Für Facility-Management (FM) existieren viele Definitionen, aber keine verbindliche. Für einen Markt, der nicht exakt definiert ist, finden sich allerdings erstaunlich konkrete und hohe Umsatzzahlen: Je nach Quelle sollen es 50 bis 55 Milliarden Euro sein, die derzeit jährlich allein in Deutschland mit FM-Produkten und -Dienstleistungen in die Kassen der Anbieter gespült werden. Der Dienstleistungssektor ist dabei klar auf dem aufsteigenden Ast.
Wenn Putzmittel beschafft, Klimaanlagen gewartet, Jalousien repariert oder der Rasen gemäht
werden müssen, hat das zunächst einmal rein gar nichts mit IT zu tun. Im Kleinbetrieb existiert für
solche Dinge der klassische Hausmeister, der regelmäßig patrouilliert, kontrolliert, repariert,
veranlasst und erledigt. Geht es jedoch um größere Gebäude, Gelände, Gebäudekomplexe oder über
mehrere Standorte verteilte Anlagen – womöglich sogar länderübergreifend –, so wachsen diese
Aufgaben schnell ins Uferlose. Eine ganze Schar von Hausmeistern müsste zu ihrer Bewältigung
beschäftigt werden, regelmäßige Meetings zur Abstimmung unternehmensweiter Angelegenheiten
inklusive.
Bis in die 70er-Jahre lief dies sehr oft tatsächlich so, aber mit zunehmender Verbreitung von "
EDV-Anlagen" unterstützten bald Rechner die Arbeit der Verwalter. Über diese erste Generation von
Software für das Facility-Management wanderten die Zeilen der Papierlisten und Formulare meist eins
zu eins in Datenbanksysteme – die begleitende Logik diente in erster Linie zum Sortieren und
Aufbereiten der Informationen für wiederum meterlange Papierlisten. Im Lauf der Zeit kamen immer
mehr spezialisierte Programme hinzu, beispielsweise für die Verwaltung des Fuhrparks, der
Sicherheitstechnik, des Inventars, der klassischen Haustechnik mit Heizung/Klima, Beleuchtung,
Jalousien etc. sowie für die ökonomisch orientierte Verwaltung ganzer Immobilienobjekte.
Anlagenverwaltung oder eben Facility-Management, wie der gebräuchliche Fachbegriff heute lautet,
präsentiert sich inzwischen als äußerst weit gefächerte und keineswegs exakt greifbare Disziplin.
Nach im weitesten Sinne gemeinsamem Verständnis umfasst es im Grunde alles, was im
betriebswirtschaftlichen Jargon als "Sekundärprozesse" bezeichnet wird. Im Gegensatz zu den "
Primärprozessen", die das Kerngeschäft eines Unternehmens ausmachen, sind Sekundärprozesse demnach
alles, was nicht direkt zum Kerngeschäft gehört, dessen Realisierung aber maßgeblich unterstützt.
Salopp ausgedrückt, gehört dazu an erster Stelle "ein Dach über dem Kopf", aber auch alles andere,
was sich unter diesem Dach beziehungsweise auf dem dazu gehörigen Gelände befindet und zur Ausübung
der Geschäfte nötig ist: von den Gebäuden und deren Räumlichkeiten darin über die
Versorgungsanschlüsse und -Dienstleister, die Einrichtung und Gebrauchsmaterialien bis hin zu der
Haus- und Sicherheitstechnik sowie der IT. Damit sehen die Insider der Szene ihre Aufgabe gerne als
gleichwertige Managementdisziplin neben beispielsweise dem Qualitäts-, Umwelt-, Arbeitsschutz-,
Finanz- oder Produktionsmanagement.
Der Weg zur allgemeinen Akzeptanz gestaltet sich jedoch schwierig. Das Hauptproblem ist gerade
die Breite der Aufgaben – genaue Abgrenzungen zu den anderen Managementdisziplinen fehlen. Bereits
ein oberflächlicher Blick in die einschlägige Literatur offenbart zig Definitionen für das FM, die
sich mehr oder weniger stark unterscheiden. Durchgehend akzeptiert scheint die Aufteilung des
Aufgabengebiets in ein "strategisches" sowie ein "operatives" FM. Letzteres entspricht weitgehend
dem, was vor der FM-Ära als Gebäudemanagement etabliert war. Das strategische Facility-Management
hingegen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gebäude, Liegenschaften und betriebliche Abläufe
ganzheitlich zu betrachten. Ziel der koordinierten Abwicklung von Prozessen ist dabei, die
Betriebs- und Bewirtschaftungskosten dauerhaft zu senken, Fixkosten zu flexibilisieren, die
technische Verfügbarkeit der Anlagen zu sichern und den Wert von Gebäuden und Anlagen langfristig
zu erhalten. Ein analoger Ansatz lässt sich derzeit auch sehr deutlich in der IT beobachten:
Branchengrößen wie beispielsweise Cisco und CA propagieren immer lauter, die IT mit all ihren
Komponenten als Ganzes zu betrachten und wesentlich konsequenter als bisher auf die Kernprozesse
des Unternehmens auszurichten.
Einschlägige Industrieverbände, allen voran die GEFMA und deren internationale
Mutterorganisation IFMA (German beziehungsweise International Facility Management Association) sind
bestrebt, den FM-Markt transparenter zu machen. Gut 400 Mitglieder sind derzeit in der GEFMA
organisiert, um sich gemeinsam für Bekanntheit und dynamische Weiterentwicklung des FMs
einzusetzen. Zu den Früchten der Verbandsaktivitäten zählen unter anderem zwei Handbücher – eines
zum FM allgemein und eines zum computergestützten FM, dem CAFM.
Eines der wichtigsten Ergebnisse auf dem Sektor Standardisierung ist die vor zwei Jahren
veröffentlichte GEFMA-Richtlinie 100, die in diesem Jahr deutlich erweitert wurde. Die Richtlinie
will vor allem sicherstellen, dass die fast explosionsartige technische Weiterentwicklung in vielen
Teilbereichen des FMs zeitnah mit dem Verständnis von FM harmonisiert werden. So sind
veröffentlichte FM-Definitionen unter Einbeziehung neuer Aspekte, Erfahrungen und Erkenntnissen aus
der Praxis laufend einer dynamischen Aktualisierung unterworfen. Die Richtlinie ist eng an die DIN
EN ISO 9000 (2000) angelehnt, beispielsweise in der Formulierung von Grundsätzen oder bei den
begrifflichen Definitionen. Neben der großen, allgemeinen FM-Richtlinie 100 hat die GEFMA bereits
zahlreiche weitere Richtlinien erarbeitet. Speziell für CAFM existiert bereits eine – ebenfalls
ständig ergänzte – Serie von Standards (Serie 400).
Das computergestützte Facility-Management lässt sich grundsätzlich in beiden FM-Segmenten
sinnvoll anwenden, wird aber derzeit schwerpunktmäßig dem operativen Gebäudemanagement, speziell
der technischen Gebäudeautomation zugerechnet. Dies betrifft also die Gesamtheit aller
Überwachungs-, Steuer-, Regel- und Optimierungseinrichtungen in Gebäuden. Hier ist das Ziel,
Funktionsabläufe übergreifend und automatisch nach vorgegebenen Parametern durchzuführen oder die
Bedienung beziehungsweise Überwachung dieser Abläufe zu vereinfachen. Alle Sensoren, Steuergeräte
(Aktoren), Bedienelemente, Verbraucher und andere technische Einheiten im Gebäude werden
miteinander vernetzt. Ein wichtiger Vorteil dieser Vernetzung ist die Zusammenfassung bestimmter
Ereignisse zu Szenarien. Einfachstes Beispiel ist etwa das Szenario "Dienstschluss". Ist es
angestoßen, fährt beispielsweise die Heizung herunter, die Nachtbeleuchtung wird aktiviert und die
Jalousien fahren herauf. Die Steuergeräte sind beim CAFM meist dezentral, jeweils am Ort des
Geschehens, platziert und über ein Bussystem mit einer Managementkonsole vernetzt.
Mit den über das Sensornetz an eine Steuereinheit beziehungsweise einen Rechner gemeldeten Daten
gelingt über entsprechende Software ein weit gehend automatisiertes Überwachen/Messen, Steuern und
Regeln vieler Prozesse – ein erheblicher Gewinn für die Facility-Ökonomie. Allerdings entstand mit
den zunächst unkoordiniert entwickelten Sensornetzen auch ein Wildwuchs von sehr spezialisierten
Bussystemen. Weltweit existieren weit über hundert verschiedene solcher Feldbussysteme, darunter
EIB, LON, CAN, KNX und DALI, um nur einige der in Deutschland bekannteren zu nennen (siehe Kasten).
Die Konsolidierung in ein einheitliches Allround-Bussystem ist auch heute noch nicht in Sichtweite,
jedoch hat sich seit einigen Jahren die Nutzung übergeordneter Bussysteme bewährt, die
unterschiedliche Feldbusse über Kommunikationsklemmen mit einem Gebäudebus koppeln. So lassen sich
die besonderen Anforderungen im Feld weiterhin lokal begrenzt bedienen, die Kommunikation mit einem
zentralen Managementsystem läuft jedoch über einen Gebäudebus. Auch auf dieser Ebene existieren
unterschiedliche Standards. Zu den am häufigsten als Gebäudebus eingesetzten Systemen zählen etwa
Profibus und Interbus. Hier zeichnet sich allerdings sehr wohl eine Konsolidierung ab: Immer
häufiger heißt der Gebäudebus Ethernet.
Der Trend zu Ethernet als Gebäudebus ist eng verknüpft mit dem Siegeszug von Ethernet auf fast
allen Gebieten der IT-Vernetzung. Besonders nach bestandener Feuerprobe in rauer Industrieumgebung
("Industrial Ethernet") schwanden die Vorbehalte gegenüber Ethernet auch in der Nutzung als
Gebäudebus. Größter Gewinn ist eine einheitliche Netzinfrastruktur für Büro-, Industrie- und
Facility-Management-Anwendungen.
Ein noch vergleichsweise junger Trend ist die Nutzung von Drahtlostechniken im
Facility-Management-Einsatz. Dabei übernehmen je nach Bedarf Nahbereichsfunktechnologien (ein bis
etwa zehn Meter) wie Z-Wave, Zigbee und RFID die Rolle von Feldbussystemen, spezielle
Mittelstrecken-Funksysteme (bis etwa 1,2 Kilometer) übernehmen die Aufgaben des Gebäude- und
Geländebusses. WLAN spielt in diesem Szenario bislang noch eine eher untergeordnete Rolle, ebenso
wie Bluetooth im Nahbereich.
Während der letzten Industriemesse in Hannover fand beispielsweise ein besonders für die
Anwendung als Gebäude-/Geländebus konzipiertes Sensornetz von Scatterweb Software hohe Beachtung.
Bei diesem Sensornetz handelt es sich um ein Funknetz mit einer Vielzahl von Modulen, die über ein
Industriegelände oder eine andere Fläche verteilt aufgestellt werden und der Erfassung von
Messdaten dienen. Damit lassen sich Gebäude, Maschinen und ganze Produktionsanlagen überwachen. Das
Scatterweb-System benötigt nach Aufstellung der Module oder Erweiterungen keinerlei Konfiguration –
im Fehlerfall sucht es selbstständig nach Alternativwegen. Dies behauptet jedenfalls der Anbieter.
So könne das System bis zu drei Jahre komplett wartungsfrei laufen.
Im Gegensatz zu Wireless LAN, das auf den Frequenzen in den Bereichen 2,4 beziehungsweise 5 GHz
arbeitet, nutzt Scatterweb das 868-MHz-Band (IEEE 802.15.4b PSSS/PHY). Damit erlaubt es zwar nicht
so hohe Datenraten wie WLAN – typisch sind hier 4,8 bis 115 kBit/s – dies aber sehr stabil, eben
bis zu 1200 Meter weit und mit einem Bruchteil des Energiebedarfs für WLAN. Im Batteriebetrieb
halten die Funkmodule zwei bis drei Jahre durch, wodurch sich die Sensoren auch unabhängig von
einer Steckdose platzieren lassen.
Auch zahlreiche andere Hersteller wie beispielsweise Funkwerk Enterprise Communications nutzen
bei ihren Gebäudemanagementsystemen das 868- MHz-Band. Dieses deutsche Unternehmen realisiert damit
unter anderem mobile Subsysteme wie Brandmelder, Zaundetektion, Zugangssysteme und vieles
weitere.
Das Thema Facility-Management rückt inzwischen auch bei mittleren und kleineren Unternehmen
immer stärker ins Bewusstsein. Mit dem Einsatz von Ethernet auf diesem Sektor übernimmt die früher
oft stiefmütterlich behandelte Managementdisziplin einen vertrauten "Stallgeruch", der gesteigertes
Interesse weckt. Seit kurzem hat sich Facility-Management als eigene Wissenschaft etabliert und
wird als Studiengang an verschiedenen Hochschulen angeboten. Die Fachhochschulen München und
Nürnberg etwa starten im Oktober dieses Jahres bereits zum vierten Mal den Master-Studiengang
Facility-Manager. Dieser ist als Weiterbildungsmaßnahme für Ingenieure und Betriebswirte
konzipiert, die mit Aufgaben rund um die Immobilie betraut sind.
So gar nicht ins Bild einer dynamisch wachsenden FM-Szene passt die schwache Resonanz, die die
diesjährige Kongressmesse "Facility Management" in Frankfurt hervorgerufen hat. Die GEFMA als
ideeller Träger denkt sogar an einen Ausstieg, was einem Todesstoß für diese Veranstaltung
gleichkäme. Die Wege des Facility-Managements scheinen unergründlich.