Auf der VMworld 2012, die Ende August in San Francisco laut Veranstalter 20.000 Zuschauern versammelte, übergab CEO Paul Maritz nach vier Jahren den Führungsstab an Pat Gelsinger. Dieser präsentierte im Wechsel mit CTO Steve Herrod die neue Vcloud Suite und das Ziel eines "Software-Defined Data Centers".
"Software-Defined Data Center" (SDDC) bedeutet: Nachdem VMware die Virtualisierung und automatisierte Provisionierung von Rechenleistung inzwischen im Griff hat, soll nun die ebenfalls automatisierte Bereitstellung der restlichen RZ-Bestandteile folgen, insbesondere Netzwerk, Security und Storage. Hierzu bündelt der Konzern das inzwischen sehr breite Portfolio an selbst entwickelten und akquirierten IT-Management-Tools zur "Vcloud Suite". Diese Suite - der Nachfolger der Cloud Infrastructure Suite wurde laut Gelsinger "speziell für die Cloud-Ära entwickelt" - soll alles vom standardisierten Service-Katalog bis hin zu Tools für die orchestrierte Bereitstellung virtualisierter Ressourcen einschließlich Kopplung an externe Cloud-Ressourcen umfassen. VMware wolle die Provisionierung und den Betrieb virtualisierter RZs "ebenso leicht wie den einer VM" gestalten, so CTO Steve Herrod. Ziel ist also letztlich der automatisierte Rollout eines Cloud-Rechenzentrums "out of the Box" - auch wenn es bis dahin noch ein Weilchen dauern wird.
Das SDDC muss laut VMware-Angaben elastisch, also flexibel erweiterbar sein, um sofort auf Ressourcenanforderungen reagieren zu können. Diese Dynamik erzielt VMware nicht durch Scripting, sondern durch Richtlinien: Policy-basiert sollen zum Beispiel bei Computing-Engpässen je nach Applikation und SLA neue VMs zugeschaltet und mit Netzwerk- und Storage-Ressourcen zusammen ausgerollt werden. Steuerungsinstanz der Vcloud Suite ist die Lösung Vcloud Director (Bild).
Server-seitig ist ein hohes Maß an Automation und Dynamik bei VMware längst Stand der Technik, netzwerkseitig soll die VXLAN-Technik nun dafür sorgen, dass VMs sich über Netzwerkgrenzen hinweg verschieben lassen, ohne die IP-Adresse deshalb wechseln zu müssen - bislang ein verbreitetes Problem bei der Migration von VMs zwischen Rechenzentren. Beim Software-Defined Storage wiederum sollen ebenfalls Policies entscheiden, welche Speichertechnik zum Einsatz kommt.
Der Vcloud-Suite-Bestandteil Vfabric App Director dient dabei der Definition von Applikations-Blueprints mit allen Bauteilen der Anwendungsarchitektur. Die Bauteile sollen sich per Drag and Drop zusammentragen und per Mausklick ausbringen lassen. Vfabric App Director soll es damit auch ermöglichen, Multi-Tier-Applikationen im SDDC automatisiert aufzusetzen und nach Bedarf zu skalieren.
Die Vcloud Suite soll ab September in den Ausprägungen Standard, Advanced und Enterprise erhältlich sein. Die Standardversion umfasst die Komponenten Vsphere Enterprise Plus, Vcloud und Vcloud Connector sowie Vcloud Network and Security Standard. Die Versionen Advanced und Enterprise umfassen zudem Vcloud Network and Security Advanced mit Hochverfügbarkeitsfunktionen für Netzwerk und Firewall. Enthalten ist zudem die Lösung Vcenter Ops für den Cloud-Betrieb einschließlich Performance-Monitoring und Alerting, die Kapazitätsplanung und das Reporting. Vcenter Ops soll vor allem die Kapazitätsberechnung (Sizing) und die Auslastung der physischen Hosts verbessern helfen.
Der Vcloud Suite Enterprise vorbehalten sind die Komponenten Vcenter Site Recovery Manager Enterprise (für RZ-Backup und -Recovery), Vcenter Chargeback Manager (für die Leistungsverrechnung), Vcenter Infrastructure Navigator (für Application Discovery und das Application Dependency Mapping sowie der erwähnte Vfabric Application Director.
Den zweiten großen Applaus des Tages (nach jenem für den scheidenden Paul Maritz) gab es übrigens für Gelsingers Ankündigung, man werde künftig die als "V-Tax" verspottete Lizenzierung pro Virtual RAM (VRAM) abschaffen und zur CPU-bezogenen Lizenz zurückkehren. Das Client-seitige Vcloud-Suite-Pendant bildet die als Alpha-Version gezeigte Horizon Suite. Mit ihr wird sich die LANline in Ausgabe 11 näher befassen.
Der Autor auf LANline.de: wgreiner