Auf der Citrix-Hausmesse Iforum Mitte Juni in München skizzierte CEO Mark Templeton eine Welt, in der Benutzer und Anwendungen immer weiter auseinanderdriften. Die Verfügbarkeit verteilter Services werde über Wohl und Wehe der Unternehmen entscheiden. Als Lieferant von Ende-zu-Ende-Lösungen für die Applikationsbereitstellung sieht Templeton sein Unternehmen für diese Zukunft natürlich hervorragend gerüstet.
"Es gibt Kräfte, die die Anwender und die Applikationen in verschiedene Richtungen ziehen,"
beschrieb Citrix-Chef Templeton einen Trend heutiger IT-Nutzung. Die aktuelle Generation der
Berufseinsteiger sei es dabei gewohnt, benötigte Services stets vom Handy oder Notebook aus
abrufbar zu wissen. Software as a Service (SaaS) erlaube es dieser Nutzergeneration, ihre
IT-Anforderungen selbst zu erfüllen, falls die unternehmenseigene IT-Abteilung den Ansprüchen nicht
genügen kann. Templeton sieht IT-Abteilungen somit in zunehmender Konkurrenz zu Webangeboten –
zumal Applikationszugriffe statt über das LAN immer öfter global verteilt stattfinden. Hier, so der
Citrix-CEO, "nimmt die Virtualisierung die direkte Verdrahtung aus der Infrastruktur." Auf dem Weg
zu dieser "Ära serviceorientierten Computings" ist laut Templeton das verbreitete Denken in kleinen
Schritten ("Incrementalism") ein enormes Hindernis.
Wer nach diesen hehren Worten eine esoterische Positionierung Citrix‘ im Hype rund um
serviceorientierte Architekturen und Web 2.0 erwartete, sah sich getäuscht. Die Beschreibung der
Citrix-Vorteile durch Templeton und Wes Wasson, Vice President Worldwide Marketing, fiel ein gutes
Stück prosaischer aus: Citrix liefere alle Bausteine, um die wachsende Distanz zwischen Anwendern
und Applikationen zu überbrücken. Das Portfolio umfasst inzwischen schließlich
Application-Delivery-Mechanismen (über das klassische Server-based Computing/SBC, aber dank des
jüngst vorgestellten Desktop Servers 1.0 auch mittels Desktop-Virtualisierung und Streaming),
Applikations- und WAN-Beschleunigung (mittels Netscaler und Wan-scaler), die Gewähr der
Zugriffssicherheit (per Application Gateway) sowie Applikations-Monitoring (durch die vor einem
Jahr erworbene Lösung Edgesight).
Die Akquisition des Provisioning-Spezialisten Ardence im Januar zielt laut Templeton darauf ab, "
die Desktop-Bereitstellung noch viel weiter zu treiben". Laut Citrix glänzt die Ardence-Lösung
gegenüber Plattformen wie Vmware durch "sofortige" Softwareprovisionierung inklusive Rollbacks und
Desired-State-Management. Die "Killerapplikation" für SaaS sei die Desktop-Bereitstellung. Die
hauseigene SaaS-Truppe hat mit "Go to Webinar" eine weitere Online-Meeting-Variante vorgestellt.
Auf die Ergebnisse des im Herbst 2005 angekündigten Gemeinschaftsprojekts mit Microsoft muss die
Anwenderschaft allerdings noch bis 2008 warten: Im "Project Evergreen" arbeiten die beiden
US-Unternehmen am laut Templeton "ersten Win-dows-basierten Branch Office in a Box", also einem
All-in-one-Gerät zur Bereitstellung aller an Filialstandorten benötigten Funktionen.
Dave Jones, VP für das Business Development, verkündete auf dem Iforum den Start des
europäischen Citrix-Ready-Programms. Dieses Gütesiegel soll – ähnlich dem Intel-Inside-Logo – den
Blick der Kunden auf von Citrix getestete und zertifizierte Lösungen lenken. 38 Unternehmen,
darunter Appsense, Enteo und Visionapp, TC-Hersteller wie Wyse, Neoware und Igel sowie diverse
Security-Anbieter, sind bereits zertifiziert und auf www.citrixready.com zu finden.
Fraunhofer-Wissenschaftler Christian Knermann betonte bei der Podiumsdiskussion die ökologischen
Vorteile von SBC mit Thin Clients. Dennoch übt sich Citrix trotz allgegenwärtigen Marketing-Hypes
um "grüne IT" in geradezu vornehmer Zurückhaltung. Ein Branchenkenner spekulierte, Citrix halte
sich hier wohl so zurück, da im SBC-Alltag meist schlicht "fette Server und fette Clients"
vorherrschten – mit entsprechend schlechter Energiebilanz. Doch mit Online-Conferencing,
WAN-Beschleunigung und Auslastungsoptimierung hätte Citrix durchaus Öko-Joker in der Hand. "Green
IT ist eines der Top-Ten-Themen, bei denen Citrix seine eigene Position klarer herausarbeiten muss,"
gestand Wes Wasson gegenüber LANline ein. Wie die gesamte Branche, so ist nun auch Citrix
gefordert, ökologische Aspekte glaubhaft in seine Strategie einzubinden.