Neue Server und Appliances von Dell

Frühjahrskollektion für die Enterprise-IT

9. April 2012, 6:00 Uhr | Eric Tierling/wg

Am 27. Februar hat Dell in London vielfältige Neuerungen in den Bereichen Server, Storage und Appliances vorgestellt. Damit verfolgt der texanische Anbieter das Ziel, noch stärker in die Rechenzentren vorzudringen - und damit das Image des "Kistenschiebers" hinter sich zu lassen.

 

„Wir sind keine PC-Company mehr“, verkündete Brad Anderson, Dells President Enterprise Solutions. Es gehe nicht länger um glänzende Boxen, heutzutage drehe sich alles um Lösungen. „Und wir sind eine Lösungs-Company“, erklärte er voller Selbstbewusstsein die Marschrichtung der Texaner, die weg wollen von der reinen Kistenschieberei. Wer sollte es dem Hersteller verübeln, denn wie der große Konkurrent HP sind auch bei Dell die Margen im Consumer-Business drastisch zusammengeschmolzen.
 
Die nackten Zahlen sprechen für sich: Im vierten Quartal des gerade abgelaufenen Geschäftsjahrs 2012 erzielten die Mannen um Firmengründer Michael Dell mit Endverbrauchern zwar einen Umsatz von knapp 3,2 Milliarden Dollar. Als Gewinn blieben davon jedoch gerade einmal 39 Millionen Dollar übrig, was spärlichen 1,2 Prozent der Einnahmen entspricht. Das große Dilemma dabei ist, dass die Bereiche Mobilität und Desktop-PCs im letzten Dell-Geschäftsjahr noch immer für mehr als die Hälfte des Umsatzes verantwortlich zeichneten. Vom hehren Plan, wirklich etwas anderes als eine PC-Company zu sein, sind die Texaner also noch weit entfernt.
 
Zwölfte Server-Generation
 
Große Hoffnungen, diesem Ziel entscheidend näherzukommen, setzt Dell in seine neue Rechenzentrumskollektion, die in London einem ausgewählten Publikum präsentiert wurde. Im Mittelpunkt steht die zwölfte Generation der Poweredge-Server, zu der zunächst sieben unterschiedliche Modelle in Blade-, Rack- und Tower-Bauform gehören. Diese sind auf Einsatzgebiete wie Virtualisierung inklusive Cloud-Hosting und VDI (Virtual Desktop Infrastructure), aber auch auf Datenbanken und Big-Data-Konstellationen zugeschnitten. Dementsprechend sind Modelle wie der Poweredge R720xd mit 24 DIMM-Steckplätzen versehen, was einen Arbeitsspeicherausbau auf bis zu 768 GByte RAM gestattet.
 
Eine Reihe technischer Details der neuen Poweredge-Systeme ist auf die verbauten Server-Prozessoren der Xeon-E5-CPU-Familie mit Sandy-Bridge-EP-Architektur von Intel zurückzuführen. Beispielweise sind alle Server mit Ausnahme der Blade-Ausführung Poweredge M620 von vornherein als Zweisockelsystem ausgeführt. Kombiniert mit den höherwertigen Xeon-E5-2600er-Prozessoren lassen sich auf diese Weise bis zu 16 Prozessorkerne in einem System unterbringen.
 
Zusammen mit den passenden Mainboard-Chipsätzen der C600er-Reihe eignet sich die Xeon-E5-Plattform im Besonderen für übertragungsintensive Szenarien. Das Merkmal DDIO (Data Direct I/O) etwa gestattet es Ethernet-Adaptern, Netzwerkverkehr direkt zum Prozessor-Cache zu leiten und so den Umweg über den Arbeitsspeicher zu vermeiden, was die Latenz verkürzt. Zudem ist bei den Xeon-E5-Prozessoren der für die PCI-3.0-Unterstützung zuständige I/O-Controller bereits integriert, was die Rahmenbedingungen für performante Hochgeschwindigkeitsübertragungen schafft.
 
Abgesehen davon weist die aktuelle Poweredge-Generation eine Reihe weiterer interessanter Merkmale auf. Beispielsweise versuchen die Texaner, sich von Konkurrenten wie HP durch den Einsatz besonders effizienter Netzteile abzusetzen: Als erster Hersteller überhaupt hat Dell es im Februar 2012 geschafft, die bislang strengste 80-Plus-Titanium-Zertifizierung zu erhalten. Bei 50 Prozent Last erreicht das in Zusammenarbeit mit Delta Electronics entwickelte 750-Watt-Netzteil, das in den neuen Poweredge-Servern zum Einsatz kommt, einen Wirkungsgrad von über 96 Prozent. Daraus ergebe sich eine so geringe Abwärme, dass eine Freiluftkühlung der Server möglich sei, so Dell. Dazu trage auch bei, dass die neuen Systeme selbst bei höheren Temperaturen fehlerfrei arbeiten können, ohne dass Hardwarekomponenten den Hitzetod sterben. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der geringere Kühlungsbedarf reduziert die Kosten für den Rechenzentrumsbetrieb.
 
Zur Ausgabensenkung trägt des Weiteren der Embedded Management Controller Idrac 7 (Integrated Dell Remote Access Controller) bei. Dieser überwacht mehr als 400 Sensorwerte und macht vor Bereichen wie Netzwerk, Storage und Add-in-Karten nicht Halt. Dies alles geschieht ohne Agenten und losgelöst vom Betriebssystem. Somit stellt es laut Dell kein Problem dar, das BIOS eines mit VMware Vsphere operierenden Poweredge-Systems mittels Microsoft System Center Configuration Manager zu aktualisieren. Digital signierte Firmware helfe dabei, Manipulationen auszuschließen.
 
Schnellerer Storage
 
Zur Steigerung der Gesamt-Performance hat Dell Verfahren entwickelt, um Speicherzugriffe zu beschleunigen. Eine so genannte „Express Flash“-Erweiterung, die mit schnellen SSDs (Solid State Drives) versehen ist, bringt SQL-Server-Transaktionen auf Trab. Die direkte CPU-Anbindung über den PCIe-Bus bewirkt, dass solche Operationen laut Dell-Angaben um mehr als das Zehnfache flotter vonstatten gehen. Gerade für Data-Warehouse- und Big-Data-Szenarien kann sich dieser Geschwindigkeitszuwachs als wertvolles Plus erweisen. Wie die Server-Netzteile und Lüfter sind übrigens auch die Express-Flash-Karten Hot-Swap-fähig, lassen sich also im laufenden Betrieb austauschen. Der ebenfalls mit SSDs arbeitende „Cachecade Data Accelerator“ wiederum soll Datenbankabfragen Beine machen. Diese Technik verbessert die Antwortzeiten in Microsoft-SQL-Umgebungen um bis zu 55 Prozent sowie in Oracle-Umgebungen um bis zu 86 Prozent.
 
Zudem frischt Dell seine Equallogic-Linie mit zwei renovierten iSCSI-Storage-Systemen auf. Während das Einsteigergerät PS4110 eine Speicherkapazität von bis zu 36 TByte pro Array zur Verfügung stellt, schafft das größere Modell PS6110 bis zu 72 TByte. Die neuen Storage-Systeme kommunizieren serienmäßig mit 10 Gigabit Ethernet (10GbE) und passen somit gut ins moderne Rechenzentrum.
 
10GbE zwischen den Servern
 
Das dahinter stehende Netzwerk-Know-how geht auf den Switching-Spezialisten Force10 zurück, den Dell im Sommer vergangenen Jahres übernommen hat. Generell setzt Dell durchweg auf 10GbE: Die neuen Server beherrschen auf Wunsch ebenfalls die schnelle Übertragungstechnik (je nach Modell kommen dafür auch Broadcom- oder Intel-Netzwerkchips zum Einsatz). Das noch schnellere 40GbE, für das Dell gleichermaßen Komponenten anbietet, spiele bei der Server-Anbindung aber noch keine nennenswerte Rolle, versicherte Dario Zamarian, Vice President und General Manager Networking. Seine Empfehlung lautet vielmehr, Server innerhalb des Rechenzentrums mit 10GbE zu verbinden und 40GbE im Backbone zu nutzen.
 
Appliances
 
Auch im Bereich der Appliances will Dell künftig kräftig mitmischen. Aus diesem Grund wird die vorkonfigurierte Private-Cloud-Lösung Vstart mit den aktuellen Poweredge-Servern auf den neuesten Stand gebracht. Dabei handelt es sich um einsatzbereite, fertig konfigurierte Komplettpakete zum Betrieb von Private Clouds mit jeweils bis zu 50, 100 oder 200 virtuellen Servern. Allerdings passt Vstart, anders als ein typisches All-in-one-Gerät, nicht in ein kompaktes Appliance-Gehäuseformat. Die erforderliche physische Hardware – Server-Systeme, iSCSI-Storage, Netzwerk-Switches, Stromversorgung, Verkabelung etc. – packt Dell in ein Rack mit 24HE- oder 48HE-Höhe. Die gewünschte Virtualisierungsplattform Windows Server 2008 R2 Datacenter mit Hyper-V oder VMware Vsphere ist ebenso wie die Management-Software System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) respektive Vcenter vorinstalliert, was eine zügige Inbetriebnahme erlaubt.
 
Ergänzt wird Dells Appliance-Offerte durch eine Data-Warehouse-Lösung für den Mittelstand. Neben Hardware aus dem Dell-Regal nutzt diese Microsofts gerade auf den Markt gekommenen SQL Server 2012 in Kombination mit der hauseigenen Datenintegrationssoftware Boomi.
 
Gänzlich neu im Angebot der Texaner sind zudem VDI-Appliances, in deren Entwicklung insgesamt rund 50.000 Arbeitsstunden eingeflossen sein sollen. Zunächst soll im zweiten Quartel ein Modell für den Enterprise-Einsatz auf den Markt kommen. Angedacht ist jedoch auch eine vereinfachte Variante, die es Unternehmen ermöglicht, eine Virtual Desktop Infrastructure erst einmal zu testen. Da die kleine Ausführung jedoch dieselben Prozesse und Tools wie die Enterprise-Appliance nutzt, kann später ein leichter Umstieg erfolgen.
 
VDI im Rack
 
Ähnlich wie bei der Private-Cloud-Lösung Vstart befinden sich die VDI-Appliances nicht in einem einzigen Gehäuse, sondern werden als Rack geliefert, in dem mehrere Einschübe montiert sind. 
 
Als Technikpartner wurde Citrix auserkoren, sodass der Hypervisor mit Xenserver fest vorgegeben ist und sich nicht austauschen lässt. „Wenn wir eine Appliance bauen, treffen wir eine Entscheidung für Sie“, erläuterte Matt Baker, Executive Director Enterprise Strategy bei Dell, diese Vorgabe. „Unsere Wahl beruht auf der Annahme, dass diese für eine große Zahl an Kunden geeignet ist.“ 
 
Individuelle Pakete sind möglich
 
Auf Nachfrage hin unterstrich er jedoch, dass Dell auf Wunsch auch VDI-Lösungen auf der Grundlage anderer Hypervisor beispielsweise von VMware zur Verfügung stelle – dann aber nicht als fix und fertig vorkonfigurierte Appliance, sondern auf der Basis von Referenzarchitekturen mit individuellen Dienstleistungen zur umgebungsspezifischen Konfiguration.
 
Der Autor auf LANline.de: Eric Tierling

Dell packt betriebsbereite Private-Cloud-Hardware in Racks. Bild: Dell

Brad Anderson, President Enterprise Solutions bei Dell, möchte weg vom PC-Boxen-Verkauf hin zu einem Anbieter durchgängigen RZ-Lösungen. Bild: Dell
LANline.

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