Bei ITIL (IT Infrastructure Library) gilt der Service-Desk als zentrale Anlaufstelle für die Anwender. Eine solche Schnittstelle zwischen IT-Serviceabteilung und den Benutzern bietet die aktuelle Version 9 von Service Desk Express aus dem Hause BMC. Die Lösung soll auch kleineren Unternehmen die Einrichtung eines ITIL-konformen "Single Point of Contact" ermöglichen.
Das texanische Softwarehaus befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Thema
Service-Management. 2002 übernahm BMC die Remedy-Softwaresparte von Peregrine Systems und erwarb
damit einen der bekanntesten Namen im Bereich des User Helpdesks. Das im vergangenen Jahr
vorgestellte Programm Service Desk Express (SDE) ist jedoch die Fortentwicklung einer eigenen
Produktlinie und hieß zuvor Magic Service Desk Suite.
SDE bildet die Organisation eines User Helpdesks mit allen Teilaspekten ab, darunter
Change-Management, Eskalationsstufen, Service Level Agreements (SLAs), Asset-Management und eine
Wissensdatenbank (Knowledge Base). Die Software lässt sich sowohl in Unternehmen einsetzen, in
denen die IT-Abteilung als hausinterner Dienstleister auftritt, als auch in Unternehmen, die
IT-Servicedienstleistungen für andere Firmen erbringen.
Wie zahlreiche Service-Desk-Lösungen ist auch SDE eine webbasierende Software. Als Grundlage
dient eine Microsoft-SQL-Datenbank, Oracle 9.2.0.6.5 oder 10.2 Server. In der kleinsten Ausprägung
wird die Microsoft SQL Desktop Edition (MSDE) 2000 automatisch mitinstalliert. Betriebssystemseitig
kommt Windows 2000 Server oder höher in beliebiger Ausprägung in Frage. Von der Hardware wird ein
aktuelles System mit Pentium-4-Prozessor oder höher, 2 GByte Arbeitsspeicher und 4 GByte
Festplattenspeicher eingefordert. Je nach zu erwartender Auslastung lassen sich der Applikations-
und der Datenbankserver auf verschiedenen Maschinen betreiben. Für den Test wählten wir eine
Komplettinstallation mit MSDE auf einem einzigen Rechner. Für eine einfachere Evaluation bietet der
Installer an, Demodaten in die Datenbank einzufügen – wir nahmen diese Hilfestellung dankend
an.
Ein Assistent prüft vor dem eigentlichen Start der Einrichtung, ob alle notwendigen Komponenten
bereits vorhanden sind. Ein fehlender Internet-Information-Server (IIS) oder eine zu alte
MDAC-Version (Microsoft Data Access Compontents) werden so bei der Inbetriebnahme nicht zum
Stolperstein. Die Installation selbst ist kein Hexenwerk: Sind die klassischen Fragen nach
Speicherort und Co. erst einmal beantwortet, so lässt sich das Programm nach wenigen Minuten
Installationszeit sofort benutzen. Alle Handbücher liegen als PDF-Dokumente in englischer Sprache
vor und beschreiben die Einrichtung und den Betrieb der Software detailliert.
Die Oberfläche der SDE-Konsole ist modern und ansprechend. Obwohl es sich um eine Webapplikation
handelt, sind die Reaktionszeiten in der Testumgebung subjektiv gut. Das Handling verlangt
keinerlei Klimmzüge: Wer schon mit webbasierender Software gearbeitet hat, wird sich im SDE schnell
zurechtfinden. Viele praktische Kleinigkeiten finden sich im Programm, beispielsweise das
Ausblenden von Navigationselementen. Dies schaufelt Platz auf dem Monitor für die Ansicht von
Informationen frei. Sind erst einmal große Massen an Daten zu visualisieren, so bleibt dem
Support-Mitarbeiter eine Menge Scroll-Arbeit erspart. Das gewählte Farbmodell spricht für sich
selbst: Ampelfarben signalisieren die Priorität von zu erledigenden Aufgaben.
An der Spitze des Menüs findet sich der Eintrag "Incidents" – sprich Support-Fälle. Ein neuer
Support-Fall lässt sich durch den Helpdesk-Mitarbeiter oder direkt durch den Anwender erzeugen.
Klassischerweise geht eine große Anzahl von Anfragen per Telefon ein. Hier besteht für den
Supporter der erste Schritt darin, den Anrufer für das System zu identifizieren. Dem SDE reichen
einige Buchstaben des Namens oder andere Informationen, um den richtigen Datensatz auszuwählen. Die
in der IT gebräuchlichen Kategorien, unter die ein Problem einzuordnen ist, sind bereits vorhanden.
Neben der Kategorie beschränken sich die benötigten Informationen auf die Dringlichkeit,
Zeitangaben, Status, Fälligkeitsdatum und die Problembeschreibung.
Die Dokumentation der gestellten Anfragen und der jeweiligen Lösungen ist eine Kernfunktion der
Service-Desk-Programme. Durch das kontinuierliche Sammeln von Fragen und Lösungen bildet sich
automatisch ein Pool von Bearbeitungsmöglichkeiten, der per Volltextsuche durchsuchbar ist.
Wird das Problem direkt mit dem ersten Anruf gelöst, so ist das Optionsfeld "First Call
Resolution" zu setzen. Ist der Support-Mitarbeiter am Telefon nicht in der Lage, das Problem zu
beheben, so gilt es, einen zuständigen Supporter auszuwählen. Der soeben generierte Incident lässt
sich an einen benannten Mitarbeiter oder an eine Gruppe weiterleiten. Dies ist besonders in
größeren Unternehmen von Vorteil, in denen kaum gewährleistet ist, dass sich alle
Support-Mitarbeiter persönlich kennen, oder in denen Second-Level-Support-Arbeiten in einem Team
aufgeteilt werden. Arbeits- und Urlaubszeiten sind in der Datenbank hinterlegbar, was eine
Fehlzuordnung verhindert. Dateidokumente, wie beispielsweise Screenshots, lassen sich zu einem Fall
anhängen.
Nicht alle Anfragen an den Support lassen sich am Telefon oder mit einem einmaligen Einsatz
klären. Jede Bearbeitung im Zuge eines Support-Falls lässt sich in SDE betrachten. Ruft die Person,
die den Fall aufgegeben hat, erneut an, so lässt sich mit einem Klick unter "Actions" der Rufzähler
zu diesem Fall erhöhen.
Ein besonderes Kommunikationsmittel haben die BMC-Entwickler dem Support-Mitarbeiter zusätzlich
mit auf den Weg gegeben: Unter dem "Collaborative Workspace" findet sich ein Diskussionsforum für
alle Supporter, die mit SDE arbeiten. So können Service-Desk-Mitarbeiter Problemstellungen auch
unabhängig von E-Mail-Verkehr diskutieren.
Das Asset-Management, also die Verwaltung technischer und betriebswirtschaftlicher
Inventardaten, stellt auch bei Service Desk Express ein wichtiges Element dar. Hier erreicht die
Lösung jedoch nicht die Tiefe einer typischen Komponentenauflistung. Dafür hat BMC andere Produkte
im Portfolio. Aber auch ohne Details wie der Taktgeschwindigkeit eines PCs oder den verbleibenden
Festplattenspeicher ist die Zusammenstellung der einzelnen Gerätschaften zu einem Arbeitsplatz
nützlich. Bei SDE kommt es weniger zu einer technischen Betrachtung des Inventars als zu einer
kaufmännischen Sichtweise – was für die Abbildung eines Servicebetriebs im Vordergrund steht. Die
Anzahl von Daten, mit der eine Maske zu füllen ist, fällt somit relativ klein aus.
Für den eher technisch orientierten Administrator scheint dies zunächst ein Manko zu sein. In
den Szenarien "Probleme mit Word, Outlook & Co." oder "Benutzerfehler in Branchenlösungen"
kommt es jedoch weniger auf die technische Ausprägung des Arbeitsplatzes an. SDE dient hier dazu,
den Arbeitsfluss bei der Abwicklung von Serviceanfragen zu steuern, und weniger dazu, eine genaue
Inventarinformation aufzubauen. Die kaufmännischen Belange wie Anschaffungskosten,
Abschreibungsdauer oder das Ende einer Garantiephase finden sich in den Dialogfenstern, da diese
Eckdaten für das Erbringen von Serviceleistungen von Bedeutung sind.
Neben der Verwaltung von Incidents und Assets bietet SDE die Verwaltung von Änderungen im
Change-Management. Hier ist nicht ein Anrufer oder Client der primäre Auftraggeber, vielmehr
initiiert ein IT-Mitarbeiter eine Änderung beispielsweise an einer Konfiguration oder Software.
Geplante Änderungen lassen sich mit der Software zeitlich planen und an die Freigabe durch einen
Vorgesetzten knüpfen. Eine Vielzahl von Arbeitsgängen in der IT-Abteilung setzt überhaupt nicht der
problemgeplagte Benutzer in Gang. Regelmäßige Wartungsarbeiten, spontan durchgeführte
Funktionsprüfung oder vorsorgliche Arbeiten fasst SDE hier unter "Preventive Maintenance"
(vorsorgliche Wartungsarbeiten) zusammen.
Anforderungen hinsichtlich des Beschaffungswesens, also der Erwerb von Hard- und Software,
werden beim SDE unter dem Begriff "Purchase" (Kauf) abgewickelt. Die Anforderung neuer
Arbeitsmittel erfolgt entweder durch den Mitarbeiter am Service-Desk oder per Webinterface durch
den Benutzer. Für die Abwicklung greift das System auf die bereits bekannten Informationen in der
Datenbank zurück. Der Servicemitarbeiter sieht beispielsweise sofort, ob die angeforderte Ware
bereits auf Lager ist oder eine Bestellung bei einem Zulieferer aufgegeben werden muss. Je nach
Arbeitsschritt wird der Bestellung in der Software ein Status wie "Procuring" (Beschaffung) oder "
Invoice" (Rechnung) zugewiesen.
Während das Hauptprogramm für die Support-Mitarbeiter ausschließlich auf Englisch vorliegt, kann
der Endanwender zwischen Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch wählen. Das Frontend für den
Anwender wird als Self-Service bezeichnet und ebenfalls über einen Webbrowser angesprochen. Je nach
Konfiguration ist es dem Anwender erlaubt, sich ein Login für den Self-Service zu erstellen.
Der Benutzer hat hier die Möglichkeit, neue Incidents zu öffnen und einen Blick auf den Status
bereits gestellter Anfragen zu werfen. In der Praxis kommt es leider gehäuft vor, dass ein Benutzer
eine Frage wiederholt stellt, da er die Lösung für sein Problem schlichtweg vergessen hat. Hier
genügt ein Blick in die Auflistung aller durch ihn generierter Incidents, um nach der Problemlösung
zu fahnden. Außerdem gibt es im Menü den Punkt "Wissensdatenbank". Diese FAQ-Datenbank (Frequently
Asked Questions) stellt fertige Problemlösungen dar, die bereits ein Support-Mitarbeiter
aufbereitet hat. Für den Anwender sind diese Informationen schreibgeschützt und somit nicht
veränderbar. Ein Anwender kann jedoch einen FAQ-Eintrag mit einer Note und einem Kommentar
beurteilen. Neben den Support-Anfragen ist es dem Benutzer möglich, Bestellanfragen für den Einkauf
oder Serviceanfragen zu erzeugen und einzusehen.
In der Kopfleiste des Fensters dient eine Laufschrift dazu, aktuelle Meldungen aus dem Support
anzuzeigen. Diese Einträge, angelegt im so genannten White Board, lassen sich vom
Support-Mitarbeiter mit einem Zeitpunkt versehen, ab dem die Nachricht nicht mehr erscheint – das
erspart die manuelle Deaktivierung.
Insgesamt ist der Self-Service an die eigenen Vorstellungen gut anpassbar: Alle Titel und
Dialoge lassen sich verändern. Es stellt somit kein Problem dar, aus einem "Attachment hinzufügen"
ein "Datei anfügen" zu machen,
Der Report-Generator der Software ist bereits mit einer Vielzahl fertiger Auswertungen bestückt.
Eigene Berichte lassen sich ebenfalls generieren. Die Ausgabe des Reports geschieht wahlweise in
HTML, Ac- tive X, Java oder PDF. Letzteres hat den Vorteil, dass sich die Dokumente direkt als
Datei abspeichern lassen.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass es sich bei BMC Service Desk Express um eine ausgereifte
Service-Desk-Lösung handelt. Nicht umsonst stufen Analysten wie Gartner das Softwarehaus in
Teilgebieten wie Asset-Management oder IT-Service-Desk als führend ein.
Info: BMC Tel.: 069/66406-0 Web: www.bmc.com/de_de/