Social Networking ist derzeit in aller Munde, doch Unternehmen müssen sich unbedingt bewusst sein, dass sich diese Anwendungen nicht einfach in das Business-Umfeld übertragen lassen. Deshalb hat Gartner jetzt vor zu schnellen IT-Investitionen in diesem Bereich gewarnt. Denn der Nutzen sei längst noch nicht bewiesen.
"IT-Chefs sollten bei Entscheidungen für die Implementierung von Social Networking äußerste Vorsicht walten und sich nicht von dem Hype beeindrucken lassen", mahnt Brian Prentice, Analyst bei Gartner. Da sich die Technik als kostspielig und wenig nutzbringend erweisen könnte, sollten die IT-Abteilungen ganz genau überlegen, ob es sich für sie lohnt, in teure Social-Networking-Seiten zu investieren. Dafür nennt Prentice in seinem Report ?Three Potential Pitfalls of Corporate Social Networking? drei wichtige Gründe.
Einerseits sollten sich die Unternehmen zunächst Gedanken über den Schutz von geistigem Eigentum bei diesen Anwendungen machen. Die britische Social-Networking-Beraterin Suw Charman sieht dies allerdings nicht als großes Problem. "Das geistige Eigentum spielt hierbei keine Rolle. Denn was die Angestellten auf den Unternehmens-internen Social-Networking-Plattformen produzieren, gehört laut Arbeitsrecht sowieso der Firma. Und das hat gar nichts mit der Software zu tun, die eingesetzt wird", meint sie.
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Darüber hinaus müssten sich die IT-Chefs laut Prentice als Zweites darüber im Klaren sein, dass viele Mitarbeiter die bereits bestehenden nicht am Business orientierten Netzwerke wie Facebook, Bebo und Myspace vorziehen. "Selbst wenn in unternehmenseigene Social Networking-Seiten investiert wird, ist das noch keine Garantie dass die Angestellten sie auch annehmen", glaubt er. Doch auch diese Argumentation hinkt laut Charman. Denn die gängigen Social Networks wie Facebook seien eher privater Natur und würden ganz anders funktionieren. "In einem Unternehmensnetzwerk sollen wohl kaum Fotos von der letzten Feier gepostet und Freundschaften geschlossen werden", stellt sie fest.
Vielmehr ginge es im Unternehmen um Termine und die täglichen Business-Abläufe. Somit könne Facebook nicht einfach eins zu eins in das Unternehmensumfeld übertragen werden, sondern die Netzwerke müssten an die Business-Bedürfnisse angepasst werden. "Business-Netzwerke können die nicht-professionellen Seiten nicht ersetzen, somit ist es eher eine Frage des ?und? anstatt des ?oder?", erläutert Charman.
Als drittes Argument für seine Warnung nennt Prentice, dass die Social Networking-Technik noch nicht ausgereift ist und es bislang noch wenig Nachweise gibt, dass dieser Ansatz vorteilhafter sei als andere webbasierte Kommunikationstechniken wie Instant Messaging und Voice over IP.
Doch laut Charman ist es logisch, dass noch öffentliche Beweise für den Nutzungswert fehlen. Denn die Unternehmen würden sich noch in der Experimentierphase befinden und deshalb natürlich nicht alle Ergebnisse sofort veröffentlichen.
Auch Prentices Feststellung, dass es bei den Social-Networking-Seiten vor allem auf den Inhalt und weniger auf die Seite an sich ankomme, widerspricht Charman. "Nicht der Inhalt, sondern die Verbindungen machen Social Networking aus. Sonst wäre es ja kein Netzwerk, sondern nur ein Haufen Personen die Inhalte generieren", verdeutlicht sie.
Doch auch wenn Charman der Argumentation des Gartner Reports widerspricht, kommt sie letztendlich zu der gleichen Schlussfolgerung: "Unternehmen müssen Social Networking erst genau verstehen, bevor sie es für ihre Zwecke einsetzen können." Hierbei sei es vor allem wichtig, dass der Verwaltungsaufwand so gering wie möglich ist und dass die so genannten ?versteckten?, privaten Beziehungen nicht offenkundig werden. Denn das könnte die Unternehmenshierarchie unterlaufen.
Bald könnte es für Unternehmen aber weitaus einfacher werden, ihre eigenen Netzwerke zu entwickeln. Denn Facebook hat bereits angekündigt, seine Entwicklerplattform auch für andere Organisationen zugänglich zu machen. Und auch die professionelle Networking-Seite Linkedin will zukünftig Anwendungen von Third-Party-Entwicklern zulassen, um die Inhalte der Seite zum Weiterleiten an andere Seiten zu öffnen.
Katharina Guderian/CZ/pk