Viele neue Techniken haben in den letzten Jahren den ITSM-Markt (IT-Service-Management) bereichert. Bei der Vielzahl sich teils überschneidender Funktionen ist es nicht immer einfach, den Überblick zu bewahren. Doch allen IT-Managementdisziplinen ist eines gemeinsam: Sie stützen sich auf die Konfigurationsdaten. Spezielle Mapping-Werkzeuge ermitteln automatisch, welche Anwendungen und Geschäftsprozesse von welchen IT-Komponenten abhängen.
Application Dependency Mapping ist eine Unterkategorie der bekannten ITIL-Disziplin (IT
Infrastructure Library) Configuration-Management. Es ersetzt traditionelle manuelle Prozesse, die
schriftliche Erfassung von Informationen und selbsterstellte Tools. Zu den Configuration Items
(CIs), die es zu erfassen gilt, zählen Anwendergeräte ebenso wie Server, Netzwerkkomponenten,
Speicherlösungen, Betriebssystemsoftware, Anwendungen und Datenbanken. Application Dependency
Mapping Tools decken die Beziehungen zwischen den CIs auf und bilden automatisch die Abhängigkeiten
zwischen IT-Anwendungen und Geschäftsprozessen ab. Die meisten dieser Tools sind auf das Auffinden
von Anwendungen und Serverkomponenten begrenzt und blind, was das Erkennen von Netzwerk- und
Speicherkomponenten angeht. Einige unter ihnen jedoch enttarnen zudem nicht nur die logischen
Beziehungen zwischen den verknüpften Objekten, sondern auch sämtliche Änderungen innerhalb dieser
Beziehungen in Echtzeit.
Unternehmen verwenden Application Dependency Mapping aus verschiedenen Gründen. Sie können damit
beispielsweise im Rahmen von Audits und angesichts gesetzlicher Anforderungen wie dem
Sarbanes-Oxley Act (SOX) den Ist- mit dem Soll-Zustand der Servicekonfigurationen vergleichen.
Anwendungen lassen sich nahezu in Echtzeit finden und dokumentieren. Daneben verbessert der
Überblick über Server, Anwendungskomponenten und Datenbanken eine bessere Impact- (Auswirkungs-)
und Root-Cause-Analyse (Fehlersuche). Und schließlich bietet Application Dependency Mapping die
Möglichkeit, Helpdesk-Tickets auf der Grundlage von Benachrichtigungen durch die Infrastruktur zu
erstellen.
Application Dependency Mapping erkennt logische Beziehungen und Abhängigkeiten der Anwendungs-
oder Servicetopologie über Systemgrenzen hinweg. Entsprechende Werkzeuge verwenden verschiedene
Methoden, um Anwendungstopologien zu erkennen und mithilfe eindeutiger Visualisierung der
Beziehungen – hierarchisch und mit gleichrangigen Komponenten (Peer-to-Peer) – aufzuzeigen. Der
Erkennung dienen Appliances, Agenten, modellbasierte Discovery, IP-Port-Scans, Untersuchung der
Netzwerkpakete und veröffentlichte APIs (Programmierschnittstellen) für den Fernzugriff auf
Informationen.
Einige der Mapping-Lösungen sind mit Enterprise-Management-Tools verknüpft. Sie zeigen nicht nur
Anwendungen und Server, sondern auch Infrastruktur-komponenten wie Router und Switches an. Um diese
zahlreichen und vielfältigen Informationen zu sammeln, aufzubereiten und auswertbar zu machen,
empfiehlt sich der Einsatz einer zent-ralen CMDB (Configuration Management Database,
Konfigurationsdatenbank).
Die Application-Dependency-Mapping-Werkzeuge liefern alle relevanten Daten für eine CMDB.
Mithilfe dieser Daten können IT-Verantwortliche Risiken und Auswirkungen, die geplante Änderungen
an Hard- und Software nach sich ziehen, besser einschätzen. Zugleich lässt sich mit einer CMDB
prüfen, wie IT-Systeme an veränderliche Geschäftsanforderungen anzupassen sind. Trotz dieser
zentralen Rolle verlassen sich viele Unternehmen auf manuelle Prozesse und selbsterstellte
Datenbanken, um wichtige Informationen an verschiedenen Orten zu speichern. Eine CMDB hingegen
ermöglicht den Überblick über die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den IT-Komponenten in
Echtzeit: Schwachstellen in einer Anwendung und damit verbundene Auswirkungen auf alle betroffenen
Komponenten und Anwender lassen sich besser darstellen. IT-Verantwortliche können voraussagen,
welche Risiken eine geplante Änderung birgt und können Prob-leme schneller lösen.
Viele Werkzeuge für die Serverprovisionierung und das Konfigurationsmanagement ermöglichen der
IT-Abteilung auch ohne hohen Aufwand einen schnellen Return on Investment (ROI). Mithilfe so
genannter "Application Blueprints" von Business- und J2EE-Anwendungen (Java 2 Enterprise Edition)
sowie Applikationsservern lassen sich mehrschichtige Applikationen über verschiedene Server hinweg
erkennen. Die meisten Tools ermöglichen direkte Suchvorgänge ohne Agenten, die bei Bedarf ("on
demand") durchführbar sind. Findet ein häufiger Wechsel in der IT-Ausstattung statt, ist eine
tiefer gehende Untersuchung nötig. Hierzu muss ein entsprechender Agent auf den Servern installiert
sein. Auf der Basis von Kennzahlen und einem Konfigurationsmanagement zeigt der Agent Veränderungen
in Echtzeit an.
Die Vorteile von Application Dependency Mapping lassen sich daran ermessen, wie effektiv die
Visualisierung der Abhängigkeiten ausfällt. Erscheinen die Beziehungen in einer intuitiven
grafischen Benutzeroberfläche (GUI), ist die Beurteilung neuer Änderungen oder auch die
Durchführung einer Ursachenanalyse schnell und effizient möglich. Beim Einspielen eines neuen
Anwendungsmoduls, dessen Komponenten auf mehrere Server verteilt sind, sehen die
IT-Verantwortlichen nicht nur die Auswirkungen auf dem betroffenen Server, sondern auf alle
Systeme, die von dieser Komponente abhängig sind. Hat die IT-Abteilung das Risiko einer geplanten
Änderung einmal abgeschätzt, kann das Serverteam den Wechsel mithilfe eines
Configuration-Management-Tools initiieren – oder bei Bedarf zurückhalten.
Dies ist entscheidend, denn IT-Verantwortliche kennen nun vor dem eigentlichen Wechsel die
Auswirkungen einer Konfigurationsänderung. In der Vergangenheit haben Unternehmen Änderungen
durchgeführt, indem sie beispielsweise Tabellen oder Diagramme erstellten. Dazu war ein manuelles
Change-Management unabdingbar; nur so ließ sich der exakte Zustand der verschiedenen Komponenten zu
einem spezifischen Zeitpunkt sicherstellen.
Application Dependency Mapping spielt auch bei der Umsetzung einer BSM-Strategie
(Business-Service-Management) eine wesentliche Rolle. BSM dient dazu, IT und Unternehmensziele eng
aufeinander abzustimmen. Application Dependency Mapping erstellt dazu automatisch eine aktuelle
Übersicht über das Netzwerk und die gegenseitigen Abhängigkeiten der verknüpften Anwendungen und
hält diese immer auf dem neuesten Stand. Dieses Vorgehen erleichtert es zudem, ein Servicemodell zu
erstellen und kontinuierlich zu pflegen: Tools spüren Komponenten und Beziehungen von
Anwendungsinfrastrukturen im Unternehmen auf, untersuchen sie auf Änderungen hin und schlagen auf
dieser Basis Veränderungen am Servicemodell vor. Ziel ist es, dass Unternehmen ihre
Handlungsfähigkeit steigern, Probleme schneller lösen und ihre Geschäftsaktivitäten effektiver
überwachen können.
Der Markt für Application Dependency Mapping steckt noch in den Kinderschuhen. Immer mehr
Unternehmen erkennen in dieser Technik jedoch eine wichtige Grundlage für viele
Managementdisziplinen. Doch handelt es sich keineswegs um eine Lösung für alle Probleme.
Stattdessen gilt es, die gesamte IT-Service- und Systemmanagementstrategie zu berücksichtigen.
Unternehmen sollten stabile, integrierte Service-Managementanwendungen implementieren, die von
einer zentralen CMDB auf Informationen zugreifen. Nur so lassen sich Abhängigkeiten von
Applikationen und der Einfluss von Veränderungen auf die IT-Services ermitteln.
Die Anbieter im Bereich Application Dependency Mapping konzentrieren sich zunehmend auf
spezifische Schwachpunkte der IT: In Echtzeit dokumentieren sie Änderungen bei Anwendungen und
Systemen und stellen Informationen über Audits und die Einhaltung gesetzlicher Regelungen
(Compliance) bereit. Diese Informationen stehen wiederum für andere Service- und
Systemmanagement-Tools bereit.
Ein Überblick über die IT-Abläufe ist auf die Überwachung der Änderungen an Applikationen und
Infrastruktur angewiesen. Sobald Application Dependency Mapping Tools die technische Infrastruktur
aufgespürt, erfasst und die gegenseitigen Abhängigkeiten aufgezeigt haben, lassen sich diese
Informationen zu Business-Services und -Prozessen in Beziehung bringen. Dies vertieft das
Verständnis, wie sich die Infrastruktur auf Business-Services abbildet, und erleichtert die
Entscheidungsfindung.