Access Gateways in unterschiedlichen Szenarien

Festnetz, VoIP und GSM flexibel verbinden

30. September 2010, 6:00 Uhr | Thomas Haydn, Leiter Product Marketing bei Teles

Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Access Gateways, die alle erdenklichen VoIP-, Festnetz- und Mobilfunk-Schnittstellen kombinieren: VoIP auf der Basis von SIP und H.323, ISDN-BRI/S0- und -PRI/S2M-Anschlüsse, analoge FXS/FXO-Ports sowie Mobilfunk per GSM, UMTS und CDMA. So vielfältig wie die Kombinationsmöglichkeiten der Schnittstellen sind auch die Features solcher Geräte. Doch welche technischen Eigenschaften eines Access Gateways sind für welche Einsatzszenarien entscheidend?

Viele Unternehmen setzen Voice over IP (VoIP) zunächst ein, ohne dabei ihre gesamte
ISDN-Infrastruktur abzulösen. Sie nutzen weiterhin ihre ISDN-TK-Anlage, die zugehörigen Endgeräte
und die gewohnten ISDN-Features. Nur nach außen verwenden sie VoIP. Besonders beliebt ist VoIP, um
verschiedene Standorte zu vernetzen. Unternehmensinterne Verbindungen sind dann gebührenfrei.

Vor allem in Konzernen mit internationalen Standorten entstehen jährlich Verbindungskosten im
sechsstelligen Bereich und höher. Hinzu kommen beachtliche Roaming-Kosten beim Mobilfunk. Durch
Access Gateways mit VoIP- und GSM-Schnittstellen an den wichtigsten internationalen Standorten des
Unternehmens lassen sich diese Kosten in den Griff bekommen.

Telefoniert ein Mitarbeiter mit seinem Handy im Ausland, sind die Kosten für "Outgoing Roaming"
beträchtlich. Erhält er dagegen einen Anruf, fallen nur relativ geringe Kosten für "Incoming
Roaming" an. Kommt jedoch ein Access Gateway zum Einsatz, dann ruft der Mitarbeiter von seinem
Handy aus zunächst das Gateway im selben Land an. Dieses verfügt über eine Call-Back-Funktion und
ist so konfiguriert, dass beim Anruf kein gebührenpflichtiger Connect zu Stande kommt: Das Gateway
bricht den Verbindungsaufbau ab und ruft den Mitarbeiter umgehend zurück. Dieser kann dann durch
Nachwahl eine beliebige weiterführende Verbindung aufbauen. Statt hoher Kosten für Outgoing Roaming
entstehen damit lediglich geringe Kosten für Incoming Roaming.

Standortvernetzung: Security und QoS

Weitere wichtige technische Aspekte bei der Standortvernetzung sind Sicherheit und Quality of
Service (QoS). Einer der wichtigsten Punkte für die Sicherheit stellt Verschlüsselung dar. Dazu
bieten Access Gateways Lösungen auf der Basis von TLS (Transport Layer Security) und SRTP (Secure
Real-Time Transport Protocol). Speziell SRTP ermöglicht nach Austausch eines Schlüssels hohe
Sicherheit bei Ende-zu-Ende-Verbindungen. SRTP ist damit die Lösung der Wahl, wenn es um
Standortvernetzung geht.

Basis für eine hohe QoS ist zunächst ein stabiler Breitbandzugang über einem Provider mit hohen
Qualitätsansprüchen. Darüber hinaus sollte das Access Gateway "Traffic Shaping" unterstützen, um
Datenpakete unterschiedlich zu priorisieren. Ein professionelles Access Gateway verfügt über ein
Bandbreiten-Management, um die Datenpakete nach dem Type of Service (ToS) zu priorisieren.
Sprachpakete erhalten dabei Vorfahrt.

Zusätzlich steigt die Service-Verfügbarkeit, wenn das Gateway bei Ausfall oder starker
Beeinträchtigung der VoIP-Verbindung die Rufe automatisch nach ISDN umleitet. Falls VoIP und TDM
(Time Divison Multiplexing) komplett ausfallen – zum Beispiel bei Schäden durch Bauarbeiten –
lassen sich die Gespräche mit geeigneten Access Gateways wie beispielsweise den Teles-Modellen
Ecotel oder Voipbox GSM ebenso per GSM umleiten.

Flexible Routings

Eine weitere Anwendung von Access Gateways stellt Least Cost Routing (LCR) dar. Viele
Unternehmen wollen von günstigen Minutenpreisen je Anruf profitieren. Abhängig von den einzelnen
Verbindungen telefonieren sie wahlweise per ISDN, VoIP oder GSM. Das Access Gateway ist vor die
TK-Anlage geschaltet und wählt automatisch die günstigste Verbindung aus.

Im LCR-Szenario benötigen die Unternehmen ein Access Gateway mit Schnittstellen in alle Netze –
Festnetz, VoIP und GSM – und einer leistungsfähigen Routing-Funktion. Das Gateway muss derart
programmierbar sein, dass es bestimmten Nummerngruppen unterschiedliche Routings zuweisen kann, zum
Beispiel abhängig von Wochentagen oder Tageszeit.

Eine Verbindung ins Mobilfunknetz mag über den VoIP- oder ISDN-Anschluss des Gateways um die
zehn Cent kosten. Routet das Gateway über seinen GSM-Port und die zugehörige SIM-Karte direkt in
das GSM-Netz, kann sich die Gebühr zum Beispiel auf fünf Cent halbieren oder gar auf null sinken.
Alle anderen Verbindungen routet das Gateway über ISDN oder VoIP. Allerdings bietet die SIM-Karte
vielleicht am Wochenende eine Flatrate in alle Netze. In diesem Fall sollte das Gateway ebenso in
der Lage sein, die Gespräche tagesabhängig umzuleiten.

Noch trickreicher wird das Routing, wenn Minutenkontingente ins Spiel kommen: Sind die ersten
tausend Minuten je Monat über einen bestimmten Anschluss gebührenfrei? In diesem Fall sollte das
Access Gateway in der Lage sein, das Kontingent zu überwachen und nach Aufbrauchen der günstigen
Minuten automatisch auf einen anderen Weg oder eine neue Tausend-Minuten-Karte umzuschalten.

Routing-Syntax

Professionelle Access Gateways bieten für derlei Szenarien ausgefeilte
Konfigurationsmöglichkeiten für komplexe Routings. Die Ecotel-Gateways beispielsweise nutzen eine
eigene Routing-Syntax, die in Abhängigkeit von Wochentagen, Tageszeiten, Minutenkontingenten und
einer ganzen Reihe weiterer Faktoren beliebige Verbindungen zwischen den Festnetz-, VoIP- und
Mobilfunkschnittstellen des Geräts ermöglicht.

Die Syntax definiert immer den Ursprung und das Ziel des Routings sowie die zugehörigen
Bedingungen. Ein typischer relativ einfacher Eintrag kann zum Beispiel lauten: "(oI2d017*#) n G:d".
Alle Rufe mit Ursprung (Origin) von Line 2, was in diesem Fall der BRI-Port mit Verbindung zur
TK-Anlage ist, und mit einem Ziel (Destination) mit den Anfangsziffern 017 werden über die
GSM-Schnittstelle geleitet. Ein ergänzender Eintrag "(oI2d*#) n V1:d? würde bedeuten, dass alle
übrigen Rufe von Line 2 an die VoIP-Line 1 gehen.

Solche Routings lassen sich eventuell alternativ auch mit einem komfortablen Routing-Assistenten
erstellen, der gegebenenfalls im Konfigurationsmenü des Gateways zur Verfügung steht. Mit einigen
Mausklicks lässt sich dann der Routing-Eintrag ohne tiefe Kenntnis der Routing-Syntax
erstellen.

Besonderheiten bei GSM: Schwächen und Workarounds

Speziell beim Routing in die GSM-Netze sind einige technische Besonderheiten zu beachten. Das
GSM-Netz unterstützt bei Anrufen über ein Access Gateway das ISDN-Feature Calling Line
Identification Presentation (CLIP) nicht. Das heißt, die Nummer der Nebenstelle des anrufenden
ISDN-Teilnehmers aus der TK-Anlagen-Umgebung lässt sich über die GSM-Schnittstelle der Access
Gateways nicht an den Teilnehmer im Mobilfunknetz übertragen. Der Angerufene sieht auf dem Display
seines Handys lediglich die Nummer der SIM-Karte im Gateway. Will er bei einem verpassten Anruf
zurückrufen, erreicht er lediglich das Gateway.

Um diese Schwäche zu umgehen, bieten professionelle Access Gateways einige technische
Workarounds. Die einfachste Lösung ist der Versand einer SMS mit der ISDN-Nebenstellennummer des
Anrufers an den nicht erreichten Teilnehmer. Allerdings verursachen solche SMS-Nachrichten wiederum
Kosten, die den Einsparungseffekt des LCR schmälern. Die bessere Alternative ist "Adaptive
Rerouting".

Das heißt, das Access Gateway "merkt" sich alle erfolglosen Verbindungsversuche in die
GSM-Netze. Sobald ein Anruf von einer der erfolglos angerufenen GSM-Nummern eingeht, stellt das
Gateway automatisch eine Verbindung zu der Nebenstelle her, die zuletzt erfolglos versucht hat,
diese GSM-Nummer anzurufen. In der Praxis kommt dabei fast immer die passende Verbindung
zustande.

ISDN-Merkmale bei VoIP-Telefonie bewahren

Beim Routing von der bestehenden ISDN-TK-Anlage in das VoIP-Netz gibt es ebenfalls einige
Besonderheiten. Insbesondere erwartet der Teilnehmer im Unternehmen die von ISDN gewohnten
Komfortmerkmale auch nach der Umstellung auf einen VoIP-Anschluss. Gerade bei der Umstellung auf
VoIP drohen jedoch einige ISDN-Merkmale verlorenzu-gehen.

Die Herausforderung beginnt bereits beim Wählen: Bei ISDN wählt der Anwender eine Nummer, und
sofort nach Eingabe der letzten Ziffer hört er ein Freizeichen. Bei einem VoIP-Anschluss können
hierbei einige Sekunden vergehen. Professionelle Access Gateways wie beispielsweise Teles Voipbox
bieten deshalb ein "Overlap Dialing" Feature. Dabei überträgt das Access Gateway die gewählten
Ziffern sofort an den Softswitch des VoIP-Anbieters. Dieser signalisiert die Nummer umgehend weiter
und sobald er festgestellt hat, dass sie vermittelbar ist, teilt er dies dem Access Gateway mit.
Dieses wiederum initiiert das Freizeichen ohne Zeitverlust.

Kosten im Blick

Ähnlich verhält es sich mit dem ISDN-Feature "Advice of Charge (AOC)". Unternehmen schätzen AOC,
da sie einen schnellen und einfachen Überblick zu den Gebühren für einzelne Anrufe oder zu
Abrechnungen auf Kostenstellenbasis benötigen. Unterstützt das Access Gateway AOC, kann es
Gebühreninformationen aus dem VoIP-Netz in ein Format umzusetzen, das für die bestehende
ISDN-Anlage verarbeitbar ist.

Ein drittes wichtiges ISDN-Merkmal ist "Call Deflection" oder "Partial Rerouting". Damit kann
der Teilnehmer Anrufe, die auf seinen besetzten Anschluss eingehen, bereits auf dem Softswitch des
VoIP-Carriers an eine beliebige Rufnummer umleiten. Entscheidend hierfür ist, dass das Access
Gateway reibungslos mit der Infrastruktur des VoIP-Anbieters kommuniziert.

Zusammenfassung

Die Anwendungsszenarien von Access Gateways sind vielfältig, und mit jedem Szenario gehen
bestimmte technische Anforderungen einher. QoS und Sicherheit stellen stets kritische Punkte dar.
Bei der internationalen Standortvernetzung gewinnen zudem Call-Back-Funktionen und
GSM-Schnittstellen an Bedeutung. Nutzt das Unternehmen Access Gateways für Least Cost Routing, sind
flexible und leistungsfähige Routing-Einstellungen entscheidend. Speziell bei LCR in die GSM-Netze
kommt es auf technische Workarounds an, um das fehlende CLIP-Feature auszugleichen. Beim Routing in
die VoIP-Netze darf das LCR nicht zu Lasten des Komforts gehen. Deshalb gehört die Unterstützung
für ISDN-Merkmale wie Overlap Dialing, AOC und Partial Rerouting zum Standard eines professionellen
Access Gateways.

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