IT-Infrastruktur und Geschäftsprozesse visualisieren

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

5. Oktober 2008, 22:00 Uhr | Dr. Kürsad Gögen, Roland Schmitz/wg Dr. Kürsad Gögen ist Product Manager ITSM und Roland Schmitz Product Consultant ITSM bei Realtech.

Die isolierte Sicht auf den Betrieb von Netzwerk- und Systemlandschaft reicht nicht mehr aus. Ehemals IT-fremde Technik wie die klassische Telefonie oder die Steuerung industrieller Fertigungsanlagen fallen mehr und mehr in die Zuständigkeit der IT. Übergreifende Prozesse sind nun zentral und sicher zu überwachen.

Die IT ist nicht nur für immer mehr Bereiche zuständig. Zudem muss die Monitoring-Software Statusinformationen der IT-Komponenten mit kaufmännischen Daten aus ERP-Systemen (Enterprise Ressource Planning) in Beziehung setzen und visualisieren. Die Komplexität dieser Aufgabe ist immens. Die IT-Verantwortlichen sehen sich einer unübersichtlichen Datenflut ausgesetzt und vermögen diese nur mithilfe intelligenter Software zu bewältigen. Dabei gilt es, die einzelnen Prozesseinheiten möglichst in Echtzeit automatisiert zu bewerten. Erst dann sind Unternehmen in der Lage, technisch und organisatorisch einen reibungslosen IT-Betrieb zu gewährleisten und kritische Geschäftsprozesse hochverfügbar zu halten.

Handlungsbedarf

Um Geschäftsprozesse in der Praxis zu identifizieren und zu beschreiben, bedarf es der Zusammenarbeit mit der jeweiligen Fachabteilung. Anschließend hat die IT die Aufgabe, entsprechende Kennzahlen zu erheben, zu bewerten und zu archivieren. Die Verwaltung dieser Massendaten setzt automatisierte Erkennungsmethoden (Discovery) und eine Normalisierung der erhobenen Informationen voraus. Da die Menge gespeicherter oder transportierter Daten auch in Zukunft steigen wird, besteht im Grunde für jedes Unternehmen akuter Handlungsbedarf.

Die Fähigkeit zur Visualisierung ermöglicht es dem Menschen, 75 Prozent aller Informationen über das Auge wahrzunehmen; nur 13 Prozent erfasst er über das Ohr und zwölf Prozent über andere Sinnesorgane.

Höhlenmalerei als Vorbild für moderne visuelle Kommunikation

Visualisierung ist keine Erfindung der Informationsgesellschaft. Schon die Höhlenzeichnungen der Urmenschen repräsentieren eine frühe Form visueller Kommunikation. So dienten sie auch dazu, Informationen über Jagdtechniken zu vermitteln.

Vor allem in der digitalen Welt dient die Visualisierung von Informationen immer häufiger als Kommunikationsmittel und somit als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. So kennt jeder, der sich schon einmal auf einer Internetseite registriert hat, Folgendes: Der Nutzer muss verzerrte Muster oder Zeichen vor einem diffusen Hintergrund ablesen und in ein Feld eingeben, um sich so als Mensch zu authentifizieren. Da heutige Muster- oder Texterkennungssysteme noch weit davon entfernt sind, derlei kognitive Leistungen zu erbringen, schützt dies Anbieter von Webdiensten vor automatisierten Angriffen.

Zu den konventionellen Visualisierungstechniken zählen Diagramme oder Tabellen. Diese erlauben es jedoch nur, Informationen in zwei, drei oder vier Dimensionen zu verknüpfen, bevor sie unübersichtlich werden. Innovative Ansätze wie Dateibäume (Tree Map) oder visuelle Dateibrowser (Hyperbolic Tree) indes erzielen durch eine Raumtransformation - zum Beispiel durch den Übergang vom euklidischen zum hyperbolischen Raum - eine starke Verdichtung des Informationsraums. Farbliche Codierungen helfen, den Informationsraum um eine weitere Ebene zu erweitern.

Welche Metapher sich für die Visualisierung und Informationsübermittlung eignet, hängt von der Art der zu interpretierenden Daten ab. Mit Blick auf IT-Infrastrukturen bieten sich Topologien zusammenhängender IT-Objekte an (Bild 1). Dazu muss eine Netzwerkmanagementlösung das so genannte "Automapping" beherrschen.

Die Automap-Funktion basiert auf den vom Netzwerkmanagement automatisch erzeugten physischen und logischen Netzwerktopologien. Netzwerkknoten (Nodes) wie Server oder Switches bilden Knotenelemente, die sich abstoßen, während eine physische oder logische Verbindung sie miteinander verlinkt. Indem der Anwender Ansichtstypen (wie Node View, Neighbor View, Path View) mit Node-Filtern kombiniert, kann er die gewünschten Informationsräume (Views) selbst definieren. Dies reduziert die Anzeige auf jenen Teil, den der Anwender sehen möchte. Tritt beispielsweise ein Kommunikationsproblem zwischen zwei Geräten auf, sollte der Anwender den zwischen diesen Knoten liegenden Informationsraum nach Bedarf verkleinern können. Dies erlaubt es ihm dann, ausschließlich die relevanten Netzwerkgeräte zu betrachten (Bild 2). Um einen optimalen Informationstransfer zu gewährleisten, sollten Benutzer für die automatische Darstellung aus verschiedenen Layouts (orthogonal, hierarchisch, zirkular etc.) auswählen können.

Farbkodierung erleichtert das Verständnis

Eine Farbkodierung der Verbindungslinien und Knoten gestattet es dabei, den Informationsraum um eine Ebene zu erweitern. In der Regel interpretieren Anwender die Farbcodierung einer Map-Darstellung als technische Statusangabe: Eine grüne Leitung zum Beispiel deuten sie als verfügbar. Farbcodierungen sind dabei für unterschiedliche technische Parameter einsetzbar. Sie können sowohl die Eigenschaften der IT-Objekte als auch deren Beziehungen untereinander berücksichtigen. So lassen sich beispielsweise auch Relationen zwischen physischen Ports und logischen Teilnetzen (VLANs) visualisieren. Eine geeignete Farbcodierung erlaubt es, beliebige Eigenschaften der physischen oder logischen Verbindung darzustellen, so zum Beispiel die VLAN-Zugehörigkeit einer physischen Verbindung (Bild 3).

Eine CMDB (Configuration Management Database) dient als Repository für Informationen zu den IT-Komponenten und deren Beziehungen zueinander. Ein ausgereiftes IT-Managementsystem befähigt Unternehmen, IT-Infrastrukturdaten aus verschiedenen Quellen automatisiert zu erheben, zu normalisieren und somit direkt miteinander zu vergleichen. Das Beispiel in Bild 4 zeigt eine Analyse vorhandener Betriebssystemvarianten mit einem bestimmten Service-Pack-Stand. Die Auswertung erfolgt über die Netzwerktopologie. Dank farbiger Markierungen erkennt der Administrator Knoten, die von der Baseline abweichen.

Informationen für die Geschäftsprozessanalyse

Die bisher skizzierten Methoden eignen sich nur begrenzt dafür, die Auswirkungen von Statusobjekten auf Geschäftsprozesse zu analysieren. Geschäftsprozesse basieren auf sehr komplexen Strukturen, die zum einen von hochverfügbaren und performanten IT-Komponenten (Switches, Router, Server, Storage-Systeme etc.), zum anderen von kaufmännischen oder logistischen Vorgängen abhängen. Eine Aussage zum Status einzelner oder zusammenwirkender Prozesse erhalten Unternehmen daher nur, indem sie die Statusinformationen einwirkender Komponenten zueinander in Beziehung setzen. Informationsquellen für diese Statusdaten sind Netzwerk- und Systemmanagement- sowie ERP-Systeme.

Mithilfe einer so genannten VAA-Darstellung (visuell assistierte Analyse) werten Unternehmen aus, wie stark Statusobjekte auf Geschäftsprozesse einwirken und wie abhängig diese von jenen sind. Damit verschmelzen die technische und die prozessorientierte zu einer unternehmensorientierten Sichtweise. Anwender sind so in der Lage, den Einfluss von Statusinformationen auf einen Blick zu bewerten - ganz gleich, ob es sich um beteiligte Objekte, einzelne Komponenten, Knoten oder verschachtelte Geschäftsprozesse handelt. Bild 5 zeigt einen Ausschnitt aus einer solchen Analyse.

Dadurch ist schnell und effizient erkennbar, auf welche Weise Geschäftsprozesse mit der IT-Infrastruktur interagieren. Dies befähigt Unternehmen, Auswirkungen auf die Gesamtorganisation in Echtzeit zu erfassen und zu korrigieren - ganz gleich, ob es sich um einen Statuswechsel an einem Port, einen Dienstausfall oder suboptimale Antwortzeiten für Anwender handelt. Viele dieser Störungen lassen sich durch geeignete Regelwerke sogar vorausschauend vermeiden.

Fazit

Geschäftsprozesse basieren heute auf vielschichtigen und komplexen IT-Infrastrukturen. Es bedarf daher innovativer Analysetechniken, um die technischen Zusammenhänge innerhalb der IT-Infrastrukturen wie auch deren Einfluss auf kritische Geschäftsprozesse zu erfassen. Die visuelle Analyse ermöglicht es, aus der Datenflut rasch die notwendigen Erkenntnisse zu gewinnen, technische und nicht-technische Kennzahlen zu identifizieren und Geschäftsprozesse somit nachhaltig zu optimieren. Oft offenbart aber gerade der Visualisierungsprozess Schwächen in der Aufbereitung von Informationen: Die Visualisierung ist immer nur so gut wie die zugrunde liegende Struktur und die Aktualität der Informationen. Eine herstellerneutrale Managementlösung liefert dafür beste Voraussetzungen: Indem sie sämtliche Unternehmensdaten automatisiert erfasst, in einer CMDB normalisiert und anschließend mit dem Status der IT-Infrastruktur korreliert, erhält die IT-Organisation ein aktuelles Gesamtbild aller relevanten Geschäftsprozesse.


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