud-Services von 2014 bis 2018 (siehe Abbildung rechts) umfassen Ausgaben für IaaS, PaaS wie auch für SaaS, wobei SaaS-Applikationen aufgrund des einfachen Zugriffs den größten Anteil ausmachen. Die hauptsächliche Schwierigkeit auf der Anbieter- und Anwenderseite besteht darin, den Mehrwert von Cloud-Services zu vermitteln beziehungsweise zu erkennen. Dann hat es am Ende theoretisch keine Bedeutung, ob man von der "Cloud" spricht - was insbesondere im deutschen Mittelstand auf fruchtbaren Boden stößt. Dennoch ist es entscheidend zu verstehen, welcher Teil des Cloud-Stacks für welche Art von Anwendungsfall am besten geeignet ist. IaaS: das eigene virtuelle RZ in der Wolke Infrastructure as a Service bildet die Basisschicht des Cloud-Stacks. Ein Anbieter ist für den Aufbau und die Wartung der grundlegenden physischen Infrastruktur und das Bereitstellen virtueller Ressourcen (virtuelle Server, Speicherplatz) und gegebenenfalls für weitere Mehrwert-Services verantwortlich. Der Kunde erhält damit die Möglichkeit, sich auf der Cloud-Infrastruktur des Anbieters ein eigenes vollständig virtualisiertes Rechenzentrum aufzubauen, und ist selbst für dessen stabilen Betrieb und die Wartung zuständig. Dabei ist je nach Anbieter auf die Nutzung der Infrastruktur zu achten. Ein paar virtuelle Server unabhängig voneinander hochzufahren führt in der Regel nicht zum gewünschten und erwarteten Erfolg. IaaS bietet ein Höchstmaß an Flexibilität und ein Maximum an Kontrolle, um auf einer virtuellen Infrastruktur nach Bedarf Ressourcen für die eigene (Web-)Applikation zu nutzen. Für IaaS sind eine Vielzahl von Anwendungsszenarien vorstellbar. Viele Startups nutzen IaaS, um von Beginn an hohe Investitionskosten zu vermeiden und im Falle eines Erfolgs von der Skalierbarkeit von Cloud-Infrastrukturen zu profitieren. Aber auch im ersten Moment wenig naheliegende Industrien können IaaS einsetzen. Im Bankenumfeld bietet sich zum Beispiel die Risikoanalyse mittels einer Monte-Carlo-Simulation an, um den Wert des Verlust einer bestimmten Risikoposition für ein Wertpapierportfolio zu berechnen. Zudem lassen sich viele weitere "Legacy"-Anwendungsfälle auf einer IaaS-Umgebung abbilden, indem man zum Beispiel die On-Premise-Infrastruktur über einen Virtual-Private-Cloud-Link mit der Cloud-Infrastruktur verbindet, um die notwendigen Ressourcen nur nach Bedarf zu nutzen und nach Verbrauch zu bezahlen. Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass sich eine Legacy- (also nicht für die Cloud geschriebene) Anwendung nicht 1:1 auf eine Cloud-Infrastruktur übertragen lässt. Der Start auf der grünen Wiese ist hier angeraten und in der Regel der einzig sinnvolle Weg. PaaS: Entwicklungsplattform in der Cloud Platform as a Service ordnet sich in Bezug auf das Verantwortungsverhältnis in die Mitte des Cloud-Stacks ein. Neben der physischen und virtuellen Infrastruktur, die ebenfalls an einen IaaS-Anbieter ausgelagert sein können, verantwortet der PaaS-Anbieter das Bereitstellen, den Betrieb und die Wartung von Betriebssystemen, Software-Stacks und weiteren Applikationsdiensten wie zum Beispiel Laufzeitumgebungen für die vom PaaS unterstützten Programmiersprachen. Je nach Reifegrad bieten viele PaaS-Angebote auch Ökosysteme an, über die sich weitere externe Services in die eigene Applikation integrieren lassen. PaaS richtet sich an Entwickler, die sich nicht mit dem zusätzlichen Aufbau einer virtuellen Infrastruktur auseinandersetzen wollen und diese Zeit- und Ressourcenersparnis stattdessen in die Entwicklung von Applikationen investieren. Auffällig ist, dass PaaS-Angebote sehr oft für Prototypen und in den ersten Phasen von Test- und Development-Szenarien Verwendung finden. Für den Produktivbetrieb wechselt man dann allerdings auf ein IaaS-Angebot, da hier das Kontrollniveau auf Betriebssystem- und Software-Stack-Ebene deutlich höher ist. Des Weiteren sind PaaS-Umgebungen hochstandardisiert, sodass ein Entwickler normalerweise ausschließlich gegen die API der Plattform programmieren muss und daher deutlich weniger Freiheiten hat als bei IaaS. Einige PaaS-Anbieter haben dies bereits erkannt und sind dabei, diese Lücke zu schließen. Darüber hinaus hat die PaaS-Community in der jüngsten Vergangenheit intensiv damit begonnen, diesen Teil des Cloud-Stacks prominent bei den Unternehmen zu bewerben. Allerdings sind auch bei der Nutzung von PaaS in der Regel das Programmiermodell und die Cloud-Eigenschaften (verteilte Programmierung, Skalierbarkeit) der eigenen Anwendung zu berücksichtigen. SaaS: Plattformunabhängig, aber geringer Wettbewerbsvorteil Software as a Service bildet die oberste Schicht des Cloud-Stacks. In diesem Fall ist der Anbieter für den Aufbau, die Wartung, Weiterentwicklung und Bereitstellung der Applikation verantwortlich, die im Regelfall hochstandardisiert ist, damit der Provider ein Multimandantensystem betreiben kann. Ob der Anbieter dazu auf ein IaaS- oder PaaS-Angebot zurückgreift, ist ihm selbst überlassen. Es gibt Anbieter, die gewöhnliche virtuelle Server nutzen. Aus Sicht der besseren Skalierbarkeit und Verfügbarkeit ist es jedoch stark zu empfehlen, auf einen der anderen Bereiche des Cloud-Stacks zurückzugreifen. Beliebte SaaS-Applikationen sind E-Mail-, Office- und Collaboration-Lösungen, CRM- sowie ERP-Systeme, aber auch Tools für die Aufgabenverwaltung und das Projekt-Management. Ein Unternehmen sollte hier jedoch nicht außer Acht lassen, dass selbst eine vermeintlich hochstandardisierte Applikation wie eine E-Mail-Lösung in den meisten Unternehmen einen so hohen Stellenwert genießt, dass sie um zahlreiche Add-ons erweitert wurde und damit in dieser Form nicht als Standard-Cloud-Service zur Verfügung steht. Beim Wechsel in die Cloud sollte ein Unternehmen daher unter allen Umständen in Betracht ziehen, sich von Altlasten und "Sonderlocken" zu verabschieden. Standard-SaaS-Applikationen kommen in der Regel in Bereichen zum Einsatz, in denen sie keinen nennenswerten Wettbewerbsvorteil für ein Unternehmen liefern müssen. Allerdings nutzen mittlerweile viele Unternehmen IaaS-Angebote, um den eigenen Mitarbeitern exklusiv spezielle SaaS-Applikationen zur Verfügung zu stellen. Dies hat den Vorteil, dass der Zugriff über einen Web-Browser geräte- und ortsunabhängig erfolgt und die zentrale Wartung den Update-Prozess deutlich vereinfacht, was Kosteneinsparungen ermöglicht. Integration ist die klaffende Wunde Integration ist auf allen Ebenen des Cloud-Stacks ein wichtiges Thema. Sie wird in den kommenden Jahren einen immensen Einfluss auf den weltweiten Cloud-Markt haben. Denn Cloud-Anbieter versprechen neben der bedarfsgerechten Nutzung ("On Demand") und Abrechnung ("Pay per Use") einen einfachen Zugriff auf IT-Ressourcen. Dies sieht auf dem Papier vielversprechend aus und funktioniert in der Regel sehr gut. Die Probleme beginnen allerdings, wenn es darum geht, bestehende Systeme oder gar neue Services in der Cloud zu kombinieren: Die Integration verursacht die größten Herausforderungen. Gespräche mit Anwendern und Anfragen von an der Cloud interessierten Unternehmen spiegeln eine harte Realität wieder: Die Erwartung ist unter anderem, vorhandene On-Premise- Lösungen durch 1:1-Äquivalente aus der Cloud zu ersetzen. Die Hoffnung besteht, dass sich damit der Integrationsaufwand - der früher lokal bestand - deutlich reduzieren lässt, da sich die Systeme der jeweiligen Anbieter bereits innerhalb einer zentralisierten Infrastruktur befinden. Man geht also davon aus, dass sich die altbekannte Schnittstellenproblematik, die jeder IT-Abteilung seit Jahrzehnten große Probleme bereitet, entschärfen lässt. Dabei handelt es sich aus Anwendersicht um eine nachvollziehbare Erwartung: Schließlich halten die Anbieter die Fäden innerhalb ihrer Cloud-Services in der Hand und könnten eine einfachere Integration zwischen mehreren Systemen aus dem eigenen Hause bieten. Doch APIs und die Integration anbieterübergreifender, aber auch proprietärer Services sorgen in der Cloud für denselben Aufwand wie bei On-Premise-Umgebungen. Crisp Research sieht einen hohen Bedarf an Beratungs- und Integrationsdienstleistungen für Cloud-Projekte. In diesem Jahr werden die Ausgaben etwa zwei Milliarden Euro betragen und bis zum Jahr 2018 auf 6,8 Milliarden Euro ansteigen. Systemintegratoren, die sich auf Cloud Computing konzentrieren und Integration-as-a-Service-Anbieter dürfen sich auf eine rosige Zukunft freuen.