Auswahlkritierien für Thin Clients

Einer so gut wie der andere?

16. Dezember 2005, 0:16 Uhr | Dirk Dördelmann, Erhard Behnke/wg Dirk Dördelmann ist Produktmanager EMEA, Erhard Behnke ist Sales-Manager EMEA bei Igel.

Hinsichtlich Preis und Hardwareausstattung bewegen sich viele Thin-Client-Hersteller heute auf ähnlichem Niveau. Die entscheidenden Unterschiede liegen in der Flexibilität der Hersteller, in der Verwaltbarkeit sowie in der Service- und Support-Qualität.

Seit Ende der 90er-Jahre setzt sich der Trend zum Server-based Computing (SBC) mit Thin Clients
(TCs) als effizienten und wartungsarmen Endgeräten ungemindert fort. Sehr zur Freude der Anwender
hat der zunehmende Konkurrenzkampf unter den Anbietern zu immer niedrigeren Endpreisen geführt. Die
Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass sich die Geräte der unterschiedlichen Kategorien
bezüglich ihrer Grundfunktionalität nur noch wenig unterscheiden. In Anbetracht des
IT-strategischen Charakters einer Kaufentscheidung ist es für ein Unternehmen umso wichtiger, vor
einer Investition genau hinzusehen. Schließlich geht es um nichts Geringeres als um eine
grundlegende Standardisierung der Arbeitsplatzumgebung und eine dauerhafte Senkung der
Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) um bis zu 50 Prozent.

Grundausstattung

Die Basisanforderungen an einen Thin Client leiten sich zunächst vom gewählten Serversystem ab,
auf das die Anwender zugreifen sollen. Zu den gängigen Kommunikationsprotokollen für Citrix-,
Windows- oder Linux-basierte SBC-Architekturen zählen ICA, RDP und X11 sowie XDMCP (X Display
Manager Control Protocol und SSH (Secure Shell). Sie gehören zur Standardausrüstung der meisten
Thin-Client-Modelle. Darüber hinaus können jedoch weitere Protokolle wie zum Beispiel für den
Tarantella- oder den NX-Client von Nomachine erforderlich sein, wahlweise Terminalemulationen wie
Ericoms Powerterm. Sie ermöglichen den Zugriff auf Midrange- beziehungsweise Legacy-Systeme.

Neben dieser systembedingten Connectivity kann auch die physikalische eine wichtige Rolle bei
der Auswahl des passenden Thin Clients spielen. Sie entscheidet darüber, welche Anschlüsse heute,
aber auch in Zukunft vorhanden sein müssen. Dies betrifft beispielsweise serielle und parallele
Schnittstellen sowie Drucker-Ports, außerdem PCI, PCMCIA, DVI, USB etc.

Wichtige Fragen nach der Firmware-Ausstattung der Thin Clients leiten sich von den
Softwareanwendungen ab, die auf den zentralen Applikationsservern laufen. Je nach verfügbarer
Bandbreite kann es sinnvoll sein, häufig verwendete Programme wie Browser oder Multimediasoftware
lokal auf den Thin Clients zu installieren. Weitere Beispiele für anwendungsspezifische
Firmware-Bestandteile sind Voice-over-IP- und Drucklösungen sowie VPN-Clients. Beim Stichwort
Multimedia kommt auch die verfügbare Rechen- und Grafikleistung ins Spiel. Wichtige Faktoren sind
hier die CPU-Taktfrequenz und der Grafik-Chip sowie die RAM-Speichergrößen und Videoeigenschaften
der Thin Clients.

Der Standort der Geräte kann ebenfalls bestimmte Auswahlkriterien nach sich ziehen – je nachdem,
ob die Thin Clients im LAN, in einer per DSL angebundenen Filiale oder im ISDN-Home-Office
eingebunden sind. Hier muss die IT-Abteilung entsprechende Protokolle für die jeweilige Anbindung
vorsehen. Ferner ist zu entscheiden, ob die Geräte WLAN-fähig oder zumindest dafür nachrüstbar sein
sollen. Sicherheitsaspekte sollte ein Unternehmen von Anfang an berücksichtigen. Für einen
VPN-Einsatz sollten die TCs Protokolle wie L2TP (Layer 2 Tunneling Protocol) unterstützen. Mit
Smartcard-Readern ausgestatte Geräte bieten zudem die Möglichkeit, die allgemeine Sicherheit im
Unternehmen zu erhöhen. So lassen sich Smartcards als elektronischer Firmenausweis nutzen.

Preisfrage: Wie günstig darf ein Thin Client sein?

Neben allen strategischen Überlegungen muss natürlich das Preis-/Leistungsverhältnis stimmen.
Hierbei gibt es einige Faustregeln bezüglich des TC-Betriebssystems: Die günstigen CE-Geräte
richten sich eher an Anwender Windows-basierter Architekturen ohne ausgefallene Peripherie.
XPe-Geräte dagegen befinden sich eher am anderen Ende des Preisspektrums. Sie bereiten dafür aber
keine Schwierigkeiten, wenn es um die Integration XP-tauglicher Hardware geht. In heterogenen
Systemumgebungen bieten sich Modelle mit einem Linux-Betriebssystem an, die sich in der Regel durch
eine bessere Connectivity auszeichnen. Auch die Linux-Geräte unterstützen ICA ebenso wie Microsofts
RDP und sind damit offen für Windows-Serversysteme. So bieten sie eine hohe Zukunftssicherheit.

Das Einstiegsniveau für CE- und Linux-basierte Geräte hat mittlerweile schon die 200-Euro-Grenze
unterschritten. Allein nach den Investitionskosten zu entscheiden, kann bei der Frage nach dem
richtigen Preis-/Leistungsverhältnis allerdings zu kurzsichtig sein. Die Freude über eine
reichhaltige Hard- und Softwareausstattung relativiert sich schnell, wenn Herstellerservice und
-Support nicht stimmen. Manchen Thin-Client-Anbietern sagen Anwender mangelndes Serviceverständnis
und eine unzureichende Support-Struktur nach. Es empfiehlt sich dringend, dieses Kriterium im
Vorfeld eingehend zu prüfen und Referenzen einzuholen – am Besten von einem Unternehmen mit
ähnlicher Benutzerzahl.

Von einem guten After-Sales-Service und Support hängt nicht weniger als die
Geschäftskontinuität, unter Umständen auch die Verfügbarkeit geschäftskritischer Prozesse ab. Der
Hersteller oder Fachhandelspartner sollte immer erreichbar sein und angemessen schnell reagieren,
damit keine Verzögerungen bei Installation, Konfiguration oder unvorhergesehenen Problemen
auftreten. Obgleich die Zuverlässigkeit von Thin Clients sehr hoch ist, sollte ein Unternehmen auch
das Rücksendungsma- nagement des Herstellers im Vorfeld unter die Lupe nehmen. Besonders einfach
und Zeit sparend ist die Abwicklung über die Website des Herstellers. Auch eine erweiterte Garantie
bieten manche Hersteller an.

Unter Umständen können kundenspezifische Anpassungen von Soft- und/oder Hardware erforderlich
sein, beispielsweise wenn es gilt, bestimmte Applikationen, Peripheriegeräte oder Netzwerkmodelle
zu unterstützen. Die dafür erforderlichen Entwicklungskapazitäten bieten jedoch nicht alle
Hersteller. Eine selbstverständliche Serviceleistung sollte die laufende Bereitstellung der
aktuellen Firmware-Versionen und der Upgrades für die zugehörigen Administrationsprogramme sein.
Der Anbieter stellt sie idealerweise über eine sichere FTP-Site bereit und schützt durch einen
Failsafe-Update-Mechanismus vor dem Ausfall der Geräte.

TCO-Knackpunkt Managementsoftware

Den größten Anteil an den erwünschten TCO-Einsparungen attestieren die Hersteller einhellig der
zentralen Administration. Da diese Grundeigenschaft allen Thin Clients gemein ist, entscheidet
letztendlich die Qualität und Leistungsfähigkeit der Managementsoftware über das wahre
Einsparpotenzial. Manche Hersteller versuchen aus diesem nicht immer offensichtlichen Zusammenhang
zusätzliches Kapital zu schlagen, in dem sie ab einer bestimmten Anwenderzahl Lizenzkosten erheben
oder dem Lieferumfang der Geräte nur eingeschränkte Basisversionen der Verwaltungslösung beifügen.
Solche verdeckten Kosten gilt es vorab zu entlarven. Anwenderseitig ist grundsätzlich zu fordern,
dass die Administrationssoftware schnell installierbar ist, alle wichtigen Funktionen beinhaltet
und kostenlose Updates einschließt. Um grundlegenden Sicherheitsanforderungen zu genügen, sollte
ferner der Datentransfer grundsätzlich via SSL-Verschlüsselung geschützt sein. Dies ist
insbesondere bei einer standortübergreifenden Verwaltung wichtig.

Ab einem Thin-Client-Pool von 100 Geräten trennt sich allmählich die Spreu vom Weizen und das
wahre Potenzial der Managementsoftware kommt ans Licht. Unabhängig von der Anzahl müssen sich alle
Thin Clients per Fernzugriff von jedem Ort aus sicher administrieren lassen. Idealerweise trifft
dies auch für die Konfiguration und Verwaltung der diversen Software-Features und
Kommunikationseinstellungen zu, darunter Browser, Multimedia-Player, Java-Web-Start-Sessions,
VoIP-Clients (Voice over IP) oder DNS-Einträge.

Die Möglichkeit zur Verwaltung anhand frei definierbarer Gruppenprofile vereinfacht die
Administration. Einzelne Profile sollten sich per Drag and Drop zuweisen lassen. Somit sind alle
Geräte innerhalb einer Gruppe oder einzelne Remote Clients in wenigen Schritten konfigurierbar.
Eine Funktion zum Spiegeln von Remote-Client-Sitzungen kann dazu beitragen, den Support zusätzlich
zu optimieren.

Wer auf eine zukunftssichere Lösung Wert legt, sollte zudem darauf achten, dass die
Managementlösung plattformunabhängig ist. Dazu eignet sich beispielsweise eine Java-basierte
Managementkonsole im Zusammenspiel mit einer zentralen SQL-Datenbank. Letztere enthält alle
TC-Einstellungen und Gruppenprofile. Die Administratoren erhalten damit einen umfassenden Überblick
über ihren Client-Bestand und können bei Bedarf individuelle Konfigurationen einsehen.

Komplexe Entscheidungsfindung

Angesichts der vielen Thin-Client-Angebote, die sich auf den ersten Blick stark ähneln, kann die
Entscheidungsfindung im Detail recht komplex werden. Für die richtige Thin-Client- und
Feature-Auswahl bedarf es folglich einer grundlegenden Analyse aktueller und künftiger
Anforderungen in Anlehnung an die individuelle IT-Strategie. Oberstes Bewertungskriterium sollte
immer die erzielbare Senkung der Administrationskosten bleiben. Nur so lässt sich das nachhaltige
Kostensenkungspotenzial des Server-based Computings optimal ausreizen. In direktem Zusammenhang
damit steht ein gutes Remote-Management, die Möglichkeit zur kundenspezifischen Soft- und
Hardwareanpassung, Investitionssicherheit durch dauerhafte Firm- ware-Aktualisierungen sowie eine
hohe Service- und Support-Qualität.


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